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Troy Davis - die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes der USA

Von Amy Goodman - 27.09.2008, Truthdig / ZNet

Am letzten Dienstag sollte Troy Anthony Davis durch die Giftspritze sterben. Zwei Stunden bevor der Bundesstaat Georgia ihn hinrichten wollte, verhängte das Oberste Gericht der USA einen Stopp bis Montag. Einige Zeit zuvor hatte das Oberste Gericht eine Anhörung zum Falle Davis für den 29. September akzeptiert. Der Bundesstaat Georgia allerdings hatte den Hinrichtungstermin 6 Tage vor dieser Anhörung angesetzt.

Davis wird vorgeworfen, 1989 den Polizisten (außer Dienst) Mark MacPhail in Savannah/Georgia getötet zu haben. Davis war einem Obdachlosen zu Hilfe gekommen, der auf einem Parkplatz mit einer Pistole verprügelt wurde. Er sei geflohen, als er die Waffe sah, gab Davis später an. Danach kam MacPhail, der nebenan als Sicherheitsbeamter arbeitete und mischte sich ein. Er wurde getötet. Davis ist Afro-Amerikaner. Er beharrte auf seiner Unschuld. Er wurde schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Seit Davis’ Verurteilung haben sieben der neun Nichtpolizisten unter den Zeugen ihre Aussagen widerrufen. Sie behaupten, sie seien bei ihren Aussagen von der Polizei unter Druck gesetzt und eingeschüchtert worden. Der Schritt, öffentlich zu widerrufen, könnte für sie schwerwiegende Konsequenzen haben. Die ehemaligen Zeugen könnten sogar ins Gefängnis kommen. Einige von ihnen identifizieren einen anderen Mann als den Schützen. Dieser Mann ist einer der (beiden) Zeugen, die nicht widerriefen.

Im Juli 2007 wurde der erste Hinrichtungstermin für Davis festgesetzt. Einen Tag vor der geplanten Exekution gewährte ihm das Begnadigungsgericht von Georgia (Georgia Pardons Board) 90 Tage Aufschub. Troy Davis’ Anwälte beantragten vor dem Obersten Gerichtshof von Georgia ein Wiederaufnahmeverfahren oder wenigstens eine Anhörung, um neue Beweismittel vorlegen zu können. Die Anträge wurden abgelehnt (mit 4 zu 3 Stimmen). In der Zwischenzeit entschied der Oberste Gerichtshof der USA grundsätzlich über die Hinrichtungsart ‘Giftspritze’ - ob es sich dabei um eine grausame und ungewöhnliche Strafe handle. (Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, sie dürfe angewendet werden).

Am Montag wird der Oberste Gerichtshof der USA darüber entscheiden, ob der Fall Troy Davis zugelassen wird. Im Falle einer Abweisung wird Davis sehr wahrscheinlich hingerichtet werdenAnmerkung d. Übersetzerin: Zu Troy Davis siehe auch den aktuellen Aktionsaufruf bei ZNet Deutschland: Stoppt die Hinrichtung von Troy Anthony Davis! ..

Zu denen, die für Troy Davis eintreten, gehört auch der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter. Er sagte: "Dieser Fall illustriert die tiefen Mängel bei Anwendung der Todesstrafe in diesem Land. Wenn man Troy Davis hinrichtet, ohne potentiell entlastendes Beweismaterial wirklich zu prüfen, riskiert man, einem unschuldigen Mann das Leben zu nehmen; dies wäre ein grobes Versagen der Justiz". Auch John Lewis, Kongressabgeordneter aus Georgia, unterstützt Davis. Ich sprach mit Lewis in Invesco Field/Denver - kurz vor Barrack Obamas Rede, mit der er seine Nominatur annahm. Es war genau 45 Jahre nach dem Marsch auf Washington und Dr. Martin Luther Kings Juniors Rede ‘I have a dream ‘.

Lewis erinnerte sich an jenen historischen Tag: "Damals, in Washington, waren wir 250.000, Schwarze und Weiße, Protestanten, Katholiken, Juden, Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, Reiche und Arme… In vielen Regionen des Südens konnten sich die Leute schlicht wegen ihrer Hautfarbe nicht in die Wahlregister eintragen lassen. Das haben wir geändert".

Diese Woche - vor dem Hintergrund der furchtbaren Situation von Troy Davis - sagte Lewis zu mir: "Trotz all unserer Fortschritte - als Nation und Volk - haben wir noch so einen weiten Weg vor uns. Die Narben und Flecken des Rassismus sind noch immer tief eingebettet in allen Ecken, in allen Aspekten der amerikanischen Gesellschaft". Ich wies darauf hin, dass auch Senator Obama ein Befürworter der Todesstrafe ist. Lewis sagte: "Es ist so beunruhigend. Wissen Sie… irgendwann auf diesem Weg müssen einige von uns den Mut aufbringen, zu sagen (ich selbst komme immer mehr an diesen Punkt), dass sie Menschen, die die Todesstrafe unterstützen, nicht guten Gewissens unterstützen können und dies auch nicht tun werden. Ich halte sie für barbarisch, sie steht für die Dunklen Zeiten… Ich glaube, weder als menschliche Wesen, noch als Nation, noch als Bundesstaat, haben wir das Recht, einer anderen Person das Leben zu nehmen. Das sollten wir dem Allmächtigen überlassen".

Die Todesstrafe ist eine brechreizerregende, rassistische Praxis. Laut dem Anwaltsfonds NAACP Legal Defense Fund sind von den mehr als 3.300 Menschen, die heute in den Todestrakten der USA einsitzen, 41% Afroamerikaner. Das entspricht mehr als dem Dreifachen des Anteils der Afroamerikaner an der Gesamtbevölkerung. Laut Death Penalty Information Center wurden seit 1973 130 Menschen entlastet/rehabilitiert - das heißt, Menschen, die fälschlicherweise zum Tode verurteilt worden waren. Diese Zahl bezieht sich auf 26 US-Bundesstaaten. Auf den Bundesstaat Georgia entfallen hierbei 5 rehabilitierte Todeskandidaten. Beweise sprechen dafür, dass mindestens 4 Unschuldige in den letzten Jahren hingerichtet wurden. Im Falle Troy Davis gibt es keine physischen Beweise (für dessen Schuld). Nach Bekanntgabe des Vollstreckungsaufschubs bat Davis seine Mutter, die Menschen aufzufordern, für die MacPhail-Familie zu beten und sich weiter dafür einzusetzen, dieses ungerechte System zu ändern. Er würde nicht so hart um sein Leben kämpfen, sagte Davis zu seiner Mutter, wenn er schuldig wäre. Im Falle Troy Davis gibt es "begründete Zweifel". Troy Davis verdient ein neues Verfahren.

Amy Goodman "hostet" die Sendung ‘Democracy Now!’ . Es handelt sich um eine internationale Fernseh- bzw. Radiosendung, die täglich über mehr als 700 Stationen in Nordamerika ausgestrahlt wird und stündlich Nachrichten sendet.

Quelle:  ZNet Deutschland   vom 26.09.2008. Originalartikel:  Troy Davis and the Supreme Decision . Übersetzt von: Andrea Noll.

Fußnoten

Veröffentlicht am

27. September 2008

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