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Stirbt mit Rabbanis Tod die Hoffnung auf Versöhnung?

Von Otmar Steinbicker

Nach dem Selbstmordattentat auf den Vorsitzenden des Hohen Friedensrates und früheren Präsidenten Afghanistans Burhanuddin Rabbani, "stirbt die Hoffnung auf Versöhnung", kommentiert "Spiegel-online".

Sicherlich ist ein solcher Anschlag kein Zeichen von Friedensbereitschaft der Taliban, die die Verantwortung dafür übernommen haben. Doch war Rabbani ein Repräsentant der "Hoffnung auf Versöhnung"?

Für die Taliban war Rabbani vor allem ein Todfeind und das im wahrsten Sinne des Wortes. Sie machten ihn mitverantwortlich für die Ermordung mehrerer tausend Taliban-Gefangene nach dem Sieg der Nordallianz. Unstrittig ist, dass eine Vielzahl dieser Gefangener in Containern gepfercht, ums Leben kam. Wie viele es waren und ob und wenn ja, wie viel Verantwortung Rabbani dafür hatte, hätte ein Prozess gegen ihn klären müssen. Dazu wird es jetzt nicht mehr kommen.

Dass Afghanistans Präsident Hamid Karzai ausgerechnet Rabbani als Vorsitzenden des Hohen Friedensrates bestimmte, der einen Versöhnungsprozess und damit eine politische Lösung des Afghanistan-Konfliktes erzielen sollte, konnte auf Seiten der Taliban nur als Provokation empfunden werden, als sicheres Zeichen dafür, dass von Seiten der afghanischen Regierung keine Versöhnung erwünscht war, sondern allenfalls Unterwerfung. Das war auch westlichen Diplomaten bewusst, die wenn sie einen politischen Ausgleich mit den Aufständischen suchen wollten, Rabbani als ernstes Hindernis ansehen mussten, vor allem dann, wenn sie als Voraussetzung für eigene Gespräche mit den Taliban deren Bereitschaft zu Gesprächen mit der Karzai-Regierung reklamierten.

Die Tötung Rabbanis gebe Anlass zur Beunruhigung, sagte jetzt US-Verteidigungsminister Leon Panetta und befürchtet einen Strategiewechsel der Taliban, hin zu neuen Anschlägen vor allem auf ranghohe Persönlichkeiten. Diese Befürchtung besteht nicht zu Unrecht. Befolgen doch die Taliban zunehmend die strategische Weisung des früheren US-Befehlshabers in Afghanistan und jetzigen CIA-Chefs David Petraeus, der seine Truppen bei Amtsantritt in Afghanistan aufgefordert hatte: "Tötet ihre Führer" und sich damit rühmte, hunderte Führungskader der Aufständischen getötet zu haben.

Versöhnung, wenn sie denn gewünscht wird, funktioniert anders. Das setzt zuerst einmal Gespräche ohne Vorbedingungen voraus, Gespräche zwischen denen, die Frieden wollen.

Wenn westliche Politiker und Diplomaten seit einiger Zeit dieses Ziel verkünden und auch die Taliban einschließlich des Haqqani-Netzwerkes, Gesprächs- und Verhandlungsbereitschaft signalisieren, dann sollten diese in Gespräche miteinander eintreten. Was hindert sie daran? Noch verlangt der Westen ultimativ, die Taliban müssten von Beginn solcher Gespräche an auch zu Gesprächen mit der Karzai-Regierung bereit sein und ebenso kompromisslos heißt es auf Seiten der Taliban: keine Gespräche mit der Karzai-Regierung! Das führt auf beiden Seiten nicht weiter.

Ein Hindernis für eine diplomatische Lösung dieses Knotens war sicherlich Rabbanis Position als Vorsitzender des Hohen Friedensrates. Diese Position muss jetzt neu vergeben werden. Wenn Karzai ernsthaft Gespräche mit den Taliban will, dann sollte er dafür einen Repräsentanten wählen, der für die Taliban als Gesprächspartner akzeptabel ist, nicht wieder einen Todfeind.

Otmar Steinbicker ist Herausgeber des Aachener Friedensmagazins www.aixpaix.de .

 

Quelle:  www.aixpaix.de , 21.09.2011.

Veröffentlicht am

22. September 2011

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