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Die Palästinenser benötigen echte Hilfe, nicht Barmherzigkeit

Von Ajaz Zaka Syed

 

Dies ist eine seltsame Welt. All jene, die herumstanden und starrten, während Israel den Gazastreifen drei Wochen lang beschoss und bombardierte, kamen nun zusammen, um ihn jetzt anscheinend wieder aufzubauen. Vom UN-Chef Ban ki Moon bis zum sog. Nahost-Quartett-Botschafter Tony Blair bis zur neuen US-Außenministerin Hillary Clinton, alle globalen "Aktivisten" kamen zur internationalen Geberkonferenz in Sharm-el-Sheikh, in Ägypten. Natürlich war die Hamas nicht eingeladen. Wie kann man denn Terroristen einladen? Aber die Palästinenser haben sie doch gewählt und sie kontrollieren den Gazastreifen?

Beim Sharm-El-Sheikh-Treffen sprach jeder über den Wiederaufbau und die Verpflichtung einer Milliardenhilfe für Gaza. Die arabischen Staaten kommen mit einer $1,65 Milliardenhilfe, Saudi-Arabien übernahm eine Milliarden-Verpflichtung. Die EU beteiligt sich mit 436 Mill. Euro. Und die mächtigen USA enttäuschen mit $ 900 Millionen auch nicht, von denen 300 Millionen gleich für dringende Hilfe gezahlt werden soll. Alles in allem wurden $ 5,2 Milliarden versprochen, um den Gazastreifen wieder aufzubauen.

All das klingt natürlich sehr nobel. Es geht einem tatsächlich zu Herzen, wie die internationale Gemeinschaft auf den Ruf der UN reagiert, um Gaza wieder aufzubauen und einem Volk zu helfen, das eine der tödlichsten Bombardierungskampagnen gegen eine eingesperrte und belagerte Bevölkerung überlebt hat.

Das US-Kongressmitglied Keith Ellison, das vor kurzem mit dem früheren Präsidentenkandidaten John Kerry den Gazastreifen besucht hatte, sagte: "Was Israel dem Gazastreifen angetan hat, ist Zerstörung, jenseits jeder Beschreibung."

Ich bin also fast zu Tränen gerührt, wie die Weltgemeinschaft mit überwältigender menschlicher Freundlichkeit zu helfen bereit ist. Ich mag diese Euphorie und den Augenblick des Sich-Wohlfühlens der zivilisierten Welt nicht verderben. Aber wird all diese Hilfe unsere Schuld und unsere Sünden gegenüber dem Volk von Gaza wegwaschen? Ich glaube nicht.

Viele von denen, die jetzt dem Gazastreifen den Wiederaufbau anbieten, haben weggesehen, als die Gazaer während des Bombardements, das direkt nach Weihnachten begann, um Hilfe schrien. 22 Tage lang machten die israelischen Kampfflugzeuge und Panzer den ganzen Gazastreifen zu einem Übungsfeld für alle Arten von geächteten und verbotenen Waffen gegen die Zivilbevölkerung. Und die Welt stand daneben und schaute zu. Mehr als 1.300 Menschen wurden bei dem Gaza-Gemetzel getötet, davon sind fast 500 Kinder.

All die angebotene internationale Hilfe ist mehr als willkommen. Und ehrenhafte Weltführer hielten wunderbare Reden in Sharm El-Sheikh. Aber wird all diese Barmherzigkeit denen das Leben zurückbringen, die es verloren haben? Wird es den Kindern und ihren Eltern das Lächeln zurückbringen?

 

Ich kann die fünf jungen Schwestern nicht vergessen, die in Beit Hanoun getötet wurden, als Israel die Moschee neben ihrer mit Asbest gedeckten Hütte bombardierte. Sie sahen wie Engel aus, die noch im Todesschlaf lächelten.

Die Ergebnisse, die die britische medizinische Zeitschrift Lancet im letzten Monat veröffentlichte, enthüllen größere Brutalitäten als sie irgendwelche Fernseh- oder Printmedien zeigen konnten.

Nach den britischen Ärzten Dr. Ghassan Abu Sitta und Dr. Swee Ang, die es irgendwie fertig brachten, während des Krieges in den Gazastreifen hineinzukommen, besteht große Wahrscheinlichkeit, dass die Israelis nicht nur den geächteten weißen Phosphor gegen die total hilflose Bevölkerung anwandten, sondern noch etwas anderes, das eine massive Lebernekrose bei vielen Palästinensern auslöste, die nicht allein von weißem Phosphor herrühren konnte.

Das Ärzte-Duo fand offensichtlich Wolfram DIME, das Gliedmaßen von Personen ohne Blutungen abtrennt. Es wurden auch Waffen ausprobiert wie die geräuschlosen Bomben, die jeden und alles in ihrer Nähe pulverisierten. Die Auswirkungen all dieser tödlichen Chemikalien und Substanzen werden die Überlebenden - falls sie überleben - noch jahrelang verfolgen.

All dies tauchte auf der Gaza-Geberkonferenz natürlich nicht auf. Aber gibt es auf dem Planeten denn kein Podium, wo diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht in Angriff genommen werden können? Wie lange dauert es denn noch, dass Israel mit Mord weiter unbehelligt davon kommen kann?

All dieser Wiederaufbau und die Hilfsaktionen im Gazastreifen verdienen die Unterstützung von jedem. Aber warum erlaubt die Welt Israel, die palästinensischen Häuser und Städte zuerst zu zerstören? Warum tat sie nicht mehr, um die israelischen Brutalitäten zu stoppen?

Jedes Mal wenn ein Gaza-ähnliches Verbrechen stattfindet, fangen die unverwüstlichen Palästinenser wieder von vorne an und bauen ihre Häuser, Städte und ihr Leben wieder auf. Und jedes Mal zerstören die Israelis alles von neuem, indem sie alle ihre Bemühungen und kostbaren Ressourcen zunichte machen und sie in einem ewigen Teufelskreis festhalten, der nicht endet. Warum können die Mächte, die für diese Region und die Welt zuständig sind, nicht Israel in seine Schranken weisen?

Denn es geht nicht nur um die Zerstörung von Gaza oder die Hamas-Raketen, die Israel als Vorwand benützte, um die Palästinenser zu bombardieren - es geht um etwas anderes in diesem Konflikt.

Der im Zimmer befindliche Elefant, den keiner zu sehen behauptet, ist die israelische Besatzung des palästinensischen Landes und die fortgesetzte Verfolgung des Volkes.

Die USA, die EU und andere prahlen mit einer Milliarden Hilfe, aber bestehen darauf, dass diese nicht durch Hamas-Hände geht. Warum ? Weil Israel es sagt. Die durch Fatah geführte palästinensische Behörde von M. Abbas besteht darauf, dass das Geld nur über die PA-Behörde geht.

Wie soll das aber laufen, wenn die Hamas den Gazastreifen kontrolliert und Abu Mazen keinen Schritt aus der von Israel kontrollierten Westbank tun kann? Wer kümmert sich hier wirklich drum? Die Weltführer halten noch ein paar pathetische Reden mit hohlen Versprechungen …Wen kümmert es aber, ob es den Palästinensern wirklich zugute kommt?

Es ist die Heuchelei und moralische Feigheit der Weltgemeinschaft, die Israel ständig ermutigt und unterstützt, mit den Palästinensern das Katz-und-Maus-Spiel weiter zu spielen. Selbst als die Weltführer sich in Sharm-el-Sheikh über die Tugenden des Friedens und der Nächstenliebe ausließen, wurde ein neuer israelischer Plan mit weiteren 70.000 Häusern in der Westbank für jüdische Siedler vor ihnen ausgebreitet. Die Enthüllung durch Peace Now traf zufällig mit dem historischen Besuch der Außenministerin Clintons in Jerusalem … zusammen.

Selbst wenn die großzügigen Israelis damit einverstanden wären, dass ein "friedlicher und lebensfähiger palästinensischer Staat" entstehen soll, ist gar kein Land mehr für die Palästinenser übrig, um solch ein Utopia aufzubauen. Der zionistische Traum Groß-Israel zu schaffen, vom Fluss zum Fluss, vom Meer zum Meer ist schon fast Realität.

Wenn die Welt tatsächlich den Palästinensern helfen will, sollte sie über diese Wiederaufbauprojekte und frommen Friedensversprechen hinaus gehen. Es wird im Nahen Osten keinen Frieden geben, solange die israelische Besatzung weitergeht und Palästinenser Gefangene auf ihrem eigenen Land bleiben. Heute baut man Gaza auf - morgen wird Israel es wieder zerstören. Bevor man also den Frieden baut, sollte Israel auf den Frieden vorbereitet werden. Die Palästinenser brauchen nicht unsere Barmherzigkeit. Sie brauchen unsere Hilfe.

Übersetzung: Ellen Rohlfs

Veröffentlicht am

20. März 2009

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