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Bericht vom 9. Tag der ‘Reise für Menschlichkeit und Verantwortung’

Von Cindy Sheehan - CommonDreams.org / ZNet 20.07.2007

Der tiefe Süden der USA war für mich eine immens interessante Erfahrung. Die Zustimmungsraten für George Bush sind auf Kongress-Niveau abgesackt, ebenso sinkt die Zustimmung für den Krieg. Unsere Botschaft stieß daher auf wenig Opposition - aber dort, wo wir auf Opposition stießen, war diese bösartig, gemein und potenziell gefährlich. In Houston/Texas, einem der aktiveren Königreiche der Kriegsgewinnler, trafen wir allerdings auf keinerlei Protest. Wir richteten uns auf einer Brücke über der Autobahn I-10 ein und hielten unsere Plakate hoch: ‘Amtsenthebung für Bush und Cheney’, ‘Soldaten ab in die Heimat - sofort!’. Wir bekamen fast zu hundert Prozent Zustimmung. Die Leute hielten ihre Autos an und applaudierten, manche machten sogar mit.

Unser nächster Halt war New Orleans, ein Ort, wo BushCos Politik unseren Brüdern und Schwestern nach wie vor Schaden zufügt. Verschiedene Administrationen kaufen Land in den Vierteln der armen aber hart arbeitenden Arbeiterklasse auf. Hier sollen Casinos und/oder teure Wohnungen entstehen. Wir trafen uns mit mehreren Graswurzelorganisationen, die Menschen mit Lebensmitteln versorgen und bei Job- und Wohnungssuche behilflich sind. Auch hier war nicht der Hauch einer Gegenstimmung für unsere Botschaft zu spüren. Die Menschen in New Orleans kennen die Gründe für ein potentielles Amtsenthebungsverfahren gegen BushCo nur zu gut.

Lustig wurde es erst, als wir nach Montgomery/Alabama kamen. Der dortige Sekretär der Republikanischen Partei ging mich sofort an. Seine Ignoranz wurde offensichtlich, als er sagte, er liebe George Bush - George habe “nichts” mit dem Krieg im Irak zu tun. Einige unserer ‘Veterans for Peace’ konfrontierten ihn direkt, warum er sich nicht selbst auf die Liste setzen lasse und in den Irak ziehe - wenn er dieses Gemetzel dort so gut fände. Er antwortete, er würde den Krieg “tapfer” unterstützen, indem er in Amerika bleibe und “Steuern zahle”. Die Begegnung mit diesem tapferen Patrioten wurde überall in den Kabelnachrichten gesendet. Wahrscheinlich wird mich jetzt jeder wichtigtuerische Republikaner mit schlechtem Toupé anhauen, nur, um 15 Minuten im Rampenlicht zu stehen.

In Montgomery traf unsere Reisekolonne auf viele nette Leute, die, wie wir, für ein Amtsenthebungsverfahren und für eine Ende des Krieges sind. Aber wir stolperten auch über ein paar, die aus ganz anderen Gründen über BushCo enttäuscht sind. In einer wunderschönen, von Magnolienbäumen gesäumten Straße war unsere Gruppe zur Kaffeepause eingeladen. Vor einem der Häuser hing ein Schild, auf dem stand: ‘Give War A Chance’ (Gebt dem Krieg eine Chance). Der Hausherr - Vater von fünf Kindern - sagte, er halte George Bush für eine Pu..i. Wäre er selbst Präsident, er würde den gesamten Mittleren Osten mit Hilfe von Atombomben “ausradieren”. Eine seiner Töchter ist im wehrfähigen Alter. Der Vater sagte, er wäre stolz, sollte sie sich entschließen, in den Irak zu gehen, und er würde sich extrem freuen, sollte sie dort einige “bestätigte Tötungen” zustande bringen.

Ein anderer Gentleman, der die Straße entlang fuhr, konnte nicht verstehen, warum wir uns aufregen. Amerika hatte doch auch einen “Bürgerkrieg”. Warum sollte der Irak “keinen haben?”

Nach diesem Besuch hatten wir alle das Bedürfnis, uns gründlich zu desinfizieren.

Wir besuchten die ‘School of the Assasins’ in Columbus/Georgia, und wir besuchten Charlotte im Staate New York. Beides Mal hatten wir dasselbe Problem: Die Polizei vor Ort schien die Gewalt anzuheizen. An beiden Orten war die neonazistische, faschistoide, Prokriegs-Gruppe ‘Gathering of Eagles’ (Versammlung der Adler) zur Stelle. Meistens versuchte sie uns - durch Einschüchterungen - von unserer Mission abzubringen. In Fort Benning hatte die Polizei die Gruppe von uns ferngehalten - nachdem wir uns beschwert hatten -, aber hier in Charlotte verweigerte sich die Polizei und zwar mit dem Argument, die ‘Adler’ hätten ein Recht auf “freie Meinungsäußerung”. Was die ‘Adler’ unter freier Meinungsäußerung verstanden, waren Drohungen mit körperlicher Gewalt gegen meine Person und reale physische Gewalt gegen Kinder und Frauen. Wir teilten das der Polizei von Charlotte mit. Diese antwortete, sie könnte die ‘Adler’ nicht von uns trennen, solange diese nicht wirklich etwas täten. Daher beschloss ich, nicht am Marsch (in Charlotte) teilzunehmen. Ich wollte nicht, dass jemand meinetwegen durch diese Leute verletzt wird. Freie Meinungsäußerung ist die eine Seite, aber ich glaube nicht, dass der Erste Verfassungszusatz (First Amendment) dazu gedacht ist, gewalttätige Formen der Meinungsäußerung zu schützen. Vor allem glaube ich nicht, dass dieser Schutz für Neokons und deren Unterstützer in den Medien gilt, die nach noch mehr Gewalt im Mittleren Osten rufen. Nichts in oder an unserer Bewegung ruft zur Gewalt auf oder unterstützt sie. Es wäre schön, wenn das Polizeidepartment von Charlotte das Recht auf Freie Meinungsäußerung (First Amendment) aller Menschen schützen würde - und nicht nur das der Leute, mit denen das Department übereinstimmt. In Charlotte stieß Carlos Arredondo zu uns - er ist Vater und Mitglied bei ‘Gold Star Families for Peace’. Er machte deutlich, welche persönlichen Kosten ein Krieg mit sich bringt. Für “die kreisenden Hühnergeier” (Chickenhawks) ist das nicht im Geringsten von Interesse. Im Grunde - so unsere Meinung -, sind sie es, die das Gedenken an unsere Kinder und an die Gefallenen von Nam entehren, indem sie einen ähnlichen Sumpf wie damals in Vietnam unterstützen.

Dem Krieg eine Chance geben - so war es in der gesamten Menschheitsgeschichte, ich glaube, dem Krieg wurde stets eine Chance eingeräumt. Funktioniert hat es nie. Es hat ihn nie gegeben, den ‘Krieg, der alle Kriege beendet’. Egal, was BushCo plappert, man kann Frieden nicht gewaltsam verbreiten - und man kann mit M-16-Gewehren keinem Volk die Demokratie aufzwingen. Die Demokraten im Kongress sind emsig bemüht, zu vernebeln… beziehungsweise Knöchelchen in die Luft zu werfen… sie fabrizieren bedeutungslose Gesetzesvorlagen für die “Antikriegs”-Linke innerhalb der Demokraten. Zuvor haben diese Demokraten George weitere 120 Milliarden Dollar gegeben, um diese Aggressionskriege weiter zu führen und womöglich in den Iran einzumarschieren.

John Lennon ist eines meiner Friedensidole. Er sagte: ‘Give Peace A Chance’.

Mehr Informationen über die ‘Journey for Humanity and Accountability’ und eine Möglichkeit zu spenden oder sich an unseren Unkosten zu beteiligen, finden Sie unter www.thecampcaseypeaceinstitute.org .

Cindy Sheehan ist die Mutter von Spc. Casey Austin Sheehan, der am 04. 04. 2004 im Irak getötet wurde. Sie ist Mitinitiatorin und Präsidentin der Organisation ’ Gold Star Families For Peace’ . Sie ist Verfasserin zweier Bücher (‘Not One More Mother’s Child’ und ‘Dear President Bush’) und hat weitere Bücher mit Ko-Autoren herausgebracht.

Quelle: ZNet Deutschland   vom 23.07.2007. Übersetzt von: Andrea Noll. Orginalartikel: “Give War A Chance” .

Veröffentlicht am

23. Juli 2007

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