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Damit wir mehr als menschlich sein können

In Oscar Romero gibt es etwas, das dazu zwingt, ihn als beispielhaften Menschen und Christen lebendig in Erinnerung zu behalten.

Von Norbert Arntz

MärtyrerInnen wie Oscar Romero rücken die Opfer der herrschenden Gesellschaftsordnung in den Blick. Solche Menschen lassen nicht zu, dass der Glaube an den Gott des Lebens verwechselt wird mit dem Glauben an die Götzen. Die Götzen - zum Beispiel der Markt, die Macht und das Kapital - rechtfertigen Menschenopfer und suchen sie unsichtbar zu machen. Die MärtyrerInnen dagegen decken durch ihr Leben und Sterben die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und religiösen Mechanismen auf, die auch heute noch Menschenopfer verlangen oder rechtfertigen.

"Mich kann man töten, aber nicht die Stimme der Gerechtigkeit", hatte Bischof Romero gesagt, bevor er am 24. März 1980 am Altar ermordet wurde. Die Stimme der Gerechtigkeit kann man nicht mit Gewehrkugeln töten. Aber man kann vor ihr die Ohren verschließen. Man kann sie im Geschwätz nutzloser Verlautbarungen und überflüssiger Tagesmeldungen untergehen lassen. Man kann sie dadurch den lautlosen Tod des Vergessens sterben lassen. In einer Welt der Lüge ist der Prophet Romero ein Symbol der Wahrheit, und zwar jener Wahrheit, dass die Hälfte der Menschheit durch Elend am Leben gehindert wird. Diese Wahrheit wird tausendfach geleugnet, unterdrückt oder manipuliert. Zugunsten der Unterdrücker, zu Lasten der Unterdrückten.

In einer gespaltenen und widersprüchlichen Welt - gespalten zwischen reichen Prassern auf der einen Seite und den armen Lazarussen, die sich mit den Abfällen begnügen, auf der anderen -; in einer unmenschlichen Welt, in der allein der Eigennutz zählt, nicht aber die Sorge um die Menschheitsfamilie; in einer Welt, in der die politischen Führer das Volk nicht führen, sondern ausnutzen und auf falsche Fährten locken (so der Prophet Hosea vor 2500 Jahren) - in einer solchen Welt ist Romero das Symbol eines guten Hirten, der den kleinen Leuten nahe ist. Romero ist bis heute die Stimme derer, die keine Stimme haben. Deshalb bleibt er ein Maßstab für die Wahrnehmung des Hirtenamtes in Kirche und Gesellschaft. Am 15. März 2009 ist Romero einmal mehr im Volk von El Salvador auferstanden. Der neu gewählte Präsident Mauricio Funes sagte noch in der Wahlnacht: "Ich werde für das Wohlergehen des gesamten salvadorianischen Volkes arbeiten, indem ich im öffentlichen Amt insbesondere für die verarmten und ausgeschlossenen Teile des Volkes eintrete. Ich mache mir die prophetische Botschaft unseres Märtyrer-Bischofs Oscar Arnulfo Romero zu eigen. Er hat in seinem eindeutigen Apostolat gesagt, dass die Kirche die vorrangige Option für die Armen getroffen hat. Es wird auch Leitlinie meines Handelns sein, stets vorrangig die Armen und Ausgeschlossenen im Blick zu haben."

In einer entfremdeten und von modernen Zirkusspielen infantilisierten Welt; in einer Welt, die alles zu industrieller Ware macht; in einer Welt, die das Motto "Geschäft ist Geschäft" zu ihrem Leitwort erhebt und deshalb alles kommerzialisiert und zu Geld macht - in einer solchen Welt wird Romero zum Symbol der Lebensfreude, die aus der Begegnung zwischen Menschen entsteht. In einer Predigt am 15. Oktober 1978 stellt er fest: "El Salvador wird nicht immer so leben, wie es jetzt lebt. Das Fest Gottes für alle wird kommen. Lasst uns daran glauben. Dann werden wir erwachen zum großen Festmahl Gottes. Diese Hoffnung wird uns erfüllen."

In einer Welt, in der man den Glauben an das Gottgeheimnis nicht nur leugnet, sondern schlimmer noch banalisiert und missbraucht, wird Romero zum Zeugen für den Glauben an den Gott Jesu, an den Gott des Lebens, an den Gott der Opfer ungerechter Verhältnisse, an den Gott, bei dem der Arme Mitleiden erfährt. Romero ist ein Glaubender, der den Gott Jesu vor Augen hält, damit wir Menschen mehr als menschlich sein können.

Norbert Arntz ist als Priester des Bistums Münster in der Pfarrei Kleve, Heilige Dreifaltigkeit, tätig. Er ist Mitglied im Vorstand der Christlichen Initiative Romero.

 

Quelle: Romero Zeitung 2010 zum 30.Jahrestag der Ermordung Erzbischof Oscar A. Romeros. Hrsg. von Christliche Initiative Romero .

Veröffentlicht am

26. März 2010

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