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Fakten zur Atomenergie

Zusammengestellt durch die Elektrizitätswerke Schönau (EWS)

(Die zahlreichen Fussnoten und Belegstellen des Artikels werden in der Veröffentlichung hier weggelassen; diese finden sich aber in der PDF-Datei, welche hier heruntergeladen werden kann >> Download )

Gibt es eine weltweite Renaissance der Atomenergie?

Weltweit versucht die Atomlobby, mit Ankündigungen eine “Renaissance der Atomenergie” herbeizureden. Doch der Marktanteil der Atomenergie ist rückläufig seit 1990. Weltweit befinden sich 29 Meiler im Bau, der Großteil davon in Asien, nur eines in Europa und kein einziges in den USA, wo seit 30 Jahren kein AKW in Auftrag gegeben wurde. Von diesen 29 Meilern wird an 14 seit mindestens 17 Jahren nicht weiter gebaut, es handelt sich also eher um Bauruinen als um neue AKWs.

Kein EU-Land, das bisher auf Atomkraft verzichtet hat, wie etwa Dänemark und Österreich, plant den Einstieg. Deutschland ist mit seinen Ausstiegspläne - nicht wie oft behauptet ? auch nicht allein: Belgien und Schweden haben den Ausstieg festgeschrieben, ähnliches plant Spanien. Hinzu kommt, dass Atomenergie dort dauerhaft Marktanteile verliert, wo Elektrizitätsmärkte liberalisiert werden.

Wie wichtig ist die Atomenergie?

Von Seiten der Atomwirtschaft wird immer wieder auf die Unverzichtbarkeit der Atomenergie hingewiesen. Dabei beträgt der Anteil der Atomenergie am Weltprimärenergiebedarf gerade 6,8% und an der Elektrizitätsversorgung 17%. Demgegenüber bringen es die erneuerbaren Energien schon heute auf einen Anteil von 19% an der Elektrizitätsversorgung und 13,8% des Weltprimärenergiebedarfs, und dies obwohl mit unterschiedlichem Maß gerechnet wird: Bei der Atomenergie wird die Primärenergie betrachtet, also wie viel Energie im eingesetzten Uran steckt. Dass ein Atomkraftwerk mit seinem Wirkungsgrad von ca. 35% nur ein Drittel in für den Menschen verwertbare Energie umwandelt, wird so unterschlagen. Bei der Wasserkraft hingegen wird nur betrachtet, wie viel Nutzenergie entsteht. So deckt die Wasserkraft statistisch nur 2,2% des weltweiten Energieverbrauchs im Jahr 2002, obwohl sie genauso viel Strom produziert wie die Atomenergie. Die Bedeutung der Atomenergie wird rechnerisch überhöht, während die Bedeutung der erneuerbaren Energien marginalisiert wird.

Ein Verzicht auf Atomenergie bei der Energieversorgung ist durchaus möglich und angesichts der Risiken und des atomaren Abfalls auch geboten. Die erneuerbaren Energien könnten bei heutigem Stand der Technik den sechsfachen Weltenergiebedarf decken.

Risikotechnik Atomkraft

Bei der Atomkraft handelt es sich um eine der gefährlichsten Technologien überhaupt. Einerseits stellt ein Atomkraftwerk durch die permanente Niedrigstrahlung ein gesundheitliches Risiko für die Bewohner der näheren Umgebung dar, andererseits besteht selbst bei den höchsten Sicherheitsstandards das Risiko eines Kernschmelzunfalls, eines GAUs (Größter Anzunehmender Unfall). So kommt es in Deutschland mit einer Wahrscheinlichkeit von 2% innerhalb von 30 Jahren zu einem Kernschmelzunfall allein auf Grund technischem Versagens, d.h. menschliches Versagen ist dabei noch gar nicht berücksichtigt. In der EU beträgt diese Wahrscheinlichkeit sogar 16%. Die Wahrscheinlichkeit eines GAUs innerhalb von 30 Jahren ist also gleich groß, wie die, mit einem Würfel auf Anhieb eine 6 zu würfeln. Welche Ausmaße ein solcher Unfall annehmen kann, hat man an Tschernobyl gesehen: eine Fläche von mehreren tausend Quadratkilometern musste dauerhaft evakuiert werden, 500.000 Menschen mussten umgesiedelt werden, mehrere zehntausend Menschen starben bisher an den Folgen der Verstrahlung, die wirtschaftlichen Belastungen für die Ukraine und Weißrussland sind immer noch immens. Im etwa 10-fach dichter besiedelten Deutschland würden bei einem vergleichbaren Unfall nach Berechnungen des Bundesumweltministeriums zwischen mehreren hunderttausend und 4,8 Millionen Menschen ihr Leben verlieren, mehrere Millionen müssten umgesiedelt werden.

Für die Schäden eines solchen Unfalls müssen die AKW-Betreiber eine Deckungsvorsorge von 2,5 Milliarden Euro vorhalten. Demgegenüber schätzt das Bundesumweltministerium die Gesamtschäden auf bis zu 5.400 Milliarden Euro. Für mehr als 99% der Schäden gibt es also keine Deckungsvorsorge. Die Opfer sind doppelt betroffen: gesundheitlich und finanziell. Ein weiterer Ausbau der Atomkraft würde die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls weiter vergrößern, denn auch die neueste Generation von Atomkraftwerken kann die Kernschmelze als schwersten denkbaren Unfall nicht ausschließen. Hinzu kommt, dass Atomkraftwerke mögliche Ziele für terroristische Anschläge sind. Mehrere deutsche Atomkraftwerke würden einem Angriff mit einem Passagierflugzeug nicht standhalten.

Was hat Atomenergie mit Atomwaffen zu tun?

Der Einstieg in die Atomtechnologie war vorrangig durch militärische Interessen beeinflusst. So waren für die USA und die Sowjetunion die Entwicklung und Produktion von Atomwaffen das primäre Ziel. Der Aufbau einer nuklearen Stromversorgung war in vielen Ländern nur vordergründig wichtig, während eigentlich die Gewinnung von waffenfähigem Plutonium angestrebt wurde. Unter dieser zivilen Tarnung gelangten zum Beispiel Frankreich, Großbritannien, Pakistan und Indien an die Atombombe.

Unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung kamen viele Länder an die Kapazitäten und das Know-how, Atomwaffen herzustellen, unterstützt von Ländern mit bereits bestehendem Atomprogramm. Dieser Export von “friedlicher” Atomtechnologie treibt so die nukleare Aufrüstung voran und der Einstieg in die Atomkraftnutzung ist meistens der erste Schritt zur Atombombe.

Zivile und militärische Nutzung der Atomtechnologie lassen sich nicht sauber von einander trennen und der Ausbau der Atomkraft trägt zwangsläufig zur Verbreitung von Atomwaffen bei.

Müllmacher Atomkraft

Selbst im “Normalbetrieb” stellt die Atomkraft eine katastrophale Umweltverschmutzung dar. Beim Abbau des Urans fallen pro Tonne produziertem Uran etwa 750 Tonnen radioaktiven Abfalls an, über 80% der Radioaktivität bleibt in den Abraumhalden. Von dort verweht der Wind radioaktive Partikel in alle Richtungen, kontaminiertes Wasser versickert ins Erdreich oder gelangt in die Flüsse. So werden ganze Landstriche radioaktiv verseucht und der Lebensraum der in den Uranabbaugebieten wohnenden indigenen Völker zerstört.

Weitere Abfälle fallen bei der Anreicherung des Urans an, die notwendig ist, um es als Brennstoff in AKWs benutzen zu können. Während des Abbrandes der Brennstäbe entstehen in diesen hochradioaktive Spaltprodukte, die um ein Vielfaches radiotoxischer sind als Uran.

Weltweit entstehen in den 440 AKWs rund 8.300 Tonnen hochradioaktiven Abfalls jährlich. Am Ende der Laufzeit eines AKWs ist dieses selbst zu gefährlichem Strahlenmüll geworden. Die abgebrannten Brennelemente werden teilweise wiederaufbereitet, sozusagen recycelt. Dabei entstehen einerseits neue Brennelemente, andererseits weiterer radioaktiver Abfall und riesige Mengen verseuchten Wassers, das vielfach einfach ins Meer geleitet wird.

Der hochradioaktive Abfall ist millionenfach giftiger als Uran und manche Bestandteile haben eine Halbwertszeit von bis zu Milliarden Jahren. Der radioaktive Müll soll in sogenannten Endlagern sicher von der Umwelt abgeschottet verwahrt werden, bis er keine Gefahr mehr darstellt. Ein Problem bei der Endlagerung ist die erforderliche lange Lagerdauer, die für die unterschiedlichen hochradioaktiven Abfallstoffe auch unterschiedlich lange sind. Bisher gibt es auf der ganzen Welt kein solches Endlager und es ist fraglich, ob jemals ein Lager gefunden wird, in dem der Abfall so lange sicher verwahrt werden kann. Der Müll, den die Atomkraft produziert, stellt somit eine Gefährdung, und eine nicht zumutbare Last und Verantwortung für uns und alle zukünftigen Generationen dar.

Warum Atomenergie das Klima nicht retten kann

Atomenergie soll angeblich der Schlüssel zum Klimaschutz sein, da sie kein Kohlendioxid (CO2) freisetzt. Dies ist nur auf den ersten Blick richtig. Auch Atomenergie ist nicht CO2 frei zu haben. In der Klimaschutzdebatte wird immer nur jenes CO2 berücksichtigt, welches während des Kraftwerksbetriebs direkt im Kraftwerk entsteht. Emissionen die anfallen, während die Brennstoffe gewonnen, bearbeitet, und zwischengelagert werden, finden in dieser Debatte in der Regel keine Berücksichtigung. Doch der Betrieb von Uranerzminen und Urananreicherungsanlagen, der Transport von Atommüll und auch der Bau und Abriss von Atomkraftwerken verursachen CO2-Emissionen. Betrachtet man also die gesamte Prozesskette, so entsteht ein vollkommen anderes Bild.

Das Ökoinstitut Darmstadt hat zusammen mit der Gesamthochschule Kassel unter dem Namen Gemis CO2-Gesamtbilanzen für die verschiedenen Energieträger erstellt. Dabei hat sich gezeigt, dass bei der Erzeugung von Atomstrom 31,4 Gramm CO2 /kWh emittiert werden (ohne Berücksichtigung der Entsorgung). Merklich niedriger als die Atomkraft liegt die Windkraft mit 18,6 Gramm/kWh und Holzenergie mit 11,5 Gramm/kWh. Und selbst ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk, das neben dem Strom auch die Wärme nutzt, kann auf nur 29,3 Gramm je Kilowattstunde kommen - die Wärmenutzung wird hier in der CO2-Bilanz gutgeschrieben.

Aber es gibt noch ein anderes grundsätzliches Problem: auch Uran ist endlich. Die ökologische Ärzteinitiative IPPNW hat berechnet, dass bis zum Jahr 2050 eintausend neue AKW gebaut werden müssten (bisher gibt es weltweit 442), um zehn Prozent der fossilen Energie zu ersetzen. Die endlichen Uranreserven wären dann in Kürze erschöpft. Gemessen am heutigen AKW-Bestand steht Uran noch für rund 70 Jahre zur Verfügung. Es ist klar, dass sich bei einem Ausbau der Atomkraft diese Zeitspanne entsprechend verkürzt.

Nach Ansicht der Atomwirtschaft soll der “Schnelle Brüter” das Problem der endlichen Uranreserven lösen. Es handelt sich dabei um einen Reaktortyp, der mehr spaltbares Material herstellt als er verbraucht. Er gilt prinzipiell als der gefährlichste Reaktortyp, was Wahrscheinlichkeit und Ausmaß von Unfällen angeht Deutschlands schneller Brüter in Kalkar wurde daher aufgegeben und auch andere Länder, wie etwa Frankreich und Großbritannien, haben sich aus der Brüter-Technologie zurückgezogen. Das Ende der Uranreserven bleibt also absehbar.

Was kostet uns die Atomenergie?

Wie viele Gelder sind in Erforschung und Entwicklung der Atomenergie geflossen? Wie groß waren die Subventionen für die Atomkraftwerksbetreiber? Wie teuer müsste eine Kilowattstunde Atomstrom sein? Diese Fragen zu beantworten ist sehr schwer, da manche Zahlen bis heute nicht bekannt gegeben werden (z.B. Frankreich) und über die genaue Beurteilung anderer gestritten wird.

So behauptet die Atomwirtschaft, sie sei nie subventioniert worden, während von anderer Seite beispielsweise die steuerfreien Rückstellungen als Subventionen eingestuft werden. Bis heute werden die weltweiten Fördergelder für die Atomenergie auf eine Billion (das sind 1.000 Milliarden) Dollar geschätzt. In die erneuerbaren Energien flossen bisher nur rund 50 Milliarden Förderungen. Strom aus Atomkraftwerken müsste, wenn man diese Fördergelder auf die Preise umlegt, wesentlich teurer sein.

Vernachlässigt im Strompreis werden auch die “externen Kosten”. Darunter versteht man Folgekosten, die nicht auf der Rechnung auftauchen, aber dennoch vom Bürger über seine Steuern bezahlt werden müssen. Dazu gehören z. B. Kosten, die durch radioaktive Strahlung beim Normalbetrieb entstehen, durch Missbrauch von bombenfähigen Kernbrennstoffen, der radioaktiven Verseuchung bei Unfällen usw. Würde man z.B. die Kosten für Atomunfälle versichern und auf den Strompreis umlegen, würde sich Atomstrom von 21,5 bis 50 Euro-Cent/kWh verteuern.

Arbeitgeber Atomkraft?

Häufig wird in der Diskussion um Atomenergie angeführt, sie sichere Zehntausende Arbeitsplätze in Deutschland. Es handelt sich dabei um etwa 35.000 Arbeitsplätze, die direkt an der Atomenergie hängen. Ein Ausstieg aus der Atomenergie, so wird argumentiert, trägt so zu weiterem Arbeitsplatzverlust und Anstieg der Arbeitslosigkeit bei. Aber gerade am Beispiel Deutschlands lässt sich sehen, das ein Ausbau der alternativen Energiesysteme mehr Arbeitsplätze schafft, als durch den Ausstieg aus der Atomenergie verloren gehen. So wuchs die Anzahl der Arbeitsplätze im Bereich erneuerbare Energien zwischen 1998 und 2002 um rund 80%. Die Branche stellte 120.000 Arbeitsplätze im Jahr 2002 zur Verfügung und sie wächst weiter. So geht das Umweltministerium davon aus, dass in den nächsten 20 Jahren bis zu einer halben Million neuer Arbeitsplätze im Bereich erneuerbarer Energien in Deutschland entstehen werden. Weltweit könnten durch den Ausbau regenerativer Energiesysteme mehrere Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden. Die erneuerbaren Energien stellen daher nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht einen wichtigen Schritt zu nachhaltigen Entwicklung dar.

Quelle: Elektrizitätswerke Schönau GmbH , Friedrichstraße 53/55, 79677 Schönau/Schw., www.ews-schoenau.de.

Nach der Katastrophe von Tschernobyl haben Schönauer BürgerInnen und engagierte MitstreiterInnen beschlossen, für eine nachhaltige Energieversorgung einzutreten. Neun Jahre und zwei Bürgerentscheide später konnten sie das örtliche Stromnetz von einem Atomkraftwerksbetreiber freikaufen. Seitdem betreiben die bürgereigenen Elektrizitätswerke Schönau (EWS) das Ortsnetz ökologisch vorbildlich und wirtschaftlich erfolgreich. Sie versorgen über 30.000 Kunden in ganz Deutschland, die gemeinsam ein klares Zeichen setzen wollen.

Veröffentlicht am

14. August 2005

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