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Gipfeltreffen der blockfreien Staaten: Irans Isolierung wird zum Thema

Die längst totgeglaubte Blockfreien-Bewegung trifft sich in Teheran. UNO und Ägypten wollen von der US-Politik abrücken - auch in der Syrien-Frage.

Von Andreas Zumach

Das Gipfeltreffen der 120 blockfreien Staaten, das am Donnerstag in Teheran beginnt, zeigt, dass die Bewegung zu früh abgeschrieben wurde. Als die Staatengruppe im vergangenen Jahr in Belgrad ihren 50. Geburtstag feierte, wurde sie zumindest in den meisten westlichen Medien als historisch überholt bezeichnet.

Die vier Gründungsziele der Bewegung - Antikolonialismus, Selbstbestimmung der Völker, Antiimperialismus und Antirassismus - hätten sich erledigt. Und mit dem Ende des globalen Ost-West-Konflikts sowie dem Zusammenbruch des sowjetischen Blocks vor 20 Jahren habe auch die Bezeichnung "blockfrei" jeglichen Sinn verloren.

Diese Einschätzung war voreilig. Das Gründungsziel "Selbstbestimmung der Völker" muss in den meisten der 120 blockfreien Staaten erst noch durchgesetzt werden. Die jüngste Aufweichung der Diktatur in Birma sowie die Aufstände und Umstürze in einigen arabischen Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens sind erst der Anfang einer Dynamik, die in den kommenden Jahren wahrscheinlich alle derzeit noch diktatorisch regierten Staaten Westasiens und im Nahen und Mittleren Osten erfassen wird. Damit verändern sich auch regionale und weltpolitische Dynamiken in einer Weise, die der Bewegung der Blockfreien neue Bedeutung bescheren dürfte.

Das zeigt bereits der aktuelle Gipfel im Iran. Mit dem Islamisten Mohammed Mursi reist erstmals seit dem Bruch zwischen Kairo und Teheran vor über 30 Jahren ein ägyptischer Präsident in die iranische Hauptstadt. Mursi will die von den USA verordnete internationale Isolation Irans durchbrechen - aus der Überzeugung, dass diese Isolation die Lösung der Konflikte in Syrien, um das iranische Atomprogramm sowie zwischen Israel und Palästinensern behindert. Aus diesem Grund flog auch UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon nach Teheran - trotz heftiger Kritik aus Washington und Tel Aviv.

Innerislamische Konflikte verhindern Geschlossenheit

Wenn das iranische Regime die kürzliche Wahl Mursis zum ägyptischen Präsidenten allerdings zu einem "islamischen Erwachen" hochjubelt und zugleich eine Führungsrolle in der Blockfreien-Bewegung reklamiert, ist das schiere Propaganda. Tatsächlich dürften die innerislamischen Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten auf absehbare Zeit verhindern, dass die islamischen Staaten im Nahen und Mittleren Osten innerhalb der Blockfreien-Bewegung geschlossen auftreten.

Daher ist von dem Teheraner Gipfel kaum ein gemeinsamer Vorschlag zur Lösung des Syrien-Konflikts zu erwarten. Doch kann der Gipfel die Voraussetzungen für eine künftig größere Geschlossenheit verbessern.

Dabei ist noch keineswegs ausgemacht, dass das iranische Regime, das auf dem Gipfel für drei Jahre den Vorsitz der Bewegung übernimmt, 2015 noch an der Macht ist. Als auf dem Kairoer Gipfel im Herbst 2009 Husni Mubarak zum Vorsitzenden gekürt wurde, ahnte auch niemand den Sturz des ägyptischen Diktators knapp 18 Monate später. Eine Demokratisierung der Regionalmacht würde ähnliche Prozesse in Saudi-Arabien und den Golfstaaten beschleunigen. Das wird zu einer Stärkung der Blockfreien-Bewegung führen.

Auch der Aufstieg Chinas zur Weltmacht in Konkurrenz zu den USA könnte der Blockfreien-Bewegung zu neuer Bedeutung verhelfen. So spüren vor allem die Staaten Afrikas und Asiens mit Ölvorkommen und anderen strategischen Ressourcen immer stärker den Druck der widerstreitenden Interessen Washingtons und Pekings. Manche dieser Staaten fühlen sich erinnert an die Zeit der amerikanisch-sowjetischen Konflikte und Stellvertreterkriege auf ihrem Territorium und vor ihren Küsten.

Quelle: taz - 30.08.2012. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Andreas Zumach.

Veröffentlicht am

30. August 2012

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