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Die gemeinsame Front gegen Iran

Neue NATO-Strategievorschläge belegen den hohen Stellenwert der deutschen U-Boot-Lieferungen an Israel für die Hegemonialpolitik des westlichen Kriegsbündnisses am Persischen Golf. Wie es in einem aktuellen Beitrag aus dem NATO Defense College in Rom heißt, müsse das Bündnis Vorkehrungen treffen, um seine Hegemonie in Mittelost auch für den Fall zu sichern, dass Teheran in den Besitz von Atombomben gelange. Wolle man die Option eines Angriffs auf Iran vermeiden, müsse man eine Raketenabwehr errichten und vor allem eigene nukleare Maßnahmen vorantreiben. Dazu solle die NATO auf diejenigen Staaten im Nahen und Mittleren Osten zurückgreifen, mit denen sie in "Partnerschaften" verbündet sei - nicht zuletzt auf die Diktaturen am Persischen Golf. Möglich seien die Verlegung von Nuklearwaffen aus Nord- nach Südeuropa oder ihre Stationierung in Diktaturen der Arabischen Halbinsel, um eine atomare Abschreckungspolitik gegenüber Teheran zu begründen. Die Nuklearpläne schließen an bisherige Maßnahmen zur konventionellen Aufrüstung gegen Iran an, die in den vergangenen Jahren Milliardensummen in die Kassen deutscher Waffenschmieden spülten.

Schwimmendes Atomwaffenarsenal

Wie aus aktuellen Medienberichten hervorgeht, bestückt Israel aus Deutschland gelieferte U-Boote mit Nuklearwaffen. Demnach werden die Dolphin-U-Boote, die die Kieler Werft HDW gemeinsam mit den Nordseewerken aus Emden baut, in Israel mit Atomraketen versehen, deren Reichweite gut 1.500 Kilometer beträgt. Die israelischen Streitkräfte wären prinzipiell in der Lage, mit ihnen Iran zu attackieren. "Mit Hilfe der maritimen Technik aus Deutschland ist es Israel gelungen, sich ein schwimmendes Atomwaffen-Arsenal zuzulegen"Made in Germany; Der Spiegel 04.06.2012., heißt es: Drei Dolphin-U-Boote besitze Israel bereits, drei weitere seien zudem im Bau, wiederum drei weitere werde Tel Aviv möglicherweise in naher Zukunft ordern.

Abschreckungsregime

Aufschluss darüber, dass die deutschen U-Boot-Lieferungen an Israel einen hohen Stellenwert vor allem für die Hegemonialpolitik der NATO haben, geben Debatten, die gegenwärtig im westlichen Kriegsbündnis geführt werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie zu reagieren sei, sollte Teheran sich tatsächlich Atomwaffen verschaffen. Während manche Regierungsberater und Außenpolitikexperten die Auffassung vertreten, Iran müsse in diesem Falle bombardiert werdens. dazu Ende im Gemetzel und Ende im Gemetzel (II) ., entwickeln NATO-Fachleute alternative Szenarien. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass Teheran, sollte es einmal das nötige Know-how für den Bau von Atomwaffen entwickelt haben, nicht dauerhaft davon abgehalten werden könne. Entsprechend heißt es in einem neuen Beitrag aus dem NATO Defense College in Rom, man könne durchaus ein umfassendes "Abschreckungsregime" errichten, um die westliche Hegemonie zu sichern. Dazu sei es nötig, die Verbündeten in Nah- und Mittelost einzubeziehen.Jean-Loup Samaan: The day after Iran goes nuclear: Implications for NATO. NATO Research Paper No. 71, January 2012.

Partnerschaften

Dabei weist der Autor des NATO-Debattenbeitrags darauf hin, dass die NATO - als Bündnis, aber auch über einige führende Mitglieder - schon lange eng mit zahlreichen Gegnern Irans in Nah- und Mittelost kooperiert. 1994 hat das Kriegsbündnis den "Mediterranean Dialogue" (MD) initiiert, der gegenwärtig neben den Maghreb-Staaten Mauretanien, Marokko, Algerien und Tunesien auch drei Länder im Nahen Osten umfasst (Ägypten, Jordanien sowie Israel). Im Jahr 2004 hat die NATO im Rahmen der "Istanbul Cooperation Initiative" (ICI) begonnen, die Feudaldiktaturen der Arabischen Halbinsel in ihr Bündnissystem zu integrieren. Allerdings sind bislang nur Bahrain, Kuwait, Qatar und die Vereinigten Arabischen Emirate beigetreten; Saudi-Arabien hält sich offiziell noch fern. In Expertenkreisen wird jedoch auf die enge Kooperation Riads vor allem mit Washington verwiesen. Die USA unterhalten darüber hinaus enge bilaterale Beziehungen zu den drei Ländern, in denen sie Truppenbasen errichtet haben (Bahrain, Kuwait, Qatar), während Deutschland seit dem Jahr 2005 eine auch militärisch geprägte strategische Partnerschaft mit den Vereinigten Arabischen Emiraten führts. dazu Militärpartner am Golf und Deutsch-arabische Manöver .. Großbritannien (Vereinigte Arabische Emirate) und Frankreich (Vereinigte Arabische Emirate, Qatar, Kuwait) haben ebenfalls militärpolitische Vereinbarungen mit Diktaturen am Golf getroffen. Nicht vergessen werden dürfe, heißt es im NATO Defense College, die enge Verbindung zwischen den USA und Israel.Jean-Loup Samaan: The day after Iran goes nuclear: Implications for NATO. NATO Research Paper No. 71, January 2012.

Nuklearbasen am Persischen Golf?

Wie es weiter heißt, müsse die NATO die Zusammenarbeit mit ihren Verbündeten im Nahen und Mittleren Osten gegen Iran intensivieren. Dies könne mit Hilfe gemeinsamer Manöver geschehen; zudem seien sogenannte Sicherheitsgarantien für die MD- und ICI-Partner unverzichtbar. Denkbar seien neben informellen Garantien, wie sie wohl schon längst bestünden, auch Beistandsgarantien gemäß den Artikeln 4 und 5 des Nordatlantikvertrags. Artikel 5 sieht vor, "dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere" der unterzeichnenden Vertragsparteien "als ein Angriff gegen sie alle angesehen" wird. Als "unmissverständlichster Ausdruck" einer Sicherheitsgarantie könne auch die Stationierung von Nuklearwaffen auf dem Hoheitsgebiet von NATO-Partnern im Nahen und Mittleren Osten in Betracht gezogen werden, heißt es weiter. Nicht prinzipiell ausgeschlossen wird demnach selbst die Aufstellung von Atomraketen in den Diktaturen der Arabischen Halbinsel.Jean-Loup Samaan: The day after Iran goes nuclear: Implications for NATO. NATO Research Paper No. 71, January 2012.

Besser im Westen

Allerdings rät der Autor des Papiers aus dem NATO Defense College, auf innere Befindlichkeiten in den betroffenen Ländern Rücksicht zu nehmen. So könne es die Stimmung in arabischen Staaten gegen die USA weiter anheizen, wenn auf ihrem Territorium amerikanische Atomwaffen stationiert würden. Die erdrückende Übermacht des Westens gegenüber Iran könne zudem Sympathien für die schwächere Konfliktpartei, Teheran, wecken und propagandistisch kontraproduktiv wirken. Besser sei es daher, das gegen Teheran in Anschlag zu bringende Nukleararsenal in westlichen Ländern zu stationieren. Beispielsweise könnten Atombomben aus Nord- nach Südeuropa verlegt werden.Jean-Loup Samaan: The day after Iran goes nuclear: Implications for NATO. NATO Research Paper No. 71, January 2012. Die Atomwaffen des NATO-Partners Israel werden vom Autor des Textes nicht explizit erwähnt.

Raketenabwehr

Ergänzend führt der Beitrag direkt gegen Iran gerichtete Maßnahmen auf, die bereits eingeleitet worden sind. Dazu zählten der Aufbau eines US-Radarsystems in der Türkei, die Entwicklung von Raketenabwehrsystemen in US-amerikanisch-israelischen Gemeinschaftsprojekten und etwa auch die bereits Anfang 2010 bekannt gewordene Lieferung von Patriot-Batterien an Kuwait, Bahrain, Qatar sowie die Vereinigten Arabischen Emirate.US raises stakes on Iran by sending in ships and missiles; www.guardian.co.uk 31.01.2010. Im Februar war bekannt geworden, dass auch Deutschland sich an den Maßnahmen beteiligt: Damals berichteten französische Medien über neue Pläne Berlins, Patriot-Batterien auch an Jordanien zu liefern. Die Bundeswehr bestätigt intensive Verkaufsgespräche.PATRIOT allwetterfähig - praktischer Beweis in Oberbayern; www.luftwaffe.de 24.02.2012.

Zum Nutzen der Hegemonie

Die Aufrüstung nah- und mittelöstlicher Gegner Irans, mit der die NATO-Mächte ihre Hegemonie über den Mittleren Osten zu stabilisieren suchen, umfasst neben Lieferungen von Patriot-Systemen und U-Booten konventionelle Rüstungsgüter aller Art. Allein der Wert des Kriegsgeräts, dessen Export in die Diktaturen des Gulf Cooperation Council (GCC)Dem Gulf Cooperation Council (GCC) gehören Bahrain, Kuwait, Oman, Qatar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate an. die Bundesregierung 2010 genehmigte, beläuft sich auf fast eine halbe Milliarde Euro (475 Millionen). Deutschland liefert ein Gefechtsübungszentrum an die Vereinigten Arabischen Emirate, Ausrüstung für Luftwaffen und für Marinen sowie diverse Flugkörper und Munition.s. auch Militärpartner am Golf , Stabile Verhältnisse, Hegemonialkampf am Golf (II) und Der Zweck der Rüstungsexporte . All dies dient keineswegs nur dem Profit der deutschen Rüstungsschmieden, sondern - wie die U-Boot-Lieferungen an Israel - auch dem Aufbau einer gemeinsamen Front gegen Iran - zum Nutzen der amerikanisch-europäischen Hegemonie.

Quelle: www.german-foreign-policy.com   vom 05.06.2012.

Fußnoten

Veröffentlicht am

08. Juni 2012

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