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Japan im Zweiten Weltkrieg: Licht, Beschützer - Führer Asiens

Vormarsch an allen Fronten

Von Rainer Werning

“Der Kaiser ist heilig und unverletzlich”, heißt es in der japanischen Verfassung von 1890, und sei legitimiert, als direkter Nachfahre der Sonnengöttin Amaterasu mit unbeschränkter Machtfülle zu regieren. Als Souverän des Landes führt der Tenno Exekutive und Legislative, aber auch Heer und Marine. Nach zwei siegreichen Kriegen gegen China und Russland 1894/95 beziehungsweise 1904/05 steigt Japan über die Jahrhundertwende zur regionalen Großmacht auf. In beiden Waffengängen geht es um die Vormacht auf der koreanischen Halbinsel und in der Mandschurei. Wer Korea als Brückenkopf zwischen dem ostasiatischen Festland und dem japanischen Inselreich beherrscht, kann ein Land in Schach halten, das im Norden über reiche Bodenschätze verfügt und dessen südlicher Teil als ideale Kornkammer gilt. 1905 wird daher Korea zur Unterzeichnung eines Protektoratsvertrags gezwungen und fünf Jahre später offiziell als Kolonie Japans annektiert.

Im September 1931 dann besetzt die in der Mandschurei stationierte japanische Kwantung-Armee mehrere Großstädte in der Region, die als Puffer gegenüber der Sowjetunion strategische Bedeutung haben - mit der Präsenz in der Mandschurei trifft der japanische Generalstab seine Vorkehrungen, um sich dauerhaft in China festzusetzen. Im Juli 1937 lässt denn auch ein inszenierter Angriff auf eine japanische Militäreinheit bei Peking den Krieg gegen China an allen Fronten eskalieren.

Unter diesen Bedingungen erlebt Japan zwischen 1930 und 1940 ein phänomenales Wachstum seiner Wirtschaft. Die Industrieproduktion steigt um das Fünffache, die Stahlproduktion von 1,8 auf 6,8 Millionen Tonnen pro Jahr, allein 1939 verlassen 5.000 neue Kampfflugzeuge die Montagehallen. Bei Handelsschiffen liegt die Tonnage 1937 bei 405.195 Tonnen und hat sich damit im Vergleich zu 1931 mehr als vervierfacht. Die Militärausgaben wachsen gleichfalls überproportional. Gemessen am Gesamthaushalt Japans erreichen sie 1938 - ein Jahr nach der Invasion gegen China - einen Anteil von 75,4 Prozent. Schließlich verdoppelt sich von 1936 bis 1941 die Zahl der Wehrpflichtigen, so dass am 1. Januar 1942 sechs Millionen Soldaten unter Waffen stehen.

Japans Kriegsökonomie unternimmt viel, um strategisch wertvolle Rohstoffe zu sichern, die vorrangig aus China und Korea bezogen werden. Für einen geregelten Ölnachschub ist man auf die Felder in Niederländisch-Indien (heute Indonesien), auf Sumatra und Borneo, angewiesen, da die USA und Großbritannien 1941 einen Ölboykott gegen Tokio verhängt haben. Zugleich hat Frankreichs Kolonialadministration seit 1941 Indochina widerstandslos den Japanern überlassen. Zwar bleiben französische Kolonialbeamte in Vietnam, Laos und Kambodscha, doch tonangebend ist das japanische Militär. Damit kontrolliert das expansionssüchtige Kaiserreich nicht nur eine wichtige Rohstoffregion (Kautschuk, Kohle, Mangan, Bauxit, Nickel) - Indochina und Thailand werden quasi Alliierte, um den Vormarsch in Südostasien zu flankieren.

Bereits wenige Stunden nach dem Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 landen japanische Truppen auf den Philippinen und rüsten sich von Thailand aus für die Annexion Malayas, Singapurs und Niederländisch-Indiens. Um die Macht Großbritanniens in der Region zu brechen, nimmt Japan die britische Kronkolonie Hongkong am Weihnachtstag 1941 und Singapur wenige Wochen später handstreichartig ein. Für London eine bittere Niederlage, gilt doch Singapur als “das Gibraltar des Ostens”.

Die nächsten Angriffsziele sind der britische Teil der Insel Borneo, Sulawesi, Sumatra und Java, womit Japan die wichtige Tankerroute in der Straße von Malakka kontrolliert. Begründet werden all diese Feldzüge mit der “Größeren Ostasiatischen Gemeinsamen Wohlstandssphäre”, die der Tenno als “Licht, Beschützer und Führer Asiens” im “Kampf gegen den weißen Kolonialismus und Imperialismus” zu führen gedenkt. In diesem Sinne will der japanische Generalstab 1943/44 mit dem Bau der 415 Kilometer langen Thailand-Burma-Bahn die Eroberung des indischen Subkontinents vorbereiten - doch da wendet sich das Kriegsgeschehen im Pazifik unumkehrbar zugunsten der Alliierten.

Neben China muss vor allem Korea unter Japans Expansion leiden. Hunderttausende Koreaner werden als Zwangsarbeiter nach Japan deportiert, um dort in Bergwerken, beim Straßen- und Schiffsbau zu schuften. Ungefähr ein Viertel der bei den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki Getöteten sind Koreaner. Um die Kriege in Südostasien führen zu können, hatte man zudem massenhaft koreanische Rekruten in japanische Uniformen gesteckt.

Rainer Werning leitet das Korea Kommunikations- & Forschungszentrum im Asienhaus Essen und ist Koautor des Buches Unsere Opfer zählen nicht - Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg, Berlin/Hamburg 2005.

Quelle: FREITAG. Die Ost-West-Wochenzeitung , 31 vom 05.08.2005. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Rainer Werning und Verlag.

Veröffentlicht am

09. August 2005

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