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Die erfolgreichste Bürgerinitiative der Welt

10 Jahren Ottawa-Konvention gegen Anti-Personenminen


Von Wolfgang Kötter

Heute vor zehn Jahren, am 3.12.1997, feierte die Internationale Kampagne gegen Landminen ihren bisher größten Erfolg: Die Konvention zum Verbot von Anti-Personenminen wurde nach gut einem Jahr Verhandlungen in Kanadas Hauptstadt unterzeichnet und trat am 1. März 1999 in Kraft. Für ihr Engagement erhielten die Sprecherin Jody Williams und die gegenwärtig 1400 Organisationen in über 90 Ländern vereinende “International Campaign to Ban Landmines”   (ICBL) den Friedensnobelpreis.

Die Kampagne gilt als bislang erfolgreichste Bürgerinitiative der Welt, denn erstmals waren Nichtregierungsorganisationen bereits an der Ausarbeitung eines Völkerrechtsabkommens beteiligt und überwachen nun kritisch, dass es auch eingehalten wird. Niemals vorher war es gelungen, ein Tötungsinstrument zu verbieten, das überall in der Welt eingesetzt wird. Öffentlicher Druck hatte nicht nur das Zustandekommen der Vereinbarung tatkräftig unterstützt, sondern auch eine neue Form der internationalen Diplomatie kreiert. Trotz heftigen Widerstands mächtiger Gegner errangen mittlere und kleine Staaten im Bündnis mit der organisierten Zivilgesellschaft und außerhalb der etablierten Verhandlungsstrukturen einen aufsehenerregenden Sieg. Und schließlich gibt es zum ersten Mal ein Waffenverbot, das auch Abrüstungsbestimmungen und humanitäre Verpflichtung zur Opferhilfe enthält.

Mehr als ein Dutzend Chefs von Institutionen und Programmen der Vereinten Nationen, die an der Bewältigung der Minenplage mitarbeiten, würdigen das Erreichte zum Jubiläum ausdrücklich: “Der Anti-Minenvertrag ist ein Zeugnis dafür, was erreicht werden kann, wenn die internationale Gemeinschaft kollektiv daran arbeitet, schwierige humanitäre und Entwicklungsprobleme zu lösen”, loben die UNO-Politiker, darunter die Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation WHO, Margaret Chan, der UN-Minenkoordinator und Blauhelm-Chef Jean-Marie Guéhenno und Ann Veneman vom Kinderhilfswerk UNICEF.

Der Ottawa-Konvention gehören gegenwärtig 156 Staaten an, allerdings fehlen noch etwa 40 Staaten, darunter führende Minenbesitzer. Die Zahl der Hersteller von Anti-Personenminen ist aber drastisch zurückgegangen und der offizielle Handel gänzlich eingestellt worden. Vor zwei Wochen zogen die Vertragstaaten im jordanischen König-Hussein-Kongresszentrum am Toten Meer eine Zwischenbilanz. Gegenwärtig werden mehr Minen vernichtet und geräumt als neu verlegt, nur noch Russland und Myanmar setzen sich über internationale Proteste hinweg. Außerdem ist es gelungen, erhebliche wenn auch noch nicht ausreichende Mittel für die Minenräumung und Opferrehabilitation zur Verfügung zu stellen. Von den für das kommende Jahr benötigten 404 Mio. Dollar sind allerdings erst 10 Prozent bereitgestellt.

Laut ICBL-Angaben sank die Zahl der registrierten Opfer von Landminen und Blindgängern im vergangenen Jahr weltweit um 16 Prozent auf 5 751. Jedoch wird angenommen, dass die Dunkelziffer weit höher liegt, wahrscheinlich aber unterhalb von den in der Vergangenheit zu beklagenden 20.000 Toten und Verletzten pro Jahr. Allerdings stiegen in Pakistan, Birma und Somalia die Opferzahlen, ebenso wie im Libanon, wo sie sich als Folge des Krieges im Sommer 2006 sogar verzehnfachte. 75 Prozent aller Opfer sind Zivilisten, ein Drittel von ihnen Kinder. Weltweit identifiziert der kürzlich veröffentlichte “Landmine Monitor 2007” 473.000 Überlebende von Minenunfällen, die kontinuierlich versorgt und betreut werden müssen.

Obwohl ein großer Teil der vergrabenen Minen geborgen und fast 42 Millionen Minen vernichtet wurden, bleiben etwa 100 Millionen Explosionskörper und ebensoviel Restmunition zu räumen. Dem Monitor zufolge konnten seit 1999 weltweit über 2.000 km2 von Landminen und Blindgängern geräumt werden, das entspricht der Fläche Luxemburgs. Allein im vergangenen Jahr wurden mehr als 217.000 Anti-Personenminen, 18.000 Anti-Fahrzeugminen und 2,15 Mio. Blindgänger zerstört. Jedoch bleiben noch 200.000 km2 zu räumen, was in etwa die Fläche Weißrusslands ausmacht. Mindestens 14 Staaten, in denen laut Ottawa-Vertrag bis 2009 die Räumung von Landminen abgeschlossen sein sollte, werden dieses Ziel nicht erreichen.

Es bleibt also noch viel zu tun bis die Erde vollständig von Minen aller Art befreit ist, beim derzeitigen Tempo würde es noch 400 Jahre dauern. In den vergangenen Monaten signierten eine Million Menschen in Deutschland eine Petition für das Verbot von Landminen und Streumunition, das Aktionsbündnis Landmine.de übergibt sie heute an die Bundesregierung. Diese soll nun konstruktiv handeln, steht sie doch ohnehin in der Kritik, weil der Beitrag für Minenaktionsprogramme in diesem Jahr um ein Drittel auf 13,6 Mio. Euro verringert wurde.

Die Erfahrungen des Ottawa-Prozesses sollen jetzt genutzt werden, um das nächste Ziel zu erreichen: Ein umfassendes Verbot von Streumunition. Nach dem erfolgreichen Wirken der Zivilgesellschaft im “Ottawa-Prozess” könnte sich die Geschichte wiederholen. Gemeinsam mit abrüstungswilligen Staaten begannen Nichtregierungsorganisationen Anfang des Jahres in Norwegens Hauptstadt den “Oslo-Prozess”. Noch in dieser Woche werden die Verhandlungen für ein Verbot von Streumunition in Wien weitergeführt, und bereits im kommenden Jahr wollen die Teilnehmer einen Vertrag vorlegen.

Landmine.de   ist ein Aktionsbündnis von:

  • Bayerischer Landesverband des Katholischen Deutschen Frauenbundes e. V (KDFB),
  • Brot für die Welt,
  • Christoffel Blindenmission,
  • Deutsche Kommission Justitia et Pax,
  • Deutsche Welthungerhilfe,
  • Deutscher Caritasverband,
  • Diakonie Katastrophenhilfe,
  • EIRENE-International,
  • Handicap International,
  • Kindernothilfe,
  • Medico international,
  • Misereor,
  • OXFAM-Deutschland,
  • Pax Christi,
  • Solidaritätsdienst International (SODI),
  • terre des hommes,
  • UNICEF-Deutschland.

Die 5 Forderungen der Minengegner:

1. Ein weltweites Verbot der Entwicklung, der Produktion, des Exports (einschließlich des Technologietransfers) und des Einsatzes aller Landminentypen und minenähnlich wirkender Waffen (z.B. Streumunition).

2. Offenlegung aller Forschungsobjekte und Exporte, aller militärischer Einsatzplanungen und aller Lagerbestände von Minen und minenähnlich wirkenden Waffen, einschließlich solcher von Armeen auf ex-territorialem Boden.

3. Die nachweisbare Vernichtung aller existierenden Minen und minenähnlich wirkender Waffen.

4. Die Umwidmung der für die Entwicklung von Minen, minenähnlich wirkender Waffen und deren Verlegesysteme bereitgestellten Gelder zugunsten der Rehabilitation und Entschädigung von Opfern dieser Waffen.

5. Eine umfassende Unterstützung der weltweiten Minenräumung und Opferhilfe unter Aufsicht der UNO und der humanitären Hilfsorganisationen durch Finanzierung z.B. eines Fonds zur Räumung von Minen und Blindgängermunition.

Quelle: landmine.de

 

Die größten Minenbesitzer, die sich
der Ottawakonvention verweigern:

Land Menge (Mio)
China 110
Russland           
26,5
USA 10,4
Pakistan 6,0
Indien 4,5

Quelle: ICBL

13 Länder produzieren Anti-Personenminen, bzw. möchten sich das Recht auf eine mögliche Produktion nicht nehmen lassen: China, Indien, Iran, Kuba, Myanmar, Nord- und Südkorea, Nepal, Pakistan, Russland, Singapur, USA und Vietnam.

Quelle: Landmine.de

14 Staaten werden die vertragsgemäße Minenräumung bis 2009 nicht erreichen: Bosnien-Herzegowina, Großbritannien (Falklandinseln), Jemen, Kambodscha, Kroatien, Mosambique, Niger, Peru, Senegal, Simbabwe, Tadschikistan, Thailand Tschad und Venezuela.

Quelle: Landmine Monitor 2007

 


Veröffentlicht am

03. Dezember 2007

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