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Meine Begegnung mit Vanunu

Mordechai Vanunus, Vizepräsident des Internationalen Friedensbüros (IFB) wurde endlich, am 21. April 2004, aus dem Gefängnis von Ashkelon entlassen. Er hatte 18 Jahre dort verbracht, 12 davon in Einzelhaft. Seine Entlassung war von ungeheurer internationaler Öffentlichkeit begleitet, die dazu diente, die Welt an die Tatsache zu erinnern, daß Israel ein beachtliches Atom-Arsenal besitzt. Doch ist der Mann, der die besten Jahre seines Lebens für die Sache der atomaren Transparenz opferte, immer noch nicht frei, da die israelischen Behörden ihm eine Reihe zwingender Bedingungen auferlegt haben.

Am 20. Mai 2004 veröffentlichte das IFB eine Erklärung, welche die Nobelpreisträgerin Maired Maguire und andere Würdenträger herausgebracht hatten, in welcher dazu aufgerufen wurde, daß Vanunu gestattet werden solle, Israel zu verlassen. Das Steering Committee verlangte, folgende Erklärung hinzuzufügen: Das IFB ist der Ansicht, daß Vanunu voll im Recht war, und in der Tat den internationalen rechtlichen Verpflichtungen folgte, als er über Israels illegale Aktivitäten berichtete. Sollte er jetzt planen, mehr über den Dimona-Atomwaffenkomplex auszusagen - hätte er auch dazu das Recht - und sogar die Pflicht - die Welt über die gefährlichen Atomverbreitungstätigkeiten zu informieren. Nach unserer Ansicht hat Israel nicht das Recht zu verhindern, daß er mit Ausländern und Reportern spricht, noch, ihm zu verbieten, das Land zu verlassen.

Die Bedeutung dieses Aufrufs wurde verstärkt durch einen körperlichen Angriff auf Vanunu am 2. Juni durch Rechtsextremisten, dem er nur knapp entging. Einige Tage vorher wurde der britische Journalist Peter Hounam, der schon 1986 Vanunu für die Sunday Times interviewt hatte, von der israelischen Geheimpolizei festgenommen, in Verfolgung des Tonbands des Interviews mit Vanunu, das am 30. Mai im britischen Fernsehen gezeigt wurde. Vanunu plant derzeit eine Petition an den Obersten Gerichtshof, um Berufung gegen die Restriktionen einzulegen, die ihm vom Staat auferlegt wurden. Der Sicherheitsdirektor des Verteidigungsministeriums hat jedoch seine Wahl eines Fachberaters abgelehnt.

Man kann an Mordechai Vanunu schreiben: c/o Cathedral Church of St.George, 20 Nablus Road, P.O.Box 19018, Jerusalem, 91190 Israel. per email: vanunumvjc@hotmail.com

Meine Begegnung mit Vanunu

Fredrik S. Heffermehl, International Vanunu Committee

Am 21. April verwandelten die Medien der Welt, die massenhaft zugegen waren, den machtlosen Gefangenen in einen König. Sie belohnten Israels “AtomAusposauner” und Vizepräsidenten des Internationalen Friedensbüros (IFB), Mordechai Vanunu mit einem königlichen Abschied nach seinen fast 18 Jahren unmenschlicher Behandlung. Die meiste Zeit war er in Einzelhaft gewesen. Die Leute konnten ihn überall auf ihren Bildschirmen sehen. Er sah gut aus und sagte stolz: “Ich bin Mordechai Vanunu. Es ist ihnen nicht gelungen, mich zu zerbrechen. Ich bin stolz auf das, was ich getan habe… ” Es war die spektakulärste Mediensendung, die ich je gesehen habe, während meinem 20jährigen Kampf für nukleare Abrüstung. Israels schamlose Fehler im Fall Vanunu, aus menschlicher, gesetzlicher und politischer Sicht, lagen vor der ganzen Welt offen da.

Ich ging mit großen Befürchtungen hin - würde er wohl rechtzeitig - oder überhaupt - entlassen werden? Würde er wirklich frei sein? Wir hatten 16 Jahre miteinander korrespondiert, doch einander nie gesehen. Würde ich ihn mögen? Ich hatte das sichere Gefühl, nach fast 12 Jahren Einzelhaft einen erschöpften, verstörten Mann zu finden.

Israel entließ ihn wirklich zur angegebenen Zeit, ließ ihn mit der Presse und den 100 Freunden sprechen, die gekommen waren, ihn “zurück ins Leben” zu begrüßen. Wir waren überrascht, einen Mann anzutreffen, der nicht depressiv oder in sich zusammengesunken war, sondern einen, der Charme ausstrahlte, gute Laune und entschlossen, den Kampf gegen Atomwaffen weiter zu verfolgen. Er zeigte ein phantastisches Gedächtnis und gab Acht, mit so vielen wie möglich Zeit zu verbringen, sie zu erkennen und er dankte allen für ihre Unterstützung. Welch ein Verbrechen, die Welt so viele Jahre lang eines so wundervollen Menschen zu berauben!

Man würde erwarten, daß Israel aus politischen Gründen nicht gewünscht haben würde, daß dieser Doppelmoral Israels so viel Aufmerksamkeit geschenkt würde, wo es gestattet wird, daß Israel ein ganzes Arsenal von Atomwaffen besitzt, zu einer Zeit, in der Waffen der Massenzerstörung als Rechtfertigung für den Krieg gegen den Irak benutzt werden.

Wie konnte es geschehen, daß dieser PR-Albtraum, diese ungeheure Aufmerksamkeit für die Entlassung Vanunus, stattfinden durfte? Vielleicht wies der BBC-Dokumentarfilm “Israels geheime Waffe”, der vor einem Jahr ausgestrahlt wurde, in die richtige Richtung, als er ein unternehmerisches Talent, Vehiel Horev, zeigte, der im israelischen Sicherheitssystem arbeitete. Über Jahrzehnte hinweg war es ihm gelungen, sein kleines Büro zu einer machtvollen Kraft für sich selbst zu entwickeln, und er nutzte diese Macht, um Vanunu zu verfolgen. Rache, selbst übertriebene Rache, dürfte in den Geheimdiensten kaum unbekannt sein, man würde aber erwarten, daß es eine intelligente, keine blinde Rache sei.

Schon während der ersten Jahre von Vanunus totaler Isolation setzte Israel einen seltenen Rekord inhumaner Behandlung eines Gefangenen, der damals noch höher geschraubt wurde, z.B. durch die Verweigerung der Bewährungsstrafe 1998. Scharon war so gescheit, energisch aufzutreten. Aber schließlich kam die Stunde der Wahrheit für Horev. Er wurde getadelt, weil er ungebührliche internationale Aufmerksamkeit auf den Fall Vanunu gelenkt hatte, indem er ihm nach seiner Entlassung strenge Restriktionen für seine Bewegungsfreiheit auferlegt hatte. Ein Mitglied der Knesset hat jetzt Horevs Entlassung gefordert.

Es wird als neue und schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte angesehen, wenn Sharons Kabinett Vanunu in Israel festhält ohne Maßnahmen zu ergreifen, ihn gegen die Bedrohung seines Lebens zu schützen. Sie unternehmen nicht einmal etwas gegen Beamte, die öffentlich dazu aufrufen, Vanunu zu ermorden.

Eine höchst interessante “Ankunft” auf der israelischen politischen Szene seit Jahren ist eine Gruppe von Geheimdienstmitarbeitern unter Leitung von Ami Ayalon, welche entschieden davor warnen, daß Sharons Politik nur Israels Unsicherheit vergrößere. Man kann nur hoffen, daß diese Gruppe genauso vernünftig in bezug auf Vanunu reagiert und empfiehlt, daß ihm erlaubt wird, sofort Israel zu verlassen, um weiteren nicht reparierbaren Schaden von Israels Ansehen abzuwenden - und Schaden von Vanunu selbst.

Quelle: DER PAZIFIST Nr. 5/193 vom 06.08.2004. Übersetzung: Heidi Schimpf

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Veröffentlicht am

15. August 2004

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