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Wird der 11.09. erneut ausgeschlachtet?

Von Norman Solomon - ZNet 26.08.2005

Lange war der “Patriotismus” die letzte Zuflucht für Halunken, jetzt ist es “der Krieg gegen den Terror”.

Präsident Bush und viele seiner offenen Unterstützer begnügen sich nicht mehr damit, sich in die Flagge zu hüllen. Es reicht nicht mehr aus, sich patriotischer als die Gegner des Irakkrieges in Pose zu werfen. Die allerletzte demagogische Waffe ist, die Erinnerung an den 11. September auszuschlachten.

Der vierte Jahrestag kommenden Monat wird der Bush-Regierung in den Medien wieder reichlich Gelegenheit bieten, sich in den Schleier des 11.09. einzuhüllen und die Kritiker des Irakkrieges als diejenigen darzustellen, denen die Verteidigung der Vereinigten Staaten zu wenig am Herzen liegt. Ein neuer Versuch, den Krieg als entschlossenes Eintreten gegen den Terrorismus zu rechtfertigen, ist bereits im Gange.

Am Mittwoch - erpicht darauf, einen politischen Sturzflug abzufangen -, trat Bush vor Nationalgardisten in Idaho auf und las aus einem Skript mit der bekannten Rhetorik: “Unsere Nation befindet sich in einem weltweiten Krieg gegen den Terror, im Interesse des Schutzes und der Sicherheit jedes einzelnen Amerikaners. Im Irak, in Afghanistan und überall auf der Welt stehen wir gefährlichen Feinden gegenüber, die unserem Volk Schaden zufügen wollen, Leuten, die unsere Lebensweise zerstören wollen.” Und: “Solange ich Präsident bin, werden wir bleiben, werden wir kämpfen, und wir werden den Krieg gegen den Terror gewinnen.”

Diese Rhetorik des Präsidenten Bush ist zur Routine geworden. 9/11-Jahrestage bieten dem Weißen Haus eine gute Gelegenheit, seine Deutungen weiter unters Volk zu bringen. “In den Ruinen der Zwillingstürme, unter einer am Pentagon entrollten Flagge, bei der Beerdigung der Todesopfer haben wir uns und der Welt gegenüber ein heiliges Gelübde abgelegt” verkündete Bush am 11. September 2002. “Wir werden nicht nachlassen, bis der Gerechtigkeit Genüge getan und unsere Nation sicher ist. Wir werden zu Ende führen, was unsere Feinde begonnen haben.”

Damals war die Bush-Regierung schon dabei, ihre Agenda für einen Einmarsch im Irak zu entwickeln. “Herr Bush möchte, dass die Vereinten Nationen vom Irak die Zulassung von Waffeninspektionen erzwingen, oder er muss die Konsequenzen in Kauf nehmen,” meldete ABC-News. “Und obwohl Saddam Hussein nicht namentlich genannt wurde … sagt das Weiße Haus, dass Bush den irakischen Führer im Kopf hatte, als er die Feinde Amerikas warnte.” Dies ist ein Beispiel, wie das Propaganda-Team Regierung/Medien bedingungslos Lügen als Tatsachen ausgibt. Bush sprach über 9/11 und sagte: “Wir werden zu Ende führen, was unsere Feinde begonnen haben.” Und die Fernsehsender erklärten hilfsbereit, dass “er dabei den irakischen Führer im Kopf hatte.” Dass es keine Beweise gab, schien dabei keine große Rolle zu spielen. Indem sie dieses raffinierte Manöver unzählige Male wiederholten, waren die Medien in der Lage, einen Großteil der US-Bevölkerung davon zu überzeugen, dass Saddam Hussein an den Angriffen vom 11.09. beteiligt gewesen war.

Als der zweite Jahrestag bevorstand, besuchte Bush im Walter-Reed-Armee-Krankenhaus Soldaten, die - in den Worten eines Fernsehsenders - “im Krieg gegen den Terror, sowohl in Afghanistan als auch im Irak, verwundet wurden.” Die Kommentare des Präsidenten in der Gegenwart von Fernsehkameras waren bedacht und zielgerichtet: “Wir werden an einem Gottesdienst teilnehmen, um der Opfern zu gedenken und für ihre Familien zu beten - der Opfer des 11.09.2001. Heute Abend sind Laura und ich hier, um den tapferen Menschen zu danken, die im Kampf gegen den Terror verwundet wurden, Menschen, die gewillt sind, Opfer zu bringen, um sicherzustellen, dass solche Angriffe wie am 11. September nicht wieder passieren.”

Während des Krankenhausbesuches pries der Oberbefehlshaber [George W. Bush] einen Krieg ohne absehbares Ende an: “Ich habe dem amerikanischen Volk bereits direkt nach dem 11. September 2001 mitgeteilt, dies wird eine andere Art von Krieg und ein langer Krieg, und wir werden in diesem Krieg an vielen Fronten kämpfen, von denen die Hauptfront jetzt der Irak ist.”

Im letzten Jahr fiel der 11. September auf einen Samstag, und der wöchentlichen Radioansprache des Präsidenten wurde ungewöhnliche Aufmerksamkeit zuteil. Bush war in seinem Oval Office von Angehörigen der Opfer des 11.09. umgeben, während er seine kleine Rede hielt, welche sich - in den Worten von NBC-News -, damit befasste, “den Krieg gegen den Terror mit dem Krieg im Irak in Verbindung zu bringen.”

Und so geht die Belagerung der Medien bis heute weiter. Tagtäglich unterstützt durch die Medienberichterstattung, verkauft die Bush-Regierung die US-amerikanischen Kriegsanstrengungen im Irak als legitime Antwort auf die Ereignisse vom 11. September 2001. In Anbetracht der Tatsache, dass das Weiße Haus jetzt verzweifelt versucht, sein nachlassendes politisches Schicksal zu retten, taucht eine beträchtliche Menge solcher Propaganda am Horizont auf.

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Norman Solomon ist Autor des Buches: “War Made Easy: How Presidents and Pundits Keep Spinning Us to Death.” Mehr Informationen findet man hier: www.warmadeeasy.com

Quelle: ZNet Deutschland vom 27.08.2005. Übersetzt von: Jörn Ehrentraut und Andrea Noll. Orginalartikel: ReExploit 9/11?

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Veröffentlicht am

27. August 2005

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