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USA-Russland: Nun reden sie wieder

Für April haben sich Präsident Obama und Außenministerin Clinton in Moskau angesagt. Das ist bitter nötig, sonst ist die nukleare Abrüstung endgültig passé.


Von Wolfgang Kötter

Mit der einseitigen Aufkündigung des ABM-Vertrages über strategische Abwehrwaffen im Jahr 2002 durch die Bush-Regierung wurde das Fundament der nuklearen Abrüstung erschüttert wie seit den Zeiten der Reagan-Administration und des SDI-Projektes zur Militarisierung des Weltraums nicht mehr. Sollte es jetzt auch noch für den bis Ende 2009 auslaufenden START-I-Vertrag kein Nachfolge-Abkommen geben, bliebe vom Vertragswerk zur atomaren Rüstungsbegrenzung nicht viel mehr als ein Kartenhaus. Ein höchstgefährliches Rechtsvakuum wäre die Folge - eine schrankenlose Aufrüstung wohl auch.

Wer das Schlimmste verhindern will, muss sich auf zeitraubende und komplizierte Verhandlungen einlassen. Noch schwieriger aber wird es sein, eine gemeinsame Basis für die Zukunft des strategischen Kräfteverhältnisses zwischen beiden Atomwaffenmächten zu finden. Hier klafften die Positionen zuletzt weit auseinander. Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts fühlte sich Washington als alleiniger Sieger und strebte machttrunken nach militärischer Alleinherrschaft. Verbindliche Abrüstungsnormen erschienen da nur hinderlich. Die Russische Föderation - durch den Zerfall der Sowjetunion und die desolate Staatsführung Boris Jelzins geschwächt - bemühte sich weitgehend vergeblich, die militärstrategische Parität wenigsten vertraglich aufrechtzuerhalten.

Nun, da die USA weltpolitisch angeschlagen sind, und Russland wiedererstarkt ist, stehen beide Kontrahenten an einem Wendepunkt. Sie können entweder durch eine Neuauflage des ungebremsten Rüstungswettlaufs auf militärischen Sieg setzen oder aber am Verhandlungstisch neue Spielregeln für die Begrenzung und möglicherweise Abrüstung ihrer Atomarsenale aushandeln. Russland hat mehrfach signalisiert, es würde schon aus wirtschaftlichen und technologischen Gründen die zweite Option bevorzugen, allerdings nur auf gleicher Augenhöhe. Verstärkte Rüstungsanstrengungen in jüngster Zeit demonstrieren jedoch den Willen, sich andernfalls nicht ohne Gegenwehr geschlagen zu geben.

Sämtliche Atomwaffen abschaffen

Durch den Machtwechsel in den USA könnte sich jetzt ein Fenster der Möglichkeiten öffnen. Obama hatte immer wieder zu erkennen gegeben, letztendliches Ziel seiner Politik werde es sein, alle Atomwaffen abzuschaffen. Man werde zwar weiterhin nicht einseitig auf das Abschreckungspotential verzichten, aber in der Abrüstung eine führende Rolle einnehmen. Washington will schnell zur Sache kommen. Außenministerin Hillary Clinton kündigte bereits bei Amtsübernahme an, dass die Suche nach einer START-Nachfolgelösung ganz oben auf ihrer Tagesordnung steht: "Wir haben vor, einen Unterhändler zu ernennen, damit wir die Verhandlungen unverzüglich aufnehmen können."

In einem Nachfolgevertrag soll deshalb die Zahl der aktiven strategischen Atomwaffen vorfristig auf die im Moskauer SORT-Vertrag von 2001 festgelegte Grenze von 1.700 bis 2.200 Sprengköpfen reduziert werden. Die Kontrollbestimmungen des START-Abkommens ließen sich in einem neuen Vertrag vereinfacht übernehmen. Das käme der russischen Forderung nach rechtsverbindlichen Inspektionen und Datenaustausch entgegen. Obama strebt nach eigenen Aussagen eine "echte und nachprüfbare" Reduktion an, was bedeutet, Sprengköpfe und Trägersysteme dauerhaft und überwacht unbrauchbar zu machen - und nicht wie im Moskauer Vertrag vorgesehen nur einzumotten. Insofern ist die desolate Situation, in der sich die nukleare Abrüstung derzeit befindet auch eine Chance für einen Neuanfang, der mit einer wirklichen Zäsur im Verhältnis USA - Russland korrespondieren sollte.

Quelle: FREITAG. Die Ost-West-Wochenzeitung vom 02.02.2009. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Wolfgang Kötter und des Verlags.

Veröffentlicht am

05. Februar 2009

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