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Bundesbehörde mutet erstmals Rückkehr nach Tschetschenien zu

Ein tschetschenischer Flüchtling ist in der vergangenen Woche abgeschoben worden - entgegen der Einschätzungen und Berichte relevanter staatlicher und nichtstaatlicher Stellen, die auf die Gefahrenlage für Tschetschenen in ihrer Heimat verweisen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verfügte die Abschiebung des jungen Mannes nach Moskau, trotz einer gegenteiligen Zusicherung an amnesty international (ai). Der Flüchtling besitzt keinen gültigen Pass. Einen neuen Inlandspass kann er nur in Tschetschenien beantragen. Er befindet sich damit in der konkreten Gefahr, verhaftet und misshandelt zu werden sowie zu “verschwinden”.

Das BAMF hält eine Rückkehr des Flüchtlings nach Tschetschenien jedoch für zumutbar. Damit weicht es von dem bisherigen Konsens ab, demzufolge die Kaukasusrepublik für Tschetschenen grundsätzlich kein dauerhaft sicherer Aufenthaltsort sein kann. “ai erhält regelmäßig Berichte über Verhaftungen, Folter und Misshandlungen sowie ‘Verschwindenlassen’, von denen die Zivilbevölkerung willkürlich betroffen ist”, sagte die ai-Europaexpertin Imke Dierßen. Andere Menschenrechtsorganisationen, der UNHCR und das Auswärtige Amt berichten Vergleichbares. Das Bundesamt ignoriert somit vorsätzlich alle vorliegenden Erkenntnisse über die Lage in Tschetschenien.” Bislang haben sowohl das Bundesamt als auch die Gerichte eine Rückkehr nach Tschetschenien ausgeschlossen. “Die Argumentation des Bundesamtes ist abenteuerlich”, sagte Dierßen. “Ganz offenbar mangelt es hier an politischem Willen, tschetschenischen Flüchtlingen in Deutschland Schutz zu gewähren.”

Vergangene Woche hatte ai gegen die bevorstehende Abschiebung beim BAMF interveniert. Daraufhin sagte die Behörde zu, die zuständige Ausländerbehörde aufzufordern, die Abschiebung vorübergehend auszusetzen und das Asylgesuch des jungen Tschetschenen erneut sorgfältig zu prüfen. Das BAMF hat sich an diese Zusage nicht gehalten und ai darüber auch nicht informiert.

Bei ihrem Staatsbesuch in Russland hatte Bundeskanzlerin Merkel kürzlich die Menschenrechtslage in Tschetschenien kritisiert und war mit russischen Menschenrechtsaktivisten zusammengetroffen. “Um so unverständlicher ist es, dass deutsche Innenbehörden sich weigern anzuerkennen, dass eine Rückkehr nach Tschetschenien eine Gefahr für Leib und Leben bedeutet”, sagte Dierßen. “Die übergroße Mehrheit tschetschenischer Flüchtlinge bedarf internationalen Schutzes. Die Innenpolitik muss hier mit der Außenpolitik Hand in Hand gehen.”

Quelle: amnesty international - Pressemitteilung vom 20.01.2006.

Veröffentlicht am

24. Januar 2006

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