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Deutsche Friedensaktivisten blockieren englischen Atomwaffenstützpunkt

Von Helmut Jaskolski

Gegenüber einem nicht nennbaren Feind und mit der einzigen Begründung einer “ungewissen Welt” klammert sich England weiterhin an seine Fähigkeit, Menschenmassen durch Atomwaffen zu vernichten. Trotz vieler Proteste auch aus den eigenen Reihen hat Premierminister Blair wieder nach der Devise “Faustrecht statt Völkerrecht” entschieden und am 14. März das englische Parlament über die Modernisierung des britischen Atomwaffensystems “Trident” abstimmen lassen. Nur einmal zuvor hatten so viele Labour-Abgeordnete gegen die eigene regierende Partei gestimmt: bei der Abstimmung um den Irakkrieg. Diesmal stimmten 161 gegen die neuen Atomwaffenträger, darunter 95 Labour-Abgeordnete. Dafür stimmten 409. Zwei Minister sind wegen des Ergebnisses zurückgetreten.

Zu den Protestierenden gehören auch verschiedene Gruppen aus England und Europa, die den U-Bootstützpunkt der Royal Navy in Faslane am Fluss Clyde (ca. 45 km nordwestlich von Glasgow) abwechselnd seit dem 1. Oktober 2006 blockieren. An der Faslane365-Aktion (364 Tage lang), deren Ziel es ist, eine kritische Öffentlichkeit gegen die neuerliche atomare Aufrüstung zu schaffen, beteiligten sich bisher mehr als 60 verschiedene Gruppen, die den Betrieb der Basis störten. Über 500 Mal wurden Aktivisten vorübergehend verhaftet, vier wurden bisher angeklagt. Am 26. März reist zum ersten Mal eine deutsche Gruppe von AktivistInnen nach Schottland, um am 28. März das Haupttor des Stützpunktes zu blockieren. Insgesamt 31 Friedensleute aus drei Generationen - von 20 bis 74 Jahre alt - sind daran beteiligt.

Die Vorgeschichte des Parlamentsbeschlusses: Am 3. Juli 1958 unterzeichneten die USA und Großbritannien ein Abkommen zur Zusammenarbeit über die Nutzung der Atomenergie für gegenseitige Verteidigungszwecke. Das Trident-II-System wurde 1994 in Betrieb genommen und wird ca. 2024 auslaufen. Es besteht aus 4 Atom-U-Booten, 58 Interkontinentalraketen und 200 Sprengköpfen mit der 8-fachen Zerstörungskraft der Hiroshima-Bombe. Seit 1998 arbeiten britische und US-amerikanische Atomwissenschaftler eng in den Labors in Los Alamos (USA) und Aldermaston (GB) zusammen. Großbritannien führte Atomtests in Nevada durch und britische Atomwaffen wurden weitgehend nach US-Waffenentwürfen gebaut. So sind die Trident-Raketen, die auf den britischen Atom-U-Booten stationiert sind, von den USA gemietet. Der Sprengkopf selbst wird nach US-Design in Großbritannien gebaut und obwohl die U-Boote in Großbritannien gebaut wurden, kommen viele Komponenten und die Zielsysteme aus den USA.

Sollte Großbritannien am Ende doch noch auf Atomwaffen verzichten, wäre dies ein wichtiges Signal für andere Staaten. Es wäre das erste Mal, dass ein Atomwaffenstaat seine Verpflichtungen aus Artikel VI des Atomwaffensperrvertrags erfüllt. Auf die anderen Atomwaffenstaaten würde ein Druck entstehen, selbst abzurüsten. Wenn Großbritannien allerdings sein Arsenal tatsächlich bis weit in dieses Jahrhundert verlängert oder gar modernisiert, ist das Signal genauso stark. Das hieße, dass sich Großbritannien als Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrages nicht an seine Verpflichtungen hält und davon ausgeht, dass Atomwaffen die Sicherheit des Landes gewährleisten können. Ein Signal, dass in anderen Ländern die nukleare Aufrüstung oder den Erwerb von Atomwaffen motivieren könnte.

Nach Meinung von Dr. Hans Blix, dem früheren Chef der UN-Waffenkontrolleure, raubt die Modernisierung von Trident Großbritannien jede moralische Integrität, die nötig ist, um andere Nationen davon abzuhalten, zur Atommacht aufzusteigen. Xanthe Hall, Abrüstungsexpertin von IPPNW Deutschland: “Wenn es nach Tony Blair geht, wird Großbritannien seine Atomwaffen bis in alle Ewigkeit behalten. Auch die deutsche Politik zeigt keine Bereitschaft, ihre Strategie der nuklearen Teilhabe zu beenden. Damit provozieren beide Regierungen einen Rüstungswettlauf, der noch unberechenbarer sein wird als im Kalten Krieg.”


Quellen:

  • Guardian: Trident upgrade under way, MoD admits, 14. März 2007
  • neueste Verlautbarungen der IPPNW
  • gruppeninterne Nachrichten

Weblink:

Veröffentlicht am

27. März 2007

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