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Die Zukunftsmärkte des Krieges

Rüstungsexperten empfehlen den Waffenherstellern des Westens eine gezielte Steigerung ihrer Exporte nach Asien und Mittelost. Da in den NATO-Staaten mit einem Wachstum der Militärhaushalte gegenwärtig nicht zu rechnen sei, gehe es für die westliche Rüstungsindustrie in den nächsten Jahren darum, sich größtmögliche Marktanteile auf den "Zukunftsmärkten" der Branche zu sichern - auf der Arabischen Halbinsel, insbesondere jedoch in Ost- und Südostasien, heißt es in einer aktuellen Studie des Fachdienstes "Jane’s". Auch wenn die Rüstungskäufe außerhalb der NATO derzeit deutlich stärker zunähmen als innerhalb des westlichen Kriegsbündnisses, sei dennoch selbst auf lange Sicht nicht mit einem Ende der militärischen Dominanz des Westens zu rechnen. In der deutschen Waffenindustrie hat die Orientierung auf die Rüstungsmärkte in Asien und Mittelost schon längst begonnen. In diesem Zusammenhang hat das Bundeswirtschaftsministerium jetzt eine Hermes-Bürgschaft für die Lieferung von über 100 Patrouillenbooten an Saudi-Arabien in Aussicht gestellt. Um sich in der globalen Konkurrenz durchzusetzen, gehen deutsche Unternehmen dazu über, ganze Anlagen zur Rüstungsproduktion ins Ausland zu verkaufen.

Der Rüstungswettlauf als Chance

Rüstungsexperten empfehlen den Waffenproduzenten des Westens - auch deutschen Unternehmen - eine deutliche Steigerung ihrer Ausfuhren in den Mittleren Osten und nach Asien. In den NATO-Staaten sei in den kommenden Jahren aufgrund der insgesamt krisenhaften Wirtschaftssituation kaum mit einer Steigerung der Militäretats zu rechnen, schreibt der Fachdienst "Jane’s" in einer aktuellen Studie. Die Diktaturen der Arabischen Halbinsel investierten dagegen weiterhin immense Summen in Kriegsgerät; ein starker Anstieg der Waffenkäufe sei zudem in Ost- und Südostasien zu erwarten. Dort mündet die zunehmende Rivalität zwischen dem Westen und der Volksrepublik China inzwischen in einen Rüstungswettlauf. Die "Zukunftsmärkte der Rüstungsindustrie" seien deshalb "rund um den Pazifik zu finden", heißt es China, Russland und Saudi-Arabien rüsten am schnellsten auf. Frankfurter Allgemeine Zeitung 05.02.2014.; westliche Rüstungsfirmen könnten dort künftig "viel Geld verdienen" Chinas Dominanz löst Aufrüstung in Asien aus. www.welt.de 03.02.2014.. Tatsächlich erhöhen zum Beispiel Australien, Südkorea, Indien und Japan ihre Militäretats; allein die Regierung in Tokio hat Ende 2013 Waffenkäufe im Wert von 174 Milliarden Euro beschlossen. Sie beinhalten unter anderem fünf U-Boote und 28 Tarnkappenbomber F-35.Japan rüstet auf. www.spiegel.de 17.12.2013. Auch Russland wird der Studie zufolge sein Militär in den nächsten Jahren mit zahlreichen neuen Waffen ausstatten.

Militärische Dominanz gesichert

Ein Ende der militärischen Dominanz des Westens ist freilich auf lange Sicht nicht zu erwarten. Unangefochten führen weiterhin die USA mit 39 Prozent der globalen Militärausgaben die "Jane’s"-Weltrangliste an; die EU folgt auf Platz zwei. Bei gleichbleibender Tendenz würden die Militäretats der 28 NATO-Staaten erst im Jahr 2021 ein geringeres Volumen ausweisen als diejenigen der übrigen sechs Siebtel aller UN-Mitgliedsländer, bestätigen Experten.Chinas Dominanz löst Aufrüstung in Asien aus. www.welt.de 03.02.2014. Hinzu kommt, dass eine ganze Reihe von Staaten der NATO zwar nicht angehört, aber mit ihr verbündet ist. Dass ein nicht-westlicher Zusammenschluss militärische Überlegenheit erlangen könne, sei auf Jahrzehnte hinaus nicht vorstellbar, heißt es bei "Jane’s". Dies gilt auch für die Rüstungsindustrie. Zu den 100 größten Waffenschmieden weltweit zählen 43 nordamerikanische und 30 westeuropäische Firmen; ihr Anteil am gesamten globalen Waffenhandel der "Top 100"-Rüstungskonzerne lag im Jahr 2012 bei fast 86,7 Prozent.

Verständnis haben

Deutsche Militärlieferanten haben längst begonnen, sich auf die neuen "Zukunftsmärkte" der Branche einzustellen. Schon seit Jahren boomen die deutschen Waffenausfuhren in den Mittleren Osten und nach Asien S. dazu Der Zweck der Rüstungsexporte und Vertrauenswürdige Partner .; 2012 befanden sich unter den zehn größten Käufern deutscher Rüstungsexporte fünf Staaten Asiens und der arabischen Welt - Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Algerien, Südkorea und Singapur. Die neue Bundesregierung führt bereits die Genehmigungspraxis für Rüstungslieferungen an Saudi-Arabien fort, die die SPD in der Opposition noch kritisiert hatte. Laut Berichten wird sie den Verkauf von mehr als 100 Patrouillen- und Grenzüberwachungsbooten der Bremer Lürssen-Werft an die mittelöstliche Diktatur mit einer Hermes-Bürgschaft in Höhe von rund 1,4 Milliarden Euro absichern.Regierung fördert Deal mit Saudi-Arabien. www.spiegel.de 02.02.2014. Der neue Staatssekretär im SPD-geführten Bundeswirtschaftsministerium, Uwe Beckmeyer (SPD), belehrt die Öffentlichkeit, Saudi-Arabien sei "ein souveräner Staat" und habe "Grund, seine Küsten zu schützen". "Dafür muss man Verständnis haben", wird Beckmeyer zitiert.Neuer Wirbel um Lürssen-Auftrag. www.weser-kurier.de 03.02.2014.

Export von Produktionsanlagen

Zur Erschließung von Rüstungsmärkten wenden deutsche Waffenschmieden auch neuartige Geschäftskonzepte an. So hat die Düsseldorfer Rheinmetall AG soeben ein Joint Venture mit der Ferrostaal GmbH (Essen) gestartet; beide Konzerne halten je 50 Prozent an der neuen Rheinmetall International Engeneering GmbH. Diese soll in Zukunft im großen Stil Rüstungs-Produktionsstätten in Drittländern errichten. Diese bevorzugten den "Aufbau von inländischen Infrastrukturen", um die Herstellung von Kriegsgerät im eigenen Land durchführen zu können, heißt es bei Rheinmetall.Joint Venture von Ferrostaal und Rheinmetall: "Rheinmetall International Engineering" geht an den Start. www.rheinmetall.de 23.01.2014. Von der Kooperation mit der bestens vernetzten Ferrostaal GmbH erhoffe man sich die Öffnung von "Märkten", zu denen man "zuvor nur eingeschränkten Zugang" gehabt habe; als "Zielmärkte" würden neben der arabischen Welt "vor allem auch Länder in Asien und Südamerika gesehen". Mit dem Export von Anlagen zur Waffenproduktion hat die Bundesrepublik einschlägige Erfahrungen. So erhielten zum Beispiel das burmesische Militärregime sowie (zu Zeiten des Schah) Iran die Erlaubnis, Maschinengewehre aus dem Hause Heckler und Koch in Lizenz herzustellen - Entscheidungen, die der deutschen Außenpolitik später zuwiderliefen.

Munition für Russland

Gewisse Märkte erschließt die deutsche Rüstungsindustrie ohnehin über Tochterunternehmen im Ausland. Rheinmetall etwa hält die Mehrheit (51 Prozent) an der südafrikanischen Rheinmetall Denel Munition Ltd., die unter anderem Artillerie-Munition, Gefechtsköpfe und Flugzeugbomben produziert. "Während ein Großteil des Geschäfts von Rheinmetall Defence in den NATO-Staaten" realisiert werde, verkaufe "Rheinmetall Denel Munition vor allem - neben Südafrika - in Asien, im Mittleren Osten und in Südamerika", erläutert der deutsche Konzern.Rheinmetall Denel Munition (Pty) Ltd. www.rheinmetall.de. Rheinmetall Denel Munition will im kommenden Jahr eine Offensive vor allem in Südamerika starten. Letztes Jahr habe man bereits eine Präsenz in Russland aufgebaut, teilt ein Firmensprecher mit: Pretorias Mitarbeit im BRICS-Zusammenschluss (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) habe in Russlands Militärbranche "Platz" für Rheinmetall-Munition geschaffen.Exports essential for Rheinmetall Denel Munition. www.defenceweb.co.za 04.02.2014. "Ein Zukunftsmarkt neben dem Mittleren Osten ist Russland", hatte sich Rheinmetall-Chef Klaus Eberhardt schon 2012 zitieren lassen.Rheinmetall will Waffen nach Russland liefern. www.handelsblatt.com 27.10.2012. Von Südafrika aus geht die Eroberung des russischen Rüstungsmarktes offenbar besser voran als von Deutschland aus.

Granatwerfer für das U.S. Marine Corps

Höchste Bedeutung hat freilich weiterhin der mit Abstand größte nationale Rüstungsmarkt weltweit - die Vereinigten Staaten. Während Rheinmetall über sein südafrikanisches Joint Venture Russland beliefert, verkauft die Firma über eine Tochterfirma in den USA beispielsweise Munition an die U.S. Special Operations Forces und das U.S. Marine Corps. Das Marine Corps hat bereits 2012 bei der deutschen Waffenschmiede Heckler und Koch Sturmgewehre des Modells M27 in größerer Stückzahl bestellt. Für Heckler und Koch seien die USA mit einem Umsatz von 31 Millionen Euro der zweitgrößte Markt nach Deutschland (41 Millionen Euro), heißt es in Berichten.Heckler und Koch liefert Tausende Granatwerfer an USA. www.welt.de 02.02.2014. Profitabel seien Geschäfte in dem Land auch, weil es kaum Beschränkungen für private Waffenbesitzer gebe. Heckler und Koch beliefert die US-Streitkräfte seit 2008 auch mit neuen Granatwerfern - und hat soeben eine Bestellung mit einem Volumen von 19,65 Millionen US-Dollar erhalten, die 12.400 Granatwerfer umfasst. Auch in diesem Fall wird das Geschäft über eine einheimische Tochterfirma abgewickelt - die Heckler and Koch Defense LLC in Ashburn/Virginia. Gemeinsam mit ihren Ablegern im Ausland sichert die deutsche Rüstungsindustrie der Bundesrepublik seit mehreren Jahren Platz drei auf der Rangliste der größten Rüstungsexporteure der Welt.

Quelle: www.german-foreign-policy.com   vom 06.02.2014.

Fußnoten

Veröffentlicht am

07. Februar 2014

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