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Mit Polizei und Justiz gegen die Opposition: Absurdes Hammer-Urteil in München gegen Europaabgeordneten Tobias Pflüger

Tobias Pflüger soll 60 Tagessätze á 200 Euro - 12.000 Euro! - für angebliche Beleidigung während der Proteste gegen die Münchner Sicherheitskonferenz 2005 (!) zahlen. Polizisten präsentieren eine realitätsferne und anscheinend untereinander abgesprochene Geschichte, verwickeln sich trotzdem während des Prozesses in offensichtliche Widersprüche - doch für die Richterin war alles glaubwürdig… Pflüger geht in Berufung.

Am gestrigen Montag, 2. März, fand vor dem Amtsgericht München / Strafgericht ein Prozess gegen den Europaabgeordneten der LINKEN Tobias Pflüger statt. Drei Polizisten werfen ihm Beleidigung vor. Die Polizisten hatten den Europaabgeordnete daran gehindert, Zugang zu einem brutal Festgenommenen zu bekommen. Auch gaben sie keine Informationen über den Festnahmevorgang heraus.

Anscheinend weil Tobias Pflüger ankündigte, sie wegen Rechtsbeugung anzuzeigen, initiierten die Polizisten eine Anzeige gegen ihn. Eine Beleidigung ist von Seiten von Tobias Pflüger allerdings nicht gefallen. Die angeblich gefallenen Worte "Arschloch", "Arschkopf" sind frei erfunden. Pflüger kannte den Begriff "Arschkopf" bis dahin im Übrigen nicht.

Die Anfangs erhobenen abwegigen Vorwürfe der Körperverletzung und der verweigerten Ausweisung als Europaparlamentarier werden nicht mehr verfolgt. Das sollte bereits ausreichen, um die Seriosität der Aussagen der Polizisten in Frage zu stellen. Doch darüber hinaus dienten diese Vorwürfe wohl lediglich dazu, eine Aufhebung der Immunität durch das Europäische Parlament zu erreichen. Das Europäische Parlament hatte die Immunität in einem fragwürdigen Verfahren aber insbesondere wegen des absurden Vorwurfs der Körperverletzung mehrheitlich mit einer breiten Koalition von Grünen bis Rechtsextremen aufgehoben.Siehe "Skandal! Immunität des Europaabgeordneten Tobias Pflüger aufgehoben" .

Durch den Ablauf der Geschehnisse lässt sich genau nachweisen, dass der Vorwurf der Körperverletzung von der Staatsanwaltschaft erneut überprüft wurde, allerdings die Entscheidung, ihn de facto fallen zu lassen, erst mitgeteilt wurde, nachdem die Immunität aufgehoben war.

Nach Befragung durch Tobias Pflügers Anwältin Angelika Lex waren die Widersprüche und Absprachen der Polizisten offensichtlich, doch die Richterin fand trotzdem alles glaubwürdig.

Aus den Aussagen der Polizisten ergab sich weiterhin, dass die übergeordneten Behörden (genannt wurde die Bezirksregierung Düsseldorf) bei der Erstellung der Anzeige eines der Polizisten Michaelis behilflich waren. Dies gibt dem Verfahren eine weitere politische Dimension. Die Polizisten schrieben ihre Texte voneinander ab.

Dies war bereits das vierte Ermittlungsverfahren (1999, 2003, 2004, 2005) der Staatsanwaltschaft München I gegen Pflüger anlässlich der Beteiligung an Protesten gegen die Münchener Sicherheitskonferenz. Ein Gericht in Tübingen sprach den Friedensaktivisten wegen des Aufrufs zur Desertion 1999 frei. Das Verfahren 2003 wurde eingestellt, und für die brutale Festnahme im Jahr 2004 hat sich die Polizei später bei dem Europaparlamentarier entschuldigt.

Weder die Staatsanwaltschaft (Frau Lux) noch die Richterin (Frau Birkhofer-Hoffmann) waren bereit, den politischen Kontext des Verfahrens ernsthaft zu würdigen und etwa die Möglichkeit unlauterer Gründe der Polizisten zu bedenken, sondern sie schenkten den Polizisten uneingeschränktes Vertrauen. In ihren Augen liegt es bei Pflüger, den Vorwurf der Beleidigung zu entkräften. Diese Umkehr der Beweislast kann unmöglich beibehalten werden.

Leider ist dieser Fall nur einer unter vielen, die zeigen, wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland wie auch in der EU immer weiter ausgehöhlt wird. Die Versuche, das bayrische und baden-württembergische Versammlungsgesetz zu verschärfen, sind weitere Beispiele. Gerade deswegen gehen die Kämpfe für die demokratischen Rechte weiter, die Tobias Pflüger ebenso unterstützt wie die bereits jetzt mit Einschränkungen und Stigmatisierung durch staatliche Behörden konfrontierten Proteste gegen den NATO-Gipfel zum 60. Jahrestag in Strasbourg, Kehl und Baden-Baden im April.

"Wir werden gegen dieses absurde Hammer-Urteil natürlich Berufung einlegen", so Tobias Pflüger, Europaabgeordneter der LINKEN und frisch wiedergewählter Kandidat der LINKEN für die Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2009.

Quelle:  Tobias Pflüger - Pressemitteilung 2009/006, 03.03.2009

Fußnoten

Veröffentlicht am

03. März 2009

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