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Tödliche Sprengfallen

In Genf beginnt die Jahrestagung der Verbotskonvention gegen Anti-Personenminen

Von Wolfgang Kötter

Im Genfer UNO-Sitz beginnt heute die Jahreskonferenz der Konvention über das Verbot von Anti-Personenminen. Unter Vorsitz von Boudjemâa Delmi aus Algerien werden die 161 Vertragsstaaten eine Woche lang die bisherige Umsetzung einschätzen und weitere Maßnahmen beraten. Außerdem wollen bisher noch abseits stehende Staaten über ihre Beitrittsbemühungen berichten. Und schließlich gilt es, die im kommenden Jahr in Mozambiks Hauptstadt Maputo, stattfindende Überprüfungskonferenz vorzubereiten.

Der seit 1999 geltende Vertrag untersagt den Einsatz, die Entwicklung, Herstellung, Lagerung und Weitergabe von Anti-Personenminen. Darüber hinaus wollen die Mitgliedstaaten auch bei der Minenräumung und der Opferhilfe kooperieren. Neben regelmäßigen Statusberichten und dem Informationsaustausch kann der UN-Generalsekretär Inspektorenteams zur Tatsachenermittlung vor Ort schicken. Erfasst werden allerdings lediglich Minen, die ausdrücklich gegen Personen gerichtet sind, nicht aber Anti-Panzer- bzw. Anti-Fahrzeugminen. Darüber hinaus lassen die Bestimmungen Kritikern zufolge sowohl der Rüstungsindustrie als auch der Politik zu viel Interpretationsraum für Schlupflöcher und Umgehungen.

Die erfolgreichste Bürgerinitiative der Welt

Am Zustandekommen und der Umsetzung des Minenverbots haben Nichtregierungsorganisationen einen hervorragenden Anteil. Aus Protest gegen die Unfähigkeit der traditionellen Diplomatie, ein umfassendes Minenverbot auszuhandeln, beschritten internationale Organisationen und zahlreiche nationale Vereinigungen von Minengegnern gemeinsam mit den Regierungen von Kanada, Norwegen, Südafrika, Österreich, Belgien und Mexiko einen alternativen Weg. Im Oktober 1996 lud Kanada zum Beginn des als "Ottawa-Prozess" bekannt gewordenen Projekts in seine Hauptstadt ein. Die für ihre Aktivitäten mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete "Internationale Kampagne gegen Landminen" , sowie Vertreter des Kinderhilfswerkes UNICEF, des Internationalen Roten Kreuzes und des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR mobilisierten in weltweiten Aktionen die Öffentlichkeit für das Vorhaben. Parallel dazu verhandelten Staatenvertreter auf mehreren Konferenzen über den Abkommenstext. Nach nur einjähriger Verhandlungszeit konnte der endgültige Vertrag dann am 3. Dezember 1997 in Ottawa unterzeichnet werden. Völlig zu recht bezeichnete der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan deshalb die über 1 000 Organisationen in rund 100 Ländern vereinende Internationale Kampagne als "erfolgreichste Bürgerinitiative der Welt".

Licht und Schatten bei der Umsetzung

Zu den Erfolgen zählt, dass bisher mehr als 47 Millionen Minen in 87 Ländern vernichtet wurden. Die Zahl der jährlich registrierten Opfer von Landminen und Blindgängern sank von weltweit bis zu 20 000 in den 1990er Jahren auf unter 4 000. Insgesamt konnten viele hundert Quadratkilometer von Minen und Blindgängern geräumt werden.

Doch immer noch liegen in über 70 Ländern und Regionen Landminen und andere nicht explodierte Sprengkörper zum Teil seit Jahrzehnten in der Erde und fordern täglich im Durchschnitt 10 Opfer. Besonders betroffen sind Afghanistan, Angola, Ägypten, Bosnien-Herzegowina, Laos, Kongo, Kambodscha, Kolumbien, Kroatien, Vietnam, aber auch Regionen wie Berg-Karabach, Tschetschenien und die Falkland-Inseln. Vorwürfe der verbotenen Anwendung von Minen gab es in jüngster Zeit gegenüber den Mitgliedstaaten Sudan, Süd-Sudan und Jemen, außerdem werden die Untersuchungen wegen mutmaßlicher Minenverlegungen in der Türkei fortgesetzt. Neu hinzugekommene Gefahrenherde sind die Kampfschauplätze in Syrien, Myanmar und Mali. Rund eine halbe Million Menschen leben weltweit mit einer durch Minenverletzung verursachten schweren Behinderung. Sie bedürfen langfristig der Pflege und Versorgung.

Bedauerlich ist auch, dass 36 Länder dem Ottawavertrag immer noch nicht angehören. Unter ihnen sind die führenden Militärmächte China, Russland und die USA, die über riesige Arsenale verfügen. Es fehlen aber auch Ägypten, Indien, Iran, Israel, Nord- und Südkorea, Pakistan Saudi-Arabien und Vietnam. Nachdem die eingelagerten Minen mit Ausnahme von Griechenland, der Türkei, der Ukraine und Weißrussland pünktlich beseitigt waren, müssen die noch verlegten Sprengfallen innerhalb von zehn Jahren geräumt und vernichtet sein. Da dies aber längst nicht alle Teilnehmerstaaten geschafft haben, wurden ihnen zum Teil erhebliche zeitliche Verlängerung der Fristen gewährt. Eine unbefriedigende Situation besteht auch darin, dass in vielen Ländern, so beispielsweise in Angola, Afghanistan, Irak und Kambodscha, die Opferhilfe und -rehabilitierung noch gravierende Mängel aufweisen und die Betroffenen nur unzureichende Unterstützung erhalten.

Globale und regionale Kooperation

Im vergangenen Mai fand in der Hauptstadt Togos Lomé ein regionales Seminar für die Universalität der Antiminen-Konvention statt, um weiter Staaten Afrikas zum Beitritt zu ermutigen. Auf einem Symposium in der thailändischen Hauptstadt Bangkok berieten vom 23. bis 25. Juni mehr als 100 Experten und Diplomaten aus 35 Staaten und 10 internationalen und Nichtregierungsorganisationen über Wege zur Verstärkung von Kooperation und Unterstützung minenbetroffener Staaten. Zu den behandelten Themen gehörte die Frage, wie Synergien in der Kooperation zwischen regionalen Organisationen zur Vertragsumsetzung erreicht werden können. Diskutiert wurden ebenfalls Möglichkeiten zur Kontrolle der Finanzierung von Opferhilfen. Die Teilnehmer erörterten unterschiedliche regionale Herangehensweisen an die Zusammenarbeit bei Minenaktionen, und schließlich ging es auch um die neue UN-Strategie zur Bewältigung des Minenproblems für die Jahre 2013 bis 2018.

Auf Einladung der Hilfsorganisation Handicap International nahmen ebenfalls im Juni zivilgesellschaftliche Repräsentanten Libyens an einem Trainings-Workshop in Tripolis teil. Sie informierten sich sowohl über die Funktionsweise von Minen als auch über den Inhalt der Verbots-Konventionen zu Landminen und Streubomben sowie über Möglichkeiten, dafür aktiv zu werden, denn auch in im Boden des arabischen Landes lagern noch massenhaft Minen und andere Sprengkörper. Nichtregierungsorganisation aus Australien, Japan, Neuseeland und den USA trafen sich im Sommer in Brisbane mit ihren Partnerorganisationen von den pazifischen Inselstaaten Kiribati, Papua-Neuguinea, Palau, den Marshallinseln, den Salomonen, Vanuatu, Mikronesien, Tuvalu und Nauru. Mehrere dieser Staaten sind immer noch durch Munitionsrückstände aus dem 2. Weltkrieg schwer minenverseucht. Die Vertreter der Zivilgesellschaft forderten eine regionale Zusammenarbeit für die Schaffung eines minenfreien Pazifik und riefen die noch abseitsstehenden Regierungen zum Beitritt zur Konvention gegen Anti-Personenminen auf.

Um dem Ziel einer Welt ohne Minen schrittweise näher zu kommen, erfordert es auch weiterhin enorme Anstrengungen und Mittel. Darum setzen die Antiminen-Kampagne, das Internationale Rote Kreuz und weitere humanitäre Organisationen ihre Aktionen auf allen Kontinenten unvermindert fort, um die Zahl der Ratifikationen zu erhöhen, die Entminung voranzubringen sowie die Außenseiter zum Beitritt zu bewegen. Vielfältige Aktivitäten bei der Minenräumung und der Opferhilfe werden sowohl auf globaler als auch auf regionaler Ebene unternommen. Allerdings wirft auch hier die weltweite Finanzkrise ihre negativen Schatten und die zur Verfügung stehenden Mittel reichen trotz einer Zunahme im vergangenen Jahr längst nicht aus.

Die fünf Forderungen der Minenkampagne

1. Verbot aller Landminen und minenähnlichen Waffen
2. Offenlegung aller Lagerbestände
3. Vernichtung aller existierenden Minen
4. Umwidmung der Gelder für Landminen zugunsten der Minenopfer
5. Unterstützung der Minenräumung und umfassende Hilfe für die Minenopfer

Quelle: medico international

Anti-Fahrzeugminen

reagieren je nach Bauart auf das einfache Überfahren oder werden durch Sensoren, die auf Motorwärme, Motorgeräusche oder Bodenerschütterung reagieren, zur Auslösung gebracht. Derartige sensoraktivierten Minen unterscheiden nicht zwischen Militär- und Zivilfahrzeugen, häufig werden sie auch durch Erschütterungen von Fußgängern ausgelöst, zudem enthalten sie oftmals eine "Aufhebesperre", die explodiert, wenn die Mine geräumt wird. Deshalb gefährden diese nicht nur Panzer sondern auch zivile Fahrzeuge wie Helikopter, LKW, Busse oder landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge und damit auch deren Insassen. Diese modernen, oft auch als "intelligent" bezeichneten High-Tech Minen töten ebenso unterschiedslos wie jede andere Mine.

Streubomben

weisen abgesehen von ihrer fürchterlichen Sofortwirkung Blindgängerquoten von bis zu 40 Prozent auf. Das macht sie faktisch zu Anti-Personenminen mit langer Lebenszeit und einem Zündmechanismus, der bei der geringsten Berührung reagiert.

Quelle: landmine.de

Veröffentlicht am

02. Dezember 2013

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