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Ignoranz ist Stärke

Der renommierte US-Publizist Paul Craig Roberts äußert sich zur terroristischen Vergangenheit des bei der Wahl im Iran unterlegenen Kandidaten Mousavi und vergleicht die USA mit George Orwells fiktivem Staat Oceania


Von Paul Craig Roberts, Information Clearing House, 24.06.2009

Die einseitige, propagandistische Berichterstattung der US-Medien über die Wahl im Iran hat aus dem unterlegenen Kandidaten Mousavi einen amerikanischen Helden gemacht.

Man fragt sich verwundert, warum sich alle Medienvertreter und die US-Regierung nicht mehr daran erinnern, dass Mir-Hossein Mousavi, nachdem Khomeini das US-Marionetten-Regime (des Schahs) gestürzt hatte, in der nachfolgenden Dekade von 1981 bis 1989 Premierminister der Islamischen Republik Iran war und als Schlächter von Beirut bekannt wurde; er war nämlich für die blutigen Angriffe auf die US-Botschaft und die Kaserne der US-Marines in Beirut verantwortlich, die während der Regierungszeit Reagans stattfanden; bei dem Anschlag auf die Kaserne wurden 241 Marineinfanteristen, Matrosen und Soldaten der Army in Stücke gerissen.Informationen zu den Anschlägen sind zu finden unter Hintergrund: Chronologie von Terroranschlägen gegen die USA und  Anschlag auf den US-Stützpunkt in Beirut 1983 .

Nach einem Artikel von Jeff Stein, der am 22. Juni 2009 bei CQ POLITICS erschienen ist, "hat Mousavi persönlich Ali Akbar Mohtashemi-pur als seinen Spitzenmann für die Anschlagserie in Beirut ausgewählt, damit der die Terrorzelle anführt, die für die Angriffe verantwortlich war".Siehe Mousavi, Celebrated in Iranian Protests, Was the Butcher of Beirut .

Die National Security Agency / NSA (der weltweit operierende US-Abhörgeheimdienst) hatte nach Aussage des Admirals James Lyons, der damals stellvertretender Chef der (US-)Seeoperationen war, den iranischen Botschafter im Libanon angezapft. Admiral Lyons berichtete Jeff Stein, "dass der iranische Botschafter von seinem Außenminister angewiesen wurde, verschiedene (Terror-)Gruppen auf US-Personen im Libanon anzusetzen, vor allem aber eine "spektakuläre Aktion" gegen die Marines durchzuführen.

Stein schreibt, dass Lyons "Mousavi auch für den 1988 in Neapel, Italien, durchgeführten Autobomben-Anschlag auf das Flottenkommando der US-Navy verantwortlich gemacht hat".

Bob Baer, der damals als CIA-Offizier für den Mittleren Osten zuständig war, hat erklärt, dass Mousavi "direkte Anweisungen an Imad Mughniyah gab", an die Person, die für beide Anschläge verantwortlich zeichnete.

Alle diese Fakten sind aus der Erinnerung verschwunden. Die US-Medien und die Regierung haben Mousavi, den blutigen Schlächter von US-Soldaten, in den Möchtegern-Befreier verwandelt, der die Theokratie (die Herrschaft der Ayatollahs) im Iran beseitigen will.

Nur in den Vereinigten Staaten und in der Bevölkerung des (fiktiven) Staates Oceania, die George Orwell in seinem prophetischem Buch "1984" beschriebenen hat, ist eine derartige Ignoranz bei den Bürgern zu finden.

Jeden Tag sehen wir in Amerika, alias Oceania, die Macht der drei Slogans des Großen Bruders wachsen: KRIEG BEDEUTET FRIEDEN, FREIHEIT IST SKLAVEREI, IGNORANZ IST STÄRKE. (Im Original heißt der Große Bruder Big Brother und die drei Slogans lauten: WAR IS PEACE, FREEDOM IS SLAVERY, IGNORANCE IS STRENGTH.)

Nur die Ignoranz macht es möglich, aus Mousavi, einem Terroristen und Feind Amerikas, einen Helden zu kreieren.

Wir haben die Freiheit, durch ständiges Ausspionieren geschützt zu werden, und sind nicht länger dadurch gefährdet, dass dem Großen Bruder aus Rücksicht auf unsere Privatsphäre ein geplanter Terroranschlag entgeht. Dieses von Terroristen Befreitsein geht über in die Sklaverei einer endlosen Inhaftierung ohne nachgewiesene Vergehen. Habeas Corpus (der Grundsatz, dass ein Verdächtigter nur auf richterliche Anordnung eingesperrt werden darf) steht im Widerspruch zur (Orwellschen) Freiheit, weil wir bei dessen Beachtung nicht vor Terroristen geschützt werden können.

Am 23. Juni 2009 hat der Große Bruder Obama, der Tradition der Großen Brüder Bush und Cheney folgend, erklärt, dass Oceania und "die ganze Welt" entsetzt und empört darüber sind, dass der Iran Proteste, die durch Einmischung Oceanias in die iranische Wahl inszeniert wurden, mit Gewalt unterdrückt. Währenddessen setzt Oceania seine Kriege im Irak, in Afghanistan und in Pakistan fort und unterdrückt westlich und östlich des Irans Menschen, während es sich darauf vorbereitet, auch dem Iran "Frieden" zu bringen. Über diese (von den USA ausgehende) Gewalt regt sich niemand auf. Krieg bedeutet (in den genannten Fällen) Frieden. Wer keinen Krieg führt, kann keinen Frieden bringen. Frieden kehrt erst dann ein, wenn der Große Bruder seine Vorherrschaft über alle Länder ausgedehnt hat, die noch nicht begriffen haben, dass Krieg Frieden bedeutet, Freiheit nur in der Sklaverei herrscht und Ignoranz stark macht.

"Das Gesicht des Großen Bruders schien für mehrere Sekunden auf dem Bildschirm eingebrannt zu sein, so als sei der Eindruck, den es in den Augäpfeln der Zuschauer hervorgerufen hatte, zu wirkungsvoll gewesen, um sofort wieder zu verblassen. Die kleine Frau mit den sandfarbenen Haaren hatte sich nach vorn über die Lehne des vor ihr stehenden Stuhls geworfen. Mit bebender Stimme murmelte sie etwas, das wie "Mein Erlöser!" klang und streckte ihre Arme nach dem Bildschirm aus.

In gleichen Moment stimmte die ganze Menschengruppe einen inbrünstigen, langsamen, rhythmischen Singsang an. "Großer Bruder, Großer Bruder, Großer Bruder!", riefen sie immer wieder, sehr langsam, mit einer langen Pause zwischen dem ersten Wort mit dem G und dem zweiten mit dem B - ein anschwellendes Gemurmel, das seltsam urtümlich klang; aus dem Hintergrund kamen Geräusche, die sich wie das Stampfen nackter Füße zu dumpfen Trommelschlägen anhörten. Das dauerte etwa dreißig Sekunden lang an. Es war der Refrain, der häufig nach Augenblicken voller überwältigender Emotionen ertönte. Zum Teil war es eine Art Hymne auf die Weisheit und Erhabenheit des Großen Bruders, vor allem aber ein Akt der Selbsthypnose, eine absichtlich herbeigeführte Betäubung des Bewusstseins durch rhythmischen Lärm." (Das obige Zitat stammt aus George Orwells Buch "1984".)

Die Betäubung des Bewusstseins durch rhythmischen Lärm ist genau das, was das Wahrheitsministerium in Oceania erzeugen will.

Wie lange werden die Amerikaner noch brauchen, bis auch sie glauben, dass Zweifel an (ihrem) Großen Bruder und seinem Wahrheitsministerium Gedankenverbrechen sind. (In Orwells Oceania lässt das Wahrheitsministerium durch seine Gedankenpolizei alle Menschen aufspüren, die Gedankenverbrechen begehen, also andere als die erwünschten Meinungen haben könnten.)

"Ob er ‘Nieder mit dem Großen Bruder!’ aufschrieb oder es unterließ, machte keinen Unterschied. Die Gedankenpolizei würde ihn auf jeden Fall aufspüren. Er hatte das schwerste Verbrechen begangen, das alle anderen Verbrechen einschloss: Sie nannten es das Gedankenverbrechen." (Zitat aus "1984")

Die Neokonservativen haben in Amerika Komitees zur Aufspürung von Gedankenverbrechen geschaffen, um Professoren überwachen zu lassen. Akademiker, die von der Linie der Neokonservativen abweichen oder sie anzweifeln, werden angeschwärzt und in Kampagnen verunglimpft. Sami Al-Arian, ein Professor für Computer-Wissenschaft an der Florida University, wurde vom US-Justizministerium (!) aus seinem Amt vertrieben, weil er Partei für die Palästinenser ergriffen hatte.

Die Operation der Neokonservativen zum Ausspionieren der Akademiker wird von Dennis C. Blair, dem Direktor über alle US-Geheimdienste, unterstützt. Am 23. Juni hat David Price im CounterPunch darüber berichtet, dass Blair Pläne für ein Programm angekündigt hat, mit dem Geheimdienst-Agenten, deren Identitäten und Aktivitäten den Professoren und Administratoren verborgen bleiben, für die verdeckte Überwachung von Lehrveranstaltungen in Universitäten ausgebildet werden sollen.Siehe  It’s Obama’s War and It’s Going Very Badly .

Das erinnert stark an Orwell. Unabhängiges Denken in den Universitäten könnte sehr schnell zu einem schweren Gedankenverbrechen werden. Winston Smith war (in Orwells Roman) der einzige Untertan des Großen Bruders, der noch unabhängig denken konnte. Seine Fähigkeit zu unabhängigem Denken wurde entdeckt und unterbunden.

Täglich können wir erleben, dass unabhängiges Denken in den Medien schon nicht mehr vorhanden ist. Auch in den Universitäten, in denen Karrieren von Regierungs-Stipendien abhängen, ist das unabhängige Denken schon halb tot. In den Think Tanks (Denkfabriken) hat unabhängiges Denken nie existiert, weil sie den Interessen ihrer Geldgeber dienen müssen. Unabhängiges Denken entwickelt sich in den Vereinigten Staaten mehr und mehr zu einer antiamerikanischen Handlung, die ihrerseits schnell als terroristische Aktivität angesehen werden könnte.

Mit Neusprech (der Orwellschen Umdefinierung von Begriffen) lässt sich der Bedeutungswandel ohne besondere Anstrengungen bewältigen. Die jüngeren Generationen, die unter dem neuen System geboren werden, kennen den Unterschied nicht mehr und müssen deshalb auch nicht mehr ruhig gestellt werden. Wenn die älteren Generationen erst einmal zur Räson gebracht sind, ist Wahrheit nur noch das, was der Große Bruder sagt.George Orwells bereits 1949 veröffentlichtes Buch "Nineteen Eighty-Four" wurde bisher meist als Beschreibung eines totalitären kommunistischen Staates gedeutet. Paul Craig Roberts stellt nun aber in den USA Tendenzen fest, die in die von Orwell beschriebene Richtung führen.

Quelle: LUFTPOST vom 19.06.2009. Originalartikel: Ignorance is Strength . Übersetzung: LUFTPOST.

Fußnoten

Veröffentlicht am

01. Juli 2009

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