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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beschenkt den scheidenden Bundesinnenminister: Mit erledigten Asylverfahren

Von Bernd Mesovic

Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geht seit Jahren Quantität vor Qualität. Hohe Erledigungszahlen werden durch Druck auf die Außenstellen und deren Mitarbeiter sowie Planvorgaben erzeugt. Wettbewerb findet nicht in Bezug auf die qualifiziertesten Asylentscheidungen, sondern um höchstmögliche Erledigungszahlen statt.

Ein drastisches Beispiel für das Klima im Bundesamt - zwischen Rekordsucht und Unterwürfigkeit gegenüber den sensibel wahrgenommenen Wünschen des Bundesinnenministeriums - liefert eine PRO ASYL vorliegende Mail des Leiters der Abteilung 1 (Ressourcen und Verwaltung). Dieser schrieb am 11. November 2005 an die Bundesamtsaußenstellen: “Sehr geehrte Damen und Herren, erstmals ist es dem BAMF gelungen, die Zahl der anhängigen Fälle im Asylverfahren in den Zehntausender-Bereich zu senken. Dies ist Ihr Verdienst. Es ist zugleich ein würdiges Geschenk für unseren scheidenden Bundesinnenminister, der heute in der Zentrale einen Abschiedsbesuch macht. Die Leistungen unserer Außenstellen werden dabei besonders herausgestellt und beachtet werden.”

Man weiß offenbar im Bundesamt, was der scheidende Bundesinnenminister sich am sehnlichsten gewünscht hat: Kaum noch Asylneuantragsteller im Bundesamt durch die Abschottung Europas und die Erledigung der Rückstände. In einem bemerkenswerten Sprachduktus, der zwischen DDR-sozialistischer Produktionsschlacht und lakaienhafter Devotheit liegt, wird deutlich gemacht, was Leistung im Verständnis des Amtes heißt.

Andere Zahlen aus dem Bundesamt sind für die eben zu Ende gegangene Ära Schily und des aktuellen Bundesamtspräsidenten, Dr. Albert Schmid, mindestens ebenso charakteristisch:

  • Allein im Jahr 2004 wurde fast 15.000 Flüchtlingen der vorher gewährte Flüchtlingsstatus durch Widerruf entzogen.
  • Im selben Jahr wurden nur noch 2.067 Personen als Flüchtlinge anerkannt.
  • 2005 produzierte die Asylaberkennungsfabrik im selben Geiste weiter: Auf 1.494 Anerkennungen im ersten Halbjahr kamen 5.307 Widerrufe. Während es inzwischen an “widerrufsreifen” (Bundesamtsjargon) Opfern zu mangeln beginnt, sehen die Anerkennungszahlen nur deshalb noch etwas schöner aus, weil Familienangehörige von Flüchtlingen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes den Status des Asylberechtigten teilen.

Bei Schilys Besuch im Bundesamt am 11. November ließ es Bundesamtspräsident Schmid an Ergebenheitsadressen nicht fehlen. Mit Schily verbinde ihn eine tiefe Übereinstimmung in der Sache, so Schmid laut Pressemitteilung seines Hauses vom 15.11.2005 aus Anlass des 60. Geburtstages des Präsidenten. Das Ethos öffentlichen Dienens halte er hoch, wird der Jubilar dort zitiert. Die Haltung seiner leitenden Beamten spiegelt wider, was das in der Praxis heißt.

Quelle: PRO ASYL - Presseerklärung vom 24.11.2005.

Veröffentlicht am

25. November 2005

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