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Interkultureller Rat, PRO ASYL und DGB gegen geplante Verschärfungen des Zuwanderungsgesetzes

In der öffentlichen Debatte um den Gesetzentwurf zur Änderung des Zuwanderungsgesetzes konzentriert sich die Aufmerksamkeit zur Zeit auf die Frage einer bundesgesetzlichen Bleiberechtsregelung und den Streit der Regierungskoalition zu diesem Thema. Nicht im öffentlichen Bewusstsein ist, dass in dem aktuellen Gesetzentwurf unter dem Deckmantel der Umsetzung von EU-Richtlinien eine Vielzahl drastischer Verschärfungen im Ausländer- und Einbürgerungsrecht enthalten ist.

Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zeigt sich immer deutlicher: Das Ausländerrecht ist weitgehend Gefahrenabwehrrecht geblieben. Die Zuwanderungsmöglichkeiten sind eng begrenzt und steinig, Integration wird auf den Erwerb von Deutschkenntnissen reduziert und die humanitären Regelungen für Flüchtlinge greifen nicht.

Der jetzt bekannt gewordene Gesetzesentwurf ist von grundsätzlichem Misstrauen gegenüber Migranten und einem Geist der Abschottung gegenüber Flüchtlingen geprägt. Elemente des Gefahrenabwehrechts werden ausgebaut, Abschottung und Ausgrenzung gefördert.

Interkultureller Rat, PRO ASYL und DGB kritisieren unter anderem:

Geplante Einschränkung des Ehegattennachzugs

Künftig soll der Ehegattennachzug nur dann gestattet werden, wenn der im Ausland lebende Ehepartner schon vor der Einreise Kenntnisse der deutschen Sprache nachweist. In der Praxis ist der Erwerb von Sprachkenntnissen im Ausland aber nur für Angehörige der großstädtischen Oberschicht möglich. Der Familiennachzug wird damit zur sozialen Selektion. Das Grundrecht, als Familie zusammenzuleben, soll nur noch für Privilegierte gelten.

Integrationskurse: Lernen unter Zwang

Künftig sollen Ausländer, die ihrer Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs nicht nachkommen, mit einer Geldbuße bis zu 1.000 Euro belegt werden. Integrations- und Lernprozesse können nicht mit Strafandrohungen erzwungen werden. Kursangebote, die Integrations- und Lernprozesse anstoßen wollen, müssen durch ihre Inhalte überzeugen. Die sogenannten Integrationskurse geraten mehr und mehr zu einem Dressurakt, den die betroffenen Zuwanderer unter dem Damoklesschwert sozialrechtlicher Sanktionen und Bußgeldzahlungen zu absolvieren haben.

Verschärfungen bei den Einbürgerungsvoraussetzungen

Einbürgerung ist ein sinnvoller Baustein einer umfassenden Integrationspolitik. Dies war in den letzten Jahren parteiübergreifend anerkannt. Doch seit einigen Jahren sinken die Einbürgerungszahlen deutlich: Von 186.688 im Jahr 2000 auf nunmehr noch 117.200 im Jahr 2005. Nun sollen die Hürden für die Einbürgerung mit Einführung von Einbürgerungstests noch höher gelegt werden. Wissenstests - wie etwa der Fragebogen der Hessischen Landesregierung - sind zufällig und untauglich. Zu befürchten ist, dass mit Einbürgerungstests noch mehr Einbürgerungswillige abgelehnt oder schon im Vorfeld abgeschreckt werden.

Verstärkte Abschottung gegen Flüchtlinge

Die Flüchtlingszahlen erreichen seit Jahren immer wieder historische Tiefststände. Seinen internationalen Verpflichtungen im Flüchtlingsschutz kommt Deutschland längst nicht mehr nach. Für ein Viertel aller Asylantragsteller ist Deutschland auf der Basis der sogenannten Dublin II-Verordnung ohnehin nicht mehr zuständig. Sie werden oft unter Missachtung humanitärer Vorschriften an andere EU-Staaten überstellt. Dieses System soll jetzt weiter verschärft werden: So sollen Asylsuchende, die in andere EU-Staaten überstellt werden, künftig kein Rechtmittel mehr einlegen können, das aufschiebende Wirkung hat. Rechtswidrige Abschiebungen, die schon bislang nicht selten vorkommen, könnten dann nicht mehr verhindert werden.

Kettenduldungen werden nicht beseitigt

In der Diskussion um die bundesgesetzliche Bleiberechtsregelung wird nicht thematisiert, dass der Gesetzentwurf keinen Mechanismus vorsieht, um die sogenannten Kettenduldungen zu beseitigen. Solange aber der §25 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz nicht so geändert wird, dass er Übergang von der Duldung zur Aufenthaltserlaubnis nach einer bestimmten Aufenthaltsdauer der Regel- und nicht der Ausnahmefall ist, wird es immer neue Kettenduldungen geben. Das ist für die Betroffenen unzumutbar.

Interkultureller Rat, Pro Asyl und DGB rufen gemeinsam dazu auf, in den kommenden Wochen das Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der politischen Parteien und den Abgeordneten zu suchen, sie auf das Ausmaß der geplanten Verschärfungen hinzuweisen und Migranten und Flüchtlinge in öffentlichen Veranstaltungen darlegen zu lassen, was die Verschärfungen für sie bedeuten würden.

Quelle: PRO ASYL   Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V. - Torsten Jäger, Interkultureller Rat, Geschäftsführer; Günter Burkhardt, Pro Asyl, Geschäftsführer; Volker Rossocha, DGB-Bundesvorstand, Bereich Migrations- und Antirassismuspolitik, Presseerklärung vom 26.02.2007.

Veröffentlicht am

28. Februar 2007

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