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Schwedische Menschenrechtsaktivistin in Hebron angegriffen

Von International Solidarity Movement (ISM)ISM = International Solidarity Movement, die PalästinenserInnen bei der Durchführung von gewaltfreien Aktionen unterstützt und Menschenrechtsverletzungen durch die Israelis zu verhindern sucht, bzw. dokumentiert. - Electronic Intifada / ZNet 23.11.2006

UPDATE vom 21. November 2006. Tove liegt noch immer in der Klinik. Sie wird die nächsten Tage im Krankenhaus verbringen und anschließend zur Weiterbehandlung nach Schweden zurückkehren. Tove hat einen Schädelbruch, einen gebrochenen Wangenknochen und mehrere verletzte Augenmuskeln. Bei der israelischen Polizei von Kiryat Arba wurde Anzeige erstattet. Es wurden Fotobeweise und Augenzeugenberichte übergeben. Allerdings schreibt die israelische Menschenrechtsgruppe Yesh Din in einem ihrer Berichte, dass 90 Prozent aller Anzeigen gegen Israelis, die bei jener “Samaria-und-Judäa-Distrikt”-Polizei eingehen, im Sande verlaufen und keine Anklage erhoben wird.

Rückblick: Am 18. November brach ein jüdischer Extremist in Hebron einer 19-jährigen schwedischen Friedensaktivistin den Wangenknochen. Zuvor am selben Tag wurden mindestens fünf Palästinenser, darunter ein 3-jähriges Kind, verletzt. Die Täter waren Extremisten, die jüdische Siedler unterstützen wollen. Die Extremisten waren randalierend durch Tel Rumeida gezogen und hatten Steine und Flaschen auf Bewohner der Ortschaft geschleudert. Mehrere palästinensische Schulkinder waren auf dem Nachhauseweg angegriffen worden. Die israelische Armee - in der Region massiv präsent -, griff nicht ein, um die Angriffe zu unterbinden.

Tove Johansson aus Stockholm stand am Checkpoint von Tel Rumeida - in einer kleinen Gruppe von so genannten “Menschenrechtsarbeitern” (HRWs), die palästinensische Schulkinder nach Hause begleiten. Plötzlich sah sich die Gruppe mit rund 100 jüdischen Extremisten konfrontiert, die in kleinen Gruppen unterwegs waren. Sie riefen auf Hebräisch: “Wir töteten Jesus! Wir töten auch euch!” Diesen Refrain hatten die Siedler den Internationalisten in Tel Rumeida schon den ganzen Tag über zugerufen.

Die HRW-Gruppe stand rund 30 Sekunden wartend am Checkpoint, als eine äußerst aggressive Gruppe, bestehend aus mehreren Männern, die internationalen Freiwilligen umstellte und anzuspucken begann. Es war “wie Regen” - so beschreiben es die Internationalisten. Dann sprangen einige Männer, hinten aus der Menge, hoch und spuckten, andere kamen von der Seite oder von hinten und traten die Freiwilligen.

Die Soldaten am Checkpoint - die nur wenige Schritte hinter den HRW-Freiwilligen standen -, sahen zu, wie die HRWs attackiert wurden.

Dann schlug einer der Siedler Tove mit einer leeren Flasche ins Gesicht. Die Flasche traf ihre linke Gesichtshälfte und zerbarst. Toves Wangenknochen war gebrochen. Tove fiel sofort um. Aus der Gruppe der jüdischen Extremisten, die es mitverfolgt hatten, wurde gejubelt, geklatscht und gesungen. Bis zu diesem Zeitpunkt sahen die Soldaten nur zu. Jetzt kamen sie her und bedeuteten den Siedlern “okay, es reicht, Jungs” - so schildern es die Internationalisten.

Die Extremisten durften allerdings weiter vor Ort bleiben - zusehen und applaudieren. Sie klatschten auch noch, als die HRW-Freiwilligen versuchten, die massive Blutung im Gesicht der jungen Frau zu stoppen. Einige (der Extremisten) kamen sogar den Hügel herunter, um Fotos von sich zu knipsen: mit erhobenem Daumen neben dem blutenden Gesicht der Frau.

Zu diesem Zeitpunkt wurde einer aus der Gruppe der HRW-Freiwilligen in einen Polizei-Van gebracht und befragt, wer die Angreifer gewesen seien. Er identifizierte drei der Extremisten. Daraufhin nahm die Polizei diese Drei in ihren Fahrzeugen mit. Allerdings wurden sie nur zu unterschiedlichen (nahegelegenen) Orten gefahren und alle Drei fast umgehend wieder freigelassen. Als einer der Drei in der Shuhada-Straße freigelassen wurde - wo die Gruppe noch immer die verletzte Frau “feierte” -, jubelte und applaudierte die Menge.

15 Minuten nach dem Angriff erschien ein Mediziner aus der Siedlung - und begann sofort, die Internationalisten zu befragen, was sie in Hebron zu suchen hätten. Er weigerte sich, der blutenden Frau, die auf der Straße lag, zu helfen.

Fünf Minuten nach diesem Arzt erschien ein Armeearzt und versorgte die verletzte Frau. Als man sie auf die Bahre legte, applaudierte und jubelte die Menge erneut.

Polizeioffiziere drohten den übrigen HRW-Freiwilligen mit Verhaftung, sollten sie die Gegend nicht umgehend verlassen - dabei waren die Freiwilligen doch soeben angegriffen worden.

Die verletzte Frau wurde in die jüdische Siedlung Kiryat Arba gebracht, anschließend in das Hadassah-Ein-Keren-Krankenhaus in Jerusalem.

Später erfuhren die HRW-Freiwilligen von der Polizei, dass diese sich nicht einmal die Namen der identifizierten Angreifer notiert hatte. Einer der Haupttäter habe der Polizei sogar mitgeteilt, er müsse in zwei Stunden am Flughafen sein, er fliege nach Frankreich.

Bei diesem Vorfall handelt es sich um die jüngste Attacke jüdischer Siedler-Extremisten in Hebron. Die kleine Gruppe von Kanaan-Siedlern in Tel Rumeida schikaniert und attackiert regelmäßig Palästinenser in der Region. Manchmal (wie in diesem Fall) greifen die Gewalttätigkeiten auch auf internationale Friedensaktivisten über - die Palästinenser begleiten, um sie vor Siedlerangriffen zu schützen.

Die Siedler von Tel Rumeida ermutigen jüdische Touristen, sie zu besuchen und zu unterstützen - denn das lässt die kleine Gruppe anschwellen. Heute kamen Hunderte dieser Leute (auf ihrer Israel-Tour) nach Tel Rumeida - für ein “besonderes Ereignis”? Viele sind aus Übersee - aus Frankreich, England oder den USA. 

Quelle: ZNet Deutschland   vom 23.11.2006. Übersetzt von: Andrea Noll. Orginalartikel: Swedish human rights worker viciously attacked in Hebron .

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Fußnoten

Veröffentlicht am

24. November 2006

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