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Kevin Zeeses Antikriegs-Kandidatur für einen Senatssitz

Von Joshua Frank - ZNet 18.10.2005

Oft erscheint uns die amerikanische Politik deprimierend bis hoffnungslos. Es gibt heute kaum noch spannende Wahlkampagnen bzw. Kandidaten. Wen der Krieg und die US-Außenpolitik zur Verzweiflung treiben, braucht sich häufig erst gar nicht nach entsprechenden Kandidaten umzusehen, die sein Gefühl teilen. Leute dieser Sorte sind dünn gesät.

Aber ausgestorben sind sie noch nicht - wenn auch häufig marginalisiert. Dabei wird der meiste Flurschaden nicht von den Medien angerichtet oder von Washington-Insidern sondern von jenen, die die Ansichten des Kandidaten teilen - und ihn dennoch im Stich lassen. Genau aus diesem Grund ist es so immens wichtig, dass Amerikas Kriegsgegner 2006 bei der Stange bleiben und nicht im Treibsand des “kleineren politischen Übels” versinken - unabhängig von den vermeintlichen Konsequenzen ihres Handelns. Wenn sich ein Kandidat findet, der seine Stimme gegen den Krieg erhebt und Stellung gegen den Krieg bezieht, sollte die Friedensbewegung sich mit aller Macht hinter diesen Kandidaten stellen.

Im Moment haben wir einen solchen Kandidaten, der sich der Herausforderung stellen will. Es handelt sich um den Antikriegsaktivisten Rechtsanwalt Kevin Zeese, der im Bundesstaat Maryland für einen Sitz im US-Senat kandidieren und gegen die beiden Kriegsparteien (Demokraten und Republikaner) antreten will. Zeese ist ein unabhängiger Kandidat, der mit den beiden großen Parteien nichts am Hut hat. Im Laufe der vergangenen 30 Jahre hat er sich für viele Themen im Zusammenhang mit sozialer Gerechtigkeit engagiert. Er ist Direktor der Friedensorganisation Democracy Rising, die einen schnellen und verantwortungsvollen Abzug der Truppen aus dem Irak fordert. Für seine Kandidatur in Maryland versucht Zeese die Unterstützung grüner, populistischer und libertärer Parteien gegen den Krieg zu gewinnen, und er sucht die Unterstützung jener Wählergruppe, die in Maryland am schnellsten wächst: unzufriedene Wählerinnen und Wähler der Demokraten und Republikaner.

“Kein einziger Senator in Washington steht auf und drängt darauf, unsere Soldaten heimzuholen”, sagte Zeese neulich zu mir. “Selbst diejenigen im Senat, die sich am vehementesten gegen den Krieg engagieren, setzen sich nicht für einen Zeitplan für den Abzug ein. Eine wachsende Mehrheit (in der Bevölkerung) ist gegen den Krieg und will, dass die Truppen möglichst bald heimkommen. Daher muss es im Senat zumindest einen geben, der die Haltung dieser Mehrheit vertritt”.

Um die Wahl zu gewinnen, muss Zeese es mit dem eingeschworenen Kriegsbefürworter und Kongressabgeordneten Ben Cardin aufnehmen. Cardin ist das perfekte Beispiel für das, was schief läuft im Establishment der Demokratischen Partei: Cardin hat für die Finanzierung der Besatzung gestimmt. Er wendet sich gegen eine ‘Exit-Strategie’ und befürwortet den sehr einschneidenden Patriot Act. Wie die meisten Politiker in Washington vertritt er die Interessen der Konzerneliten. Wofür Cardin ideologisch steht, weiß eigentlich niemand so genau - und das nach mittlerweile fast zwei Dekaden, die Cardin nun schon der Legislative angehört. Eines ist sicher: Überzeugungen sind nicht die Triebfeder seines Handelns - eher schon Wahlkampfdollars.

Schon erhält Zeese Unterstützung aus den Reihen jener Demokraten, die enttäuscht sind über den Versuch der Demokratischen Partei, Cardin zu nominieren. Im November wird Zeese zu mehreren Gruppen aus dem Dunstkreis der Demokraten sprechen und sie eindringlich auffordern, sich hinter einen Kandidaten zu stellen, der sich vehement gegen den Krieg engagiert - und nicht hinter einen Konzern-Aktivisten. Aber Zeeses Hoffnungen enden hier noch nicht. Mit seiner Kampagne will er nicht nur Cardin Wählerstimmen abjagen, sondern auch eine Schneise in Marylands Republikanische Basis schlagen.

“Die Werte der Republikaner in Washington D.C. sind die der Wall Street und stehen nicht im Einklang mit den Werten der Main Street”, so Zeese. “Ihre uneingeschränkte Unterstützung für den Patriot Act ist mit dem Schutz der Verfassung nicht vereinbar, und die Unterstützung der Republikaner für das ‘nation building’ im Irak ist unvereinbar mit einer Investition in (unser) Amerika”.

Kein Zweifel, Zeese hat sich eine Menge vorgenommen. Im Wahlkampf wird er es mit einem populären Demokratischen Kandidaten zu tun bekommen bzw. mit dessen reichgefüllter Kriegsschatulle ($4 Millionen). Dabei hat der Kandidat der Republikaner (vermutlich Michael Steele, ein von Karl Rove unterstützter Besenstiel) den Handschuh noch gar nicht in den Ring geworfen. Andererseits wäre ein knappes Rennen mit drei Kandidaten schon mit einer Mehrheit von 34% der Stimmen zu gewinnen.

Wenn der amerikanischen Friedensbewegung daran gelegen sein sollte, einen unabhängigen, kompromisslosen Senator nach Washington zu schicken, der nicht aufhören wird, sich für ein Ende des Irakkriegs einzusetzen, sollte sie sich überlegen, ein paar Dollars für Zeeses Wahlkampf springen zu lassen.

“Wir müssen uns wegbewegen von der Parteipolitik - und uns an Inhalten orientieren”, so Zeese. “Ich stehe auf gegen den Krieg. Wir müssen unsere Truppen nach Hause holen. Wir müssen die Besatzung beenden. Ich glaube, wenn sich die Friedensbewegung hinter meinen Wahlkampf stellt, wird Washington keine andere Wahl bleiben, als auf unsere dringlichen Bitten zu hören”.

Mehr zu Kevin Zeese und dessen Wahlkampf unter www.kevinzeese.com

Soeben erschienen: Joshua Franks neues Buch ‘Left Out! How Liberals Helped Reelect George W. Bush’ (Common Courage Press), siehe auch www.brickburner.org

Quelle: ZNet Deutschland vom 21.10.2005. Übersetzt von: Andrea Noll. Orginalartikel: Kevin Zeese’s Antiwar Campaign for US Senate .

Veröffentlicht am

23. Oktober 2005

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