Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

Ihre Spende ermöglicht unser Engagement

Spendenkonto:
Bank: GLS Bank eG
IBAN:
DE36 4306 0967 8023 3348 00
BIC: GENODEM1GLS
 

Norman Solomons neuer Film: Opposition gegen den Krieg leicht gemacht

Von David Swanson - After Downing Street / ZNet 11.06.2007

Der neue Film ‘War Made Easy: How Presidents and Pundits Keep Spinning Us to Death’ erleichtert uns das Argumentieren gegen den Krieg. Wenn Sie mit anderen über das Thema Krieg diskutieren, können Sie sich auf viele Argumente berufen, die in diesem Film klar zum Ausdruck kommen - oder noch besser, Sie überzeugen Kriegsbefürworter, sich ‘War Made Easy…’ anzusehen. Am besten wäre allerdings, alle Amerikaner würden Solomons gleichnamiges Buch, auf dem der Film basiert, lesen.

Solomons Buch ist äußerst tiefschürfend. Der Film fügt noch einiges hinzu, so dass er auch für Leute interessant ist, die das Buch bereits kennen. Brillant gemacht, zeigt uns der Film auf erstaunliche Weise, wie zahllose amerikanische Präsidenten ein- und derselben Linie folgten, um ihre verwerflichen Kriege (auch die Verwerflichkeit ist eine Parallele) zu rechtfertigen. Ebenso erstaunlich ist, wie bei jedem neuen Krieg im Grunde immer der gleiche propagandistische ‘Spin’ in den Medien ablief. Zwar wurde das Filmmaterial (mit der Zeit) besser, aber die empörende Brutalität und der Betrug blieben gleich.

Wir neigen dazu anzunehmen, dass es mit den Medien erst in den letzten Jahren drastisch bergab ging. Aber Norman Solomon beziehungsweise Sean Penn, der im Film der Sprecher ist, machen überzeugend klar, dass die Lügen, die der amerikanischen Öffentlichkeit präsentiert wurden, um Kriege zu rechtfertigen, im Laufe der vergangenen 50 Jahre immer dieselben blieben. So ähnelte beispielsweise die Irakkriegskampagne, mit der die Regierung Bush die USA in den Krieg führte, frappant jener Kampagne von Lyndon Johnson, mit der er die Medien für seinen Angriff auf die Dominikanische Republik einspannte. Oder man denke an Ronald Reagans Vorgehensweise vor dem Einmarsch in Grenada, man denke nicht zuletzt an George Bush senior, der sich Panama als Opfer aussuchte. Norman Solomon zieht interessante Parallelen zwischen Johnsons Lügen und Nixons Lügen über Vietnam. Reagan log auch im Falle Libyen und Libanon, Bush senior log im Falle des Ersten Golfkrieges und bei Haiti. Clinton log bezüglich Haiti, Jugoslawien, dem Sudan, Afghanistan und Somalia. Bush junior log erst kürzlich über Afghanistan. Bei uns scheint es Usus, dass Präsidenten unser Land aufgrund von lächerlichen, schlecht kaschierten Lügen in einen Krieg führen. Kein aufmerksamer Mensch würde auf derartige Unwahrheiten hereinfallen. Aber wer nie lernt, Kriegslügen zu durchschauen, ist verflucht, immer neue Kriege zu führen. Und je mehr Kriege wir führen, desto mehr gehören wir verurteilt - für jeden einzelnen Krieg, den wir zugelassen haben.

Ein Schwerpunkt des Films liegt auf jenen Lügen, die zum aktuellen Krieg im Irak bzw. zur Besatzung geführt haben. Gezeigt wird altes Filmmaterial über die amerikanische Medienberichterstattung beim "Zwischenfall" am Golf von Tonkin (1964 in Vietnam). Anschließend wird gezeigt, was Colin Powell bei seiner Präsentation (vor dem Irakeinmarsch - Anmerkung d. Übersetzerin) vor den Vereinten Nationen sagte. Die Medienberichterstattung zu beiden Themen weist erstaunliche Parallelen auf. Solomon macht auf einen wichtigen Punkt aufmerksam: Zum Zeitpunkt der Verkündigung einer Lüge wird diese oft noch von vielen entlarvt. Doch dann werden die kritischen Stimmen in den Medien ausgeblendet. Diese Stimmen hinterlassen auch keine Spuren in der Geschichte - sie wurden getilgt. Solomon zeigt uns britische Zeitungsberichte, die sich über Powells Lügen lustig machten - am selben Tag, als er diese Lügen aussprach. Wir sehen, wie Phil Donahue in einer seiner Shows über den Kriegs-Hype herzieht. Seine Gäste sind unter anderem Phyllis Bennis und Jeff Cohen. Daraufhin wurde die Donahue-Show vom Sender MSNBC abgesetzt - zu kriegskritisch. Heute behaupten die Pundits, zu Beginn des Krieges habe noch niemand die Behauptungen des Weißen Hauses infrage gestellt. Und die Geschichtsklitterung geht weiter - mit neuen Lügen. So behauptet George Bush heute, der Irak habe die Waffeninspekteure aus dem Land gejagt. (In Wirklichkeit wurden sie von Bush abgezogen, damit er mit dem Bombardement loslegen konnte). Noch komplizierter wird das Bild durch den völlig abgedrehten Vizepräsidenten Dick Cheney, der immer noch die gleichen Behauptungen - über einen Zusammenhang zwischen Irak und Al Kaida -, aufstellt wie vor dem Krieg.

Der Film ‘War Made Easy…’ zeigt "Highlights" der Medienberichterstattung über den aktuellen Krieg - zum Beispiel die Glorifizierung von Hightech-Waffen. Die Botschaft, die vermittelt werden soll, lautet, so Solomon: Bombardements mit "Präzisionsbomben" aus großer Entfernung sind moralisch okay, während es unmoralisch ist, sich als Selbstmordattentäter eine Bombe umzubinden. Dieser Missbrauch des Moralbegriffes, die einseitige Fokussierung auf die Folgen, die das eigene Handeln für uns selbst hat, sei Teil der amerikanischen Perspektive beim Thema Krieg. Man bedenke: Im Ersten Weltkrieg waren 10% der Kriegstoten Zivilisten, im Irak sind es heute (Invasion, Okkupation) 90%.

Wir hören Solomons Stimme der gesunden Vernunft - angesichts der entsetzlichen Horrorbilder in den Nachrichten -, und uns wird noch bewusster, dass die große Story, um die es bei diesem Krieg und der Besatzung eigentlich geht, nicht in der Medienberichterstattung vorkommt. Auch die toten US-Militärangehörigen, auf die sich die Friedenbewegung gerne konzentriert, sind nicht die eigentliche Story. Die große Story sind Hunderttausende unschuldig abgeschlachtete Nichtamerikaner.

Solomon sagt zudem, das sogenannte ‘Vietnamsyndrom’ - Protest der amerikanischen Öffentlichkeit gegen zu viele Opfer auf amerikanischer Seite - sei eine Fehlinterpretation. Er weist darauf hin, dass die (amerikanische) Öffentlichkeit den Zweiten Weltkrieg sehr wohl unterstützt habe. Der Vietnamkrieg allerdings sei schnell abgelehnt worden, die Irakbesatzung noch schneller. Nicht die Todeszahlen seien für die Öffentlichkeit ausschlaggebend, so Solomon, sondern das Gefühl, dieser Krieg ist ein Betrug. Die US-Bevölkerung wäre nie auf den Gedanken gekommen, der Zweite Weltkrieg könnte auf Lügen beruhen. Im Falle des Vietnam- und im Falle des Irakkrieges aber war dies aber der Fall. Entsprechend brach die Unterstützung für den Vietnamkrieg bzw. Irakkrieg ein.

Solomon weist noch auf etwas anderes hin: Es ist leicht, einen Krieg zu verhindern, solange er noch nicht begonnen hat, es ist sehr viel schwerer, ihn zu beenden, wenn er schon in Gange ist. Alle mögliche Propaganda wird aus der Konserve hervorgeholt, um einen Krieg am Laufen zu halten - Phrasen wie "(nur nicht) hinschmeißen und wegrennen", "Kurs halten", "unterstützt die Truppe!" werden in jedem neuen Krieg reanimiert. Die Frage nach dem wahren Kriegsgrund wird auch dann noch verbannt, wenn die ursprünglichen Kriegsrechtfertigungen längst als Lügen entlarvt sind.

Es ist dieses traditionelle Propagandamuster, das es herauszufordern gilt. Stattdessen belassen es Kriegsgegner häufig bei softeren kritischen Tönen: Der Krieg sei nicht zu gewinnen - oder schlecht geführt -, sagen sie, oder, der Krieg sei in einem Sumpf gelandet. Diese Argumente lassen die Frage der Moralität und Legalität von Angriffskriegen im Ausland unberührt. Genau diese Art Fragen aber müssen wir stellen. Es ist vielleicht unsere letzte Chance.

 

Quelle: ZNet Deutschland   vom 13.06.2007. Übersetzt von: Andrea Noll. Orginalartikel: Orginalartikel: "War Opposition Made Easy" .

 

Veröffentlicht am

18. Juni 2007

Artikel ausdrucken

Weitere Artikel auf der Lebenshaus-WebSite zum Thema bzw. von