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Iran-Konflikt: Die Drohkulissen bewirken das Gegenteil der propagierten Absichten

Zwischenruf Iran-Konflikt, El Baradei-Mission, Ostermärsche


Von Mani Stenner

Der iranische Präsident Ahmadinedschad provoziert den UN-Sicherheitsrat mit der großspurigen Erklärung, Iran sei nach der gelungenen Anreichung von Uran auf 3,5 Prozent des Isotops Uran-235 Mitglied im Club der "Atommächte". Die umgehende und einhellige Empörung nützt ihm innenpolitisch, der Großteil der iranischen Bevölkerung stellt sich unter dem Eindruck äußerer Bedrohung hinter das autoritäre Mullah-Regime. Unter diesen Umständen ist ein Einlenken Irans und die wünschenswerte nochmalige Aussetzung des Atomforschungsprogramms nicht zu erwarten. Die aufgebauten Drohkulissen bewirken das Gegenteil der propagierten Absichten.

Nur wirklich konstruktive Verhandlungsangebote können die Mullahs jetzt dazu veranlassen, unter "Wahrung ihres Gesichts" substanzielle Zugeständnisse zu machen und auf das im Nichtverbreitungsvertrag festgeschriebene Recht zum vollen zivilen Brennstoffkreislauf zu verzichten. Aus der Friedensbewegung sind umfangreiche Vorschläge dazu eingebracht worden (siehe www.koop-frieden.de/irandossier.pdf ).

Zentral wären Nichtangriffsgarantien für das von US-Basen umzingelte Land sowie die Einleitung eines Friedensprozesses für die Gesamtregion Naher und Mittlerer Osten in Form einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit, die auch eine Atomwaffenfreie Zone unter Einschluss Israels bei gegenseitigen Sicherheitsgarantien und wirtschaftlicher Zusammenarbeit anstreben müsste. Viele kurz- und mittelfristige Übergangs-Szenarien zu einem solchen Prozess sind möglich, um die weitere Eskalation von Drohung und Gegendrohung zu
unterbrechen.

Die Abwendung der weiteren Bedrohung durch Atomwaffen lässt sich nur mit der Bereitschaft der Atomwaffenstaaten erreichen, ihre Verpflichtungen zur atomaren Abrüstung aus dem Sperrvertrag zu erfüllen. Deutschland könnte mit der Verbannung der auf deutschem Boden verbliebenen Atomwaffen vorangehen.

Die Erklärung des UN-Sicherheitsrates zu Iran mit der Setzung einer 30-Tage-Frist zum Stop der Uranaufbereitung erweist sich schon jetzt als schwerwiegender Fehler, droht politisches Management in eine Sackgasse zu führen und letztlich zu einer Rechtfertigung für etwaige militärische Aktionen der US-Regierung mit dem Ziel eines Regimewechsels im Iran zu werden.

Die öffentlichen Äußerungen auch der Bundesregierung sowie manche Kommentare in hiesigen Medien (ohne Medienschelte betreiben zu wollen) tragen leider zur Eskalationsdynamik bei. Oft wird bereits entgegen der Rechtslage des Nichtverbreitungsvertrages wie selbstverständlich davon ausgegangen, das Iran mit der Anreicherung gegen internationale Verträge verstoßen würde. Die Steilvorlagen der tatsächlich verabscheuungswürdigen (selbst wenn nicht inkorrekte Übersetzungen zu Grunde gelegt werden) Äußerungen Ahmadinedschads werden zu entsprechender Dämonisierung benutzt. Schon wieder haben wir einen neuen Hitler. Vieles erinnert an die kommunikativen Abläufe vor dem Irak-Krieg.

Nach Ablauf der 30-Tage-Frist Ende April ist der UN-Sicherheitsrat in einer selbstgestellten Falle, dem Ultimatum weitere (Sanktions-)Schritte folgen zu lassen. Alle Analysten und auch US-Militärs warnen vor einem absoluten Desaster beim Versuch, militärisch vorzugehen. Aber es gibt eben auch Mechanismen, wie gegenseitige Drohungen in weitere Eskalation führen - wenn nicht gar die in den Veröffentlichungen des "New Yorker" beschriebenen Vorbereitungen und Pläne für einen Iran-Krieg bereits sowieso fester Wille der US-Administration sind.

Da für eine solche militärische Option zum Regimesturz noch mehr als beim Irak-Krieg eine weitgehende Zustimmung der US-Verbündeten und der öffentlichen Meinung erforderlich ist, engagieren sich die Initiativen und Organisationen aus der Friedensbewegung frühzeitig sehr energisch gegen das befürchtete Szenario und wollen die europäischen Regierungen dazu drängen, jeder Unterstützung für ein militärischen Vorgehen eine eindeutige Absage erteilen. Das ist auch Grund dafür, dass der Iran-Konflikt sehr wichtiges Thema bei den Ostermärschen ist. Eine konstruktive Friedenspolitik der Bundesrepublik und der EU könnte uns ersparen, wieder wie beim Irak-Krieg mit Hunderttausenden gegen einen beginnenden Krieg gegen Irandemonstrieren zu müssen.

Mani Stenner ist Geschäftsführer des Netzwerk Friedenskooperative

Quelle: Netzwerk Friedenskooperative - Pressemitteilung vom 13.04.2006

 Informationen zu den Ostermärschen und die Veranstaltungstermine finden sich unter www.friedenskooperative.de/om06term.htm .

 

Veröffentlicht am

13. April 2006

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