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Beinahe-Atom-Unfall in Schweden

Stilllegung von Atomkraftwerken gefordert

Im schwedischen Atomkraftwerk Forsmark-1 ist es am 26. Juli beinahe zu einem Unfall gekommen. Nach den bislang vorliegenden Informationen führte ein Lichtbogen und ein Kurzschluss außerhalb des Atomkraftwerks dazu, dass es zu einer Trennung des Kraftwerks vom Stromnetz kam. Danach versagte zusätzlich die Stromversorgung des Atomkraftwerks durch den kraftwerkseigenen Generator. Damit war der gefürchtete “Notstromfall” gegeben, so dass die Stromversorgung der wichtigsten Sicherheitssysteme durch die Notstromdiesel-Aggregate gewährleistet werden musste.

Zwei der vier Dieselaggregate sprangen allerdings nicht automatisch an, da es in der Kraftwerkssteuerung zu Überspannungen gekommen war. Es kam in Forsmark offenbar auch zum teilweisen Versagen der für die Kraftwerkssteuerung immens wichtigen unterbrechungslosen Gleichstromversorgung. Wegen der fehlenden Stromversorgung verlor die Betriebsmannschaft in der Kraftwerkswarte schließlich völlig den Überblick, weil zahlreiche Informationen über den Zustand der Anlage im Kontrollraum nicht mehr eingingen. Es kam offenbar allein aufgrund deswegen nicht zum Unfall, weil die Reaktorschnellabschaltung und Teile des Notkühlsystems funktionierten. “Wären noch mehr Fehler in der automatischen Steuerung des schwedischen Atomkraftwerks aufgetreten, dann hätte die Welt in der vergangenen Woche möglicherweise ihren zweiten Super-GAU erlebt”, sagt Henrik Paulitz, Atomexperte der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW.

Lars-Olov Höglund, der als langjähriger Chef der Konstruktionsabteilung des schwedischen Vattenfall-Konzerns für deren Atomkraftwerk in Forsmark zuständig war und den Reaktor gut kennt sagte gegenüber der “tageszeitung”: “Es war ein reiner Zufall, dass es zu keiner Kernschmelze kam.” Wäre der Reaktor nur sieben Minuten länger nicht unter Kontrolle gewesen, wäre die Katastrophe laut Höglund nicht mehr aufzuhalten gewesen. In Schweden wurden jetzt offenbar vorsorglich weitere Atomkraftwerke abgeschaltet, bis Klarheit über die genauen Abläufe und Ursachen herrscht. Die IPPNW fordert die deutsche Bundesregierung nachdrücklich auf, auch die deutschen Atomkraftwerke vorsorglich abzuschalten.

Die Organisation verweist darauf, dass es auch im deutschen Atomkraftwerk Biblis B am 8. Februar 2004 zum gefürchteten Notstromfall kam, “nur weil das Wetter schlecht war und es zu einem Kurzschluss in einer Stromleitung kam”. Paulitz sieht zahlreiche Parallelen: “Auch in Biblis kam es zur Trennung vom Stromnetz, auch in Biblis versagte die Stromversorgung über den kraftwerkseigenen Generator, auch in Biblis versagten verschiedene Komponenten der Kraftwerkssteuerung, auch in Biblis waren Handmaßnahmen erforderlich, um die Situation zu retten.”

Nach Einschätzung der IPPNW gibt es in allen Atomkraftwerken ein ganz grundlegendes Problem: “Die Steuerung von Atomkraftwerken kann jederzeit durch Kurzschlüsse beziehungsweise Überspannungen aus dem Ruder laufen und zum Super-GAU führen”. Die Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) hatte schon 1992 in einer Arbeit für das Bundesumweltministerium eindringlich vor diesen Überspannungen gewarnt. “Aber in Deutschland ignoriert man sicherheitstechnische Schwachstellen, die man nicht lösen kann schlichtweg nach dem Motto: Augen zu und durch. Bis es mal zu spät ist”, so Paulitz.

Quelle: IPPNW - Presseinformation vom 6.8.2006

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Veröffentlicht am

04. August 2006

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