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Versteckte Massenmörder in Acht und Bann

Das Verbot von Streumunition soll bald in Kraft treten

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Von Wolfgang Kötter

Möglichst viele Diplomaten wurden am 18.3. am UNO-Hauptsitz in New York erwartet, um die Konvention zum Verbot von Streumunition zu unterzeichnen.Siehe Verbannung eines Massenkillers . Das Abkommen ist der jüngste Abrüstungsvertrag und eines der größten Erfolge für die Internationale Kampagne gegen Streumunition ( Cluster Munition Coalition - CMC ). Denn es ächtet eine der heimtückischsten Waffen, die bis heute immer wieder Zivilisten auch noch lange nach Beendigung der Kämpfe tötet oder verstümmelt.

Der Vertrag verbietet die Anwendung und den Transfer von Streumunition, verpflichtet zur Vernichtung bestehender Arsenale und schließt die Räumung minenverseuchter Gebiete ebenso ein wie die Hilfe für betroffene Opfer. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, Streumunition nicht einzusetzen, zu entwickeln, zu produzieren, anzuschaffen, weiterzugeben oder zu lagern. Sämtliche vorhandene Streumunition muss innerhalb von acht Jahren zerstört werden und zwar so, dass keine gesundheitlichen Schäden auftreten und auch der Umweltschutz beachtet wird. Für Säumige kann die Frist allerdings verlängert werden. die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, verseuchte Gebiete von Blindgängern zu räumen, betroffene Länder zu unterstützen und den Opfern zu helfen. Das gilt für betroffene Einzelpersonen und auch ihre Familien. Sie erhalten medizinische Versorgung und physische Rehabilitation, Darüber hinaus aber auch finanzielle, wirtschaftliche und psychologische Unterstützung.

Heimtückische Massenmörder

Streumunition besteht aus Hunderten oder Tausenden kleiner Sprengkörper. Sie wird von Flugzeugen abgeworfen, kann aber auch mit Raketen oder Geschützen verschossen werden. Die mit Submunition gefüllten Mantelprojektile öffnen sich noch in der Luft und verbreiten bis zu 200 "Bomblets", deren Füllung wiederum aus Splittergeschossen oder Minen bestehen kann. Manche explodieren beim Aufprall auf gegnerische Panzer, Fahrzeuge oder auf den Erdboden, oft jedoch bleibt dies durch eine dichte Vegetation oder weichen Untergrund zunächst aus.

Streumunition, verteilt innerhalb kurzer Zeit enorme Mengen an Munition über Flächen von der Größe mehrerer Fußballfelder. Bei einer Blindgängerquote von bis zu 40 Prozent verwandelt sich Cluster-Munition dann zu Landminen, die ganze Landstriche verseuchen. Zuletzt wurden Streubomben im Kaukasuskonflikt des vergangenen Jahres und im Libanonkrieg Israels vom Sommer 2006 eingesetzt. Dort starben seither mindestens 200 Menschen durch Blindgänger.

Die Waffenproduzenten fürchten seit dem Verbot um Ihre Profite und versuchen Schwachstellen des Verbots auszunutzen. So sind bestimmte Arten von High-Tech-Munition vom Verbot ausgenommen, z.B. Punktzielmunition und mit elektronischen Selbstzerstörungsmechanismen ausgerüstete Streuminen. Ebenso ist die Entwicklung und Produktion neuer Bombentypen nicht ausgeschlossen.

Auch deutsche Unternehmen wie Diehl oder Rheinmetall machen mit Waffenverkauf und Export große Profite. Gemeinsam mit der Firma Heckler & Koch produzieren sie beispielsweise das millionenfach in alle Welt exportierte G-3-Gewehr. Wenn es ums Geld geht, sind die Rüstungsprofiteure nicht zimperlich. So ging Waffenproduzent Werner Diehl gerichtlich gegen den Regensburger Journalisten Stefan Aigner vor, weil dieser die von der Firma Diehl hergestellte Streumunition "Smart 155" als "Streumunition" bezeichnete Siehe Intelligente Streumunition streut nicht - basta! . Das Rüstungsunternehmen berief sich in seiner Klage auf die im Oslo-Abkommen genannten Ausnahmen. Das Landgericht München entschied in Form eines Vergleichs: Der Journalist darf die Behauptung, es handle sich um Streumunition, nicht mehr wiederholen, dafür zog Diehl seine Klage zurück.

Unterzeichnen und ratifizieren

95 Staaten unterzeichneten die KonventionSiehe Übereinkommen über Streumunition . am 3. Dezember vergangenen Jahres in Oslo, vier haben sie bisher ratifiziert. Zum Inkrafttreten fehlen aber noch 26 weitere. Um diesen Prozess zu beschleunigen, hat das UN-Sekretariat an die Ständigen Vertretungen aller 192 Mitgliedstaaten in Manhattan Einladungen verschickt. Im Konferenzraum 3 werden sie von UN-Mitarbeiter und CMC-Aktivisten über Inhalt und Umsetzung des Vertrages informiert, außerdem können sie die Konvention unterschreiben oder auch die Ratifikationsurkunde hinterlegenSiehe Einladungen des UN-Sekretariats an die Ständigen Vertretungen aller 192 Mitgliedsstaaten .. Mancher, der bisher noch zögerte, mag durch die jüngste Entwicklung im Gastgeberland USA ermutigt werden, das bisher wie auch Russland, China, Israel, Indien und Pakistan dem Vertrag nicht beigetreten ist.

Wende in der US-Politik

Präsident Barack Obama unterzeichnete vor wenigen Tagen ein Gesetz, das im Anhang den Export von Streubomben weitgehend verbietet. Nach der neuen Regelung ist die Ausfuhr nur noch bei einer Fehlerrate von weniger als einem Prozent gestattet. Diese Quote erfüllt kaum eine in den USA hergestellte Streubombe. Verboten wird der Export auch, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass sie bei einem Einsatz Zivilisten treffen könnten. Das bedeutet nahezu ein völliges Ausfuhrverbot, denn wenn Streumunition verschossen wird, ist es praktisch unmöglich, am Einsatzort zwischen Soldaten und Zivilisten zu unterscheiden.

Menschenrechtsgruppen wie Human Rights Watch (HRW) und die Anti-Landminen-Kampagne begrüßten Obamas Entscheidung, fordern aber weiterhin ein generelles Verbot. In den vergangenen Jahren hatten die USA mindestens 28 Länder mit Hunderttausenden Streubomben beliefert. Der jetzt verabschiedete Gesetzanhang enthält keine Einschränkung des Streubombeneinsatzes durch die USA selbst. Die bisherigen Bestimmungen verpflichten das Pentagon lediglich, Munition mit einer Blindgänger-Quote von über einem Prozent außer Dienst zu nehmen, räumen ihnen dafür aber eine Übergangsfrist bis 2018 ein. Obama hatte im Wahlkampf erklärt, er werde diese Frage im Falle seines Wahlsieges "sorgfältig prüfen". Die demokratischen Senatoren Dianne Feinstein und Patrick Leahy wollen nun erreichen, dass den US-Streitkräften der Einsatz dieser umstrittenen Waffen dauerhaft untersagt wird.

Dieser Artikel ist in einer gekürzten Fassung in der Freitag vom18.03.2009 erschienen.

Fußnoten

Veröffentlicht am

19. März 2009

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