Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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Habgier und Frieden schließen sich gegenseitig aus

Thesen zur Eröffnung der Jahrestagung des Internationalen Versöhnungsbundes, deutscher Zweig am 9. Mai 2013 in Arendsee zum Thema "anders wirtschaften - welches Wachstum wollen wir?"

Von Ullrich Hahn

1.

Wachstum ist nicht von vornherein schlecht, sondern Merkmal all dessen, was lebt. Leben wächst und soll auch wachsen dürfen: wir selbst und das Leben um uns herum, vor allem, wenn es noch klein ist.

2.

Jedes lebendiges Wachsen weiß um seine Grenze, das ihm eigene Maß. Die Bäume wachsen nicht in den Himmel und wir zum Glück nicht an die Decke.

3.

Zum menschlichen Maß gehört nicht nur unsere Natur als Einzelwesen, sondern auch die Art unserer Beziehungen innerhalb und zur Menschheit, das Du und die Gemeinschaft, die Liebe und die Gerechtigkeit.

4.

Zu unserem menschlichen Sein, auch dem miteinander-sein gehört das Haben.

Das Eigentum ist Teil der menschlichen Freiheit. Alles was uns not tut und was wir zum Leben und Lebenserwerb brauchen, sollen wir haben dürfen.

5.

Habgier hat kein Maß und kennt keine Grenzen. Seine einzige aus dem Bewusstsein verdrängte Grenze ist der Tod.

Häuptling Seattle sagte über den weißen Mann: er wird nicht ruhen, ehe nicht der letzte Baum verkauft und der letzte Fluss vergiftet ist.

6.

In diesem Sinn sägt eine Gesellschaft, deren Wohlstandsideal auf einem ständigen Wirtschaftswachstum beruht, sich selbst den Ast ab, auf dem sie sitzt.

Hinzu kommt, dass diese Art der Wohlstandsmehrung i.d.R. mit einer ungleichen Verteilung der materiellen Güter verbunden ist, mit einem Reichtum der wenigen, deren Kehrseite die materielle Armut der vielen ist. Dies gilt sowohl in Bezug auf die eigene Gesellschaft als auch auf die Menschheit als Ganzes.

7.

Was hat dieses Problem mit dem Grundanliegen des Versöhnungsbundes zu tun, der Gewaltfreiheit?

Hemmungsloses Wirtschaftswachstum führt in doppeltem Sinn zu Gewalt:

a. Die mit diesem Wachstum verbundene Zerstörung von Leben und Lebenschancen erkennen wir aus Sicht der Opfer als strukturelle Gewalt.

b. Das damit verbundene Streben nach Dominanz in der Verteilung der begrenzten Güter ist begleitet auch von direkter Gewalt.

Habgier und Frieden schließen sich gegenseitig aus. Umgekehrt stehen Einfachheit im Sinne des menschlichen Maßes und Gewaltlosigkeit offenkundig in enger Beziehung zueinander.

8.

Anders wirtschaften ist deshalb eine notwendige Bedingung, Gewalt in den menschlichen Beziehungen und im Verhältnis zur ganzen belebten Natur zu überwinden.

9.

Auch wenn wir selbst keine wirtschaftlichen Unternehmen leiten, so sind wir doch als Konsumenten von Waren und Dienstleistungen, von Energie und Verkehr, handelnde Akteure in der Wirtschaft und bestimmen mit dem nachgefragten Verbrauch sogleich über Art und Ausmaß der Produktion Es ist eine moralische Frage, welchen Verbrauch wir uns im Verhältnis zur Menschheit und ihren natürlichen Grundlagen zugestehen.

10.

Es geht letztlich um den angemessenen Lebensstil, um die Existenzweise des Seins statt des Habens. Der Weg dorthin geht über ein kreatives Unterlassen all dessen, was uns nicht not tut, um die Gestaltung der heilsamen Alternative in der Wirtschaft und unseren sozialen Beziehungen.

Veröffentlicht am

19. Mai 2013

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