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USA und Teststoppvertrag - eine endlose Geschichte

US-Senat soll über Vertrag zum Verbot der Nuklearwaffenversuche entscheiden

Von Wolfgang Kötter

Am 16. Juli 1945 begannen die USA mit ihrem Nukleartest "Trinity" in der Wüste von New Mexico das Atomwaffenzeitalter. 1.145 weitere Erprobungen und 66 Jahre später will die Obama-Regierung nun einen erneuten Anlauf unternehmen, um dieses verhängnisvolle Kapitel des nuklearen Wettrüstens endgültig zu schließen.

Auf zum zweiten Versuch

Sie wird den Vertrag demnächst an den für die Ratifizierung zuständigen Senat überweisen. Dieser muss nun zum zweiten Mal sein Verdikt fällen. Beim ersten Versuch hatte die republikanische Mehrheit unter Führung von Jesse Helms, dem ultrareaktionären Senator aus North Carolina, die Ratifizierung systematisch hintertrieben. Am Ende fehlten bei der Abstimmung im Oktober 1999 neunzehn Stimmen zur erforderlichen Zweidrittelmehrheit.

Dabei hatte alles so gut angefangen. Der damalige Präsident Bill Clinton unterzeichnete den Teststoppvertrag am 24. September 1996 als erster Staatsmann der Welt und pries ihn als einen "gigantischen Schritt vorwärts". Seit 1992 befolgen die USA außerdem ein Testmoratorium, aber es war vor allem Washington, das dem Vertrag ständig neue Steine in den Weg rollte. Die Administration von George W. Bush tat nichts, um eine erneute Senatsabstimmung zu erreichen. Sie votierte regelmäßig gegen die UN-Resolutionen zum Testverbot, boykottierte die Konferenzen zur Unterstützung der Inkraftsetzung des Vertrages und verweigerte schließlich sogar die Finanzmittel für Vor-Ort-Inspektionen der Wiener Kontrollbehörde.

Die Obama-Regierung korrigierte diesen Verweigerungskurs, will den Jahresbeitrag von 33 Mio. Dollar pünktlich zahlen und versprach, die Ratifizierung des Vertrages energisch anzustreben. Zunächst aber maß sie dem Neu-START-Vertrag über nukleare Abrüstung mit Russland Priorität bei. Nachdem der Senat nach schwieriger Auseinandersetzung im vergangenen Dezember zugestimmt hatte, folgten im Frühjahr die Zusatzprotokolle über kernwaffenfreie Zonen in Afrika und im Südpazifik.

Nun also erneut der Teststoppvertrag. Das Abkommen verbietet die Erprobung aller Atomwaffenversuche ob zu Land, unter Wasser, in der Atmosphäre oder im Weltraum. Zwar haben bereits 182 Staaten unterschrieben und 154 auch ratifiziert, aber es ist bisher nicht in Kraft getreten. Noch neun der 44 Staaten, die technisch in der Lage wären Kernwaffen zu bauen, fehlen. Zu den Verweigerern gehören außer den USA die Kernwaffenstaaten China, Israel, Indien, Nordkorea und Pakistan; dazu kommen Ägypten, Indonesien und Iran. Aber die Haltung Washingtons gilt als entscheidend und von seinem Beitritt wird ein Dominoeffekt unter den übrigen Außenstehenden erhofft.

Angesichts des zu erwartenden Widerstands der US-Rüstungslobby verkündete Ellen Tauscher, Staatssekretärin für Rüstungskontrolle und internationale Sicherheit, eine "Bildungskampagne" für die Öffentlichkeit und den Senat. Drei Hauptargumente führt sie ins Feld: Erstens brauchten die USA keine Testexplosionen mehr, um die Funktionstüchtigkeit ihres Nukleararsenals zu sichern; zweitens würde das Abkommen, wenn es in Kraft tritt, auch alle anderen Mitgliedstaaten verpflichten, keine Tests durchzuführen; und drittens hätte sich die Fähigkeit der Kontrollorganisation, Vertragsverletzer zu erwischen, gegenüber 1999 erheblich erhöht.

Die Kontrollorganisation ist einsatzbereit

In der Tat sind die technischen Voraussetzungen für ein effektives Funktionieren des Vertrages nahezu perfekt. Die zukünftige Kontrollorganisation CTBTO (Comprehensive Test Ban Organization) in Wien arbeitet mit einem Jahresbudget von rund 110 Mio. Dollar bereits auf Hochtouren. Sie umfasst die Konferenz aller Vertragsstaaten, den 51-köpfigen Exekutivrat und ein Technisches Sekretariat mit Internationalem Datenzentrum. Unter Leitung von Tibor Tóth aus Ungarn errichten rund 260 Mitarbeiter ein Netzwerk von insgesamt 337 Beobachtungsposten, das den gesamten Erdball lückenlos abdeckt. Im Zentrum steht ein globales System von 170 seismischen Stationen. Es kann eventuelle unterirdische Nuklearexplosionen registrieren und von den jährlich etwa 50.000 natürlichen Erdbeben unterscheiden. 80 Radionuklid-Detektoren und 60 Infraschallgeräte beobachten außerdem die Atmosphäre, während elf hydroakustische Systeme die Weltmeere kontrollieren.

Da der Teststoppvertrag noch nicht rechtswirksam ist, nennt sich die Kontrollorganisation immer noch "provisorisch", aber das Geld, das die Staaten jährlich für sie ausgeben, ist gut angelegt. Mehr als drei Viertel der Beobachtungsstationen arbeiten bereits, bis 2013 sollen es 90 Prozent sein. Satelliten übermitteln die Informationen zum Internationalen Datenzentrum, wo sie gespeichert, analysiert und an die Vertragsparteien weitergegeben werden. Das Weltraum gestützte Globale Kommunikationssystem ist über den direkten Abrüstungskontrollauftrag hinaus nützlich. Rund eine Million Daten wurden in den vergangenen Jahren an mehr als 400 Nutzer in 57 Staaten übermittelt, darunter zu Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Bergwerksunglücken, Flugzeugzusammenstößen sowie über auffällige Umwelt- und Wettererscheinungen.

Die Experten beteiligen sich ebenfalls am Testverfahren für Tsunami-Warnsysteme, unternehmen geophysische Untersuchungen bis hin zur Klimaforschung. Als in diesem Frühjahr in Japan eine Serie von Erdbeben und ein gewaltiger Tsunami das Land erschütterten, hatte das Wiener Monitorsystem sowohl frühzeitige Warnungen für Japan, Hawaii und weite Teile des Pazifik herausgegeben als auch den Weg der ausgetretenen Radioaktivität nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima präzise vorausgesagt. Ebenso wurde der nordkoreanische Kernwaffenversuch im Oktober 2006 festgestellt und dessen Sprengkraft korrekt mit 0,6 kT angegeben. Nach Inkrafttreten des Teststoppvertrages werden zusätzlich vertrauensbildende Transparenzmaßnahmen, Konsultationen und Vor-Ort-Inspektionen zur Klärung von verbleibenden Zweifelsfällen dienen.

Obwohl sich die Bedingungen also erheblich verbessert haben, ist eine schwierige und langwierige Auseinandersetzung im US-Senat zu erwarten. "Meiner Meinung nach sollten wir vor den Wahlen von 2012 handeln", wünscht sich der demokratische Senator Robert Casey aus dem Bundesstaat Pennsylvania, "aber ich bin nicht sehr zuversichtlich, dass wir das tun werden." Auch Tauscher ist skeptisch: "Wir sehen das als einen Marathon an und nicht als einen Sprint oder etwa ein Mittelstreckenrennen", meint die Spitzendiplomatin des US State Departments.

Bisherige Kernwaffenversuche

Land Anzahl Testgebiete
USA 1.146 New Mexico und Südpazifik, später Wüste von Nevada
UdSSR/Russland 715 Nowaja Semlja, Semipalatinsk
Frankreich 215 Sahara, später Polynesieninseln Moruroa und Fangataufa
China 45 Wüste Lop Nor
Großbritannien 44 Südpazifik, später Wüste von Nevada
Pakistan 6 Chagai-Berge in Baluchistan
Indien 5 Thar-Wüste von Rajasthan
KDVR 2 nahe Kilju in der nordöstlichen Provinz Hamkyong
gesamt 2.178  

Quellen: Arms Control Association,
Bulletin of the Atomic Scientists


 

Veröffentlicht am

17. Juli 2011

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