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USA: Anwalt für die letzte Instanz

Robert Bryan hat als Strafverteidiger die Revision vieler Todesurteile erreicht. Der Kampf gegen eine Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal ist sein bisher schwerster Fall

Von Sabine Kebir

Den ersten Prozess zur Rehabilitierung eines Verurteilten, der fälschlich des Mordes angeklagt war, gewann er mit 26 Jahren. Seither hat Robert R. Bryan viele Menschen aus der Todeszelle gerettet, indem er Schlampereien der Justizbehörden nachwies. Da deren Schwäche nicht allein in Versäumnissen besteht, sondern immer wieder auch politisch und rassistisch gefärbte Manipulationen vorkommen, fühlt sich der Anwalt seinen Mandanten, aber auch der Rechtspflege überhaupt verpflichtet. So vertrat er bis 1994 die Witwe Richard Hauptmanns, der 1936 wegen der Entführung des Sohnes von Charles Lindbergh zu Unrecht hingerichtet worden war. Bryan wies nach, dass die Behörden wissentlich einen Unschuldigen verfolgten und deckte einen Justizbetrug auf, der in der US-Rechtsgeschichte seinesgleichen sucht.

Makelloser Ruf

Denkwürdig ist auch Bryans Engagement für die Indianerbewegung, als deren Rechtsberater er den Freispruch von Gladys Bissonette erwirken konnte, der 1973 zu den Anführern einer symbolischen Besetzung der Ortschaft Wounded Knee in Nebraska gehörte. Dort war am 29. November 1890 ein ganzer Indianerstamm massakriert worden. Als sich Bryan 1975 für die Menominnie-Warrior-Society einsetzte, die altes Indianerland mit Waffen verteidigte, nachdem weiße Farmer es verlassen hatten, erwirkte er, dass es den Ureinwohnern zurückgegeben wurde.

Bryan, der zum juristischen Stab des Obersten Gerichtshofs der USA und mehrerer Bundesstaaten gehört, war viele Jahre Vorsitzender der Nationalen Koalition gegen die Todesstrafe und ist Mitglied internationaler Gremien, die sich nicht allein für Menschenrechte einsetzen, sondern ebenso für juristische Mindeststandards in Mordprozessen.

"Ich habe noch nie das Verfahren eines zum Tode Verurteilten verloren, von dessen Unschuld ich überzeugt war", beschwört Bryan seinen makellosen Ruf. Dies könnte sich ändern. Für seinen derzeit prominentesten Klienten gibt es nur noch wenig Hoffnung. Seit 2003 vertritt er Mumia Abu-Jamal, den einstigen Black Panther und Protagonisten der schwarzen Bürgerrechtsbewegung, der 1982 wegen eines ihm zur Last gelegten Polizistenmords zum Tode verurteilt wurde. Im Dezember 1981 war Abu-Jamal gemeinsam mit seinem Bruder William Cook im Auto von dem Polizisten Daniel Faulkner angehalten worden. Die Vorgänge eskalierten und die Ermittlungen lassen bis heute viel Fragen offen. Faulkner starb, Abu-Jamal wurde schwer verletzt. Der nachfolgende Gerichtsprozess war von vielen Tumulten begleitet, entgegen der Verfassung waren 1982 schwarze Jurymitglieder a priori ausgeschlossen.

"Ich bin überzeugt, dass Mumia verurteilt wurde, weil er schwarz und arm ist", glaubt Bryan. Nach den Gründen befragt, weshalb sich in diesem Fall auch später nichts bewegt hat, meint er: "Mumia hat sich als engagierter Kritiker des Unrechts einen Namen gemacht, daher wurde gegen ihn entschieden. Das stinkt nach Politik." Tatsächlich hat Abu-Jamal auch von seiner sechs Quadratmeter großen Zelle im Todestrakt des Green Prison von Waynesburg/Pennsylvania aus Radiosendungen moderiert, fünf Bücher und viele Zeitungsartikel geschrieben. Er ist der weltweit bekannteste Kämpfer gegen die Todesstrafe.

Der Gouverneur entscheidet

Im März 2008 schien es so, als könnte ein neuer, diesmal fairer Prozess anberaumt werden. Der konservative Bundesrichter Thomas Ambro votierte dafür, dass Abu-Jamal eingeräumt werden müsse, ein Berufungsverfahren zu beantragen. Als es dazu kam, winkte der Oberste Gerichtshof am 6. April 2009 ab: Der Fall wird nicht wieder aufgerollt.

"Man darf nicht vergessen", kommentiert Bryan, "dass John Roberts, der Vorsitzende Richter, und Samuel Alito als einer seiner Beisitzer noch von Präsident Bush ernannt wurden. Zwei weitere Juristen sitzen seit Ronald Reagan in dieser Jury. Wir haben es hier mit einer sehr konservativen Instanz zu tun, vor der es Fälle von Menschenrechtsverletzungen und Rassismus äußerst schwer haben." Nun hast das Oberste US-Gericht in dieser Woche doch eine neue Prüfung angewiesen und den Fall zurück an ein Bundesberufungsgericht des Staates Pennsylvania delegiert.

Besteht davon abgesehen keine Möglichkeit, dass Präsident Obama Abu-Jamal begnadigt, fragen Zehntausende von Unterstützern weltweit. Derartige Hoffnungen muss Bryan dämpfen, da die US-Verfassung kein solches Begnadigungsrecht kennt. Nur der Gouverneur von Pennsylvania, Edward G. Rendell, wäre dazu berechtigt, nur hat der sich schon lange festgelegt, Abu-Jamal exekutieren zu lassen. Bryan hat daher am 14. Januar eine Petition ins Internet gesetzt, in der Barack Obama gebeten wird, "sich gegen die Todesstrafe für Mumia Abu-Jamal auszusprechen sowie gegen die Todesstrafe für viele Männer, Frauen und Kinder überall auf der Welt, die ihrer Hinrichtung entgegensehen". Ob der Präsident der Vereinigten Staaten Gefallen an einem solchen Moratorium findet, darf bezweifelt werden. Vielleicht kann die Petition das höchste US-Gericht beeinflussen oder die des Gouverneurs Randell, der zu den Demokraten gehört wie der Präsident.

Quelle: der FREITAG vom 20.01.2010. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

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Veröffentlicht am

22. Januar 2010

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