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Von Norman Solomon - ZNet Kommentar 21.03.2006

Am 18. März reagierte Senatorin Dianne Feinstein im nationalen Radio auf Präsident Bush. Beim Thema Irakkrieg warf sie ihm "Inkompetenz" vor. Was aber wäre der kompetente Weg, den Krieg im Irak zu führen? Wie schafft man es kompetent, Megabomben auf zivile Viertel zu werfen, wie verwendet man Cluster-Munition kompetent - Munition, die die Körper von Kindern schreddert? Wie holt man Hunderttausende kompetent aus ihrer Heimat und verfrachtet sie in ein Land, wo sie - aufgrund von Lügen - töten und sterben sollen?

Überall in den Gemeinden der USA werden die Kassen für Krankenversorgung, Bildung und Wohnen geplündert, während gleichzeitig die kriegsprofitierenden Konzerne noch größere Profite einfahren. Wie erreicht man das auf kompetente Weise?

Des weiteren sagte die Senatorin, es sei enorm wichtig für die US-Regierung, den Krieg im Irak "richtig zu führen".

Wie führt man einen solchen Krieg richtig - einen Krieg, der mit jedem Tag noch mehr Verwüstung anrichtet? Die einzige Art ihn richtig zu führen, wäre doch, ihn überhaupt nicht zu führen.

Am 17. März stand auf der Titelseite des San Francisco Chonicle hinsichtlich des (neuesten) Angriffs des US-Militärs im Irak: "Dieser größte Luftschlag seit der Invasion soll wohl eine Botschaft aussenden".

Eine Botschaft aussenden?

Vor vierzig Jahren sagte der damalige amerikanische Verteidigungsminister Robert McNamara, es sei nötig, Bomben auf Nordvietnam zu werfen, um eine Botschaft zu senden. Diese Botschaft gelte der kommunistischen Führung in Hanoi. Der frühere Kriegskorrespondent Chris Hedges erinnert sich in seinem Buch ‘War Is a Force That Gives Us Meaning’ an eine Reportage aus El Salvador. Eines Morgens seien er und seine Reporterkollegen in ihrem Hotel aufgewacht und fanden vor dem Gebäude eine Reihe von Leichen vor, die in der Nacht zuvor von Todesschwadronen abgelegt worden waren. In den Totenmündern befanden sich Zettel mit Drohbotschaften an die Adresse der Journalisten.

Im Frühjahr 1999 fielen die Bomben der US-geführten Nato auf Jugoslawien, auch sie hatten eine Botschaft. An einem Freitag gegen Mittag fielen Clusterbomben auf die Stadt Nis - ein Geschenk des amerikanischen Steuerzahlers - und bohrten sich in den Körper einer Frau, die in ihrer Tasche Karotten vom Markt heimtragen wollte. Auch das war eine Botschaft.

Es kommt immer wieder vor, dass Führer Botschaften übermitteln, indem sie den Tod senden. Am 11. September 2001 sandte Osama bin Laden eine Botschaft an das World Trade Center. Im Herbst desselben Jahres sandte das US-Militär eine Botschaft an Afghanistan. Dort starben mindestens ebenso viele Zivilisten wie zuvor im World Trade Center - sofern man die Toten überhaupt zählen mag.

George W. Bush versendet weiter seine Botschaften - in Form von Bomben, in Form von Kugeln. Man ermutigt uns, wir sollen ruhig bleiben - besser noch, Bush aktiv unterstützen. Wir sollen uns ablenken und passiv bleiben.

Aber überall in den USA kommen Menschen gegen den Krieg zusammen. Indem sie dies tun, verweigern sie sich der Botschaft des Todes.

Vor fast 40 Jahren sprach Martin Luther King vom "Wahnsinn des Militarismus". Genau diesen Wahnsinn erleben wir hier und heute in den USA: Jedes Mal, wenn in Amerika ein Kind an Unterernährung leidet, wenn ein Mensch die benötigte medizinische Behandlung nicht erhält und leidet, in manchen Fällen stirbt - während der US-Militärhaushalt (mehr als eine halbe Billion jährlich) nicht etwa in die Verteidigung fließt, sondern in Militärausgaben, die weit über das hinausgehen, was man zurecht unter Verteidigung verstehen könnte. Der Wahnsinn des Militarismus, von dem Dr. King sprach, kommt Tag für Tag von den Lippen von Leuten wie Senator Feinstein - die Kriegs-"Kompetenz" einfordert und sagt, der Krieg müsse nur richtig geführt werden.

Was die USA brauchen, sind Friedensbemühungen, nicht Kriegsbemühungen - wir sollten nicht noch besser töten (do a better job of killing). Es gibt eine landesweite (Friedens-)Bewegung. Diese Bewegung fordert von jenen, von denen es heißt, sie seien unsere Regierung: Nehmt das Leben nicht weg, sondern schützt es besser (do a better job of sustaining life).

Das Problem ist nicht, dass der Krieg eventuell nicht zu gewinnen ist. Das Problem ist, dieser Krieg ist und war falsch und wird es immer sein. Er muss gestoppt werden.

Bei jeder Friedensdemonstration, jeder Demonstration für soziale Gerechtigkeit, fragen wir uns wieder, warum stehen wir hier? Wir stehen hier, weil es um Werte geht, für die wir im Leben einstehen.

Warum sind wir auf der Welt - jede(r) Einzelne von uns? Keine leichte Frage. Aktivismus ist ein Weg, um deutlich zu machen: Wir sind nicht Teil der Kriegsmaschinerie, dazu leben wir nicht. Wir sind nicht Teil des Tötens, wir gehören nicht zu den Helfern, den Unterstützern und Anstiftern von Leuten wie George W. Bush, die die Schlacht anführen - im Namen der Freiheit, aber eigentlich im Namen des Profits. Unsere Mission ist eine andere.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Rede, die Norman Solomon anlässlich einer Antikriegs-Demonstration am 19. März in Sebastopol, Kalifornien gehalten hat. Titel seines neuen Buches: ‘War Made Easy: How Presidents and Pundits Keep Spinning Us to Death’ www.WarMadeEasy.com

 

Quelle: ZNet Deutschland vom 31.03.2006. Übersetzt von: Andrea Noll. Orginalartikel: Why We Are Here?

Veröffentlicht am

02. April 2006

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