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Reagan, der Schlächter meines Volkes

Von Miguel D’Escoto - Democracy Now! 08.06.2004 / ZNet 09.06.2004

Anmerkung der ZNet-Redaktion: Damals bewaffneten und unterstützten die USA die Contra-Todesschwadronen. Reagan sagte über die Contras: “Sie sind unsere Brüder, diese Freiheitskämpfer, und wir schulden ihnen unsere Hilfe. Sie sind das moralische Pendant unserer Gründerväter.” Im Folgenden ein Auszug aus dem Interview, das die nationale Radio/TV-Show ‘Democracy Now!’ mit Pater D’Escoto führte:

Managua, Nicaragua. Lassen Sie mich zuerst anmerken, Ronald Reagan ist nun tot, und ich wäre der Erste, der nur Gutes über ihn sagen möchte. Ich möchte die Gefühle vieler US-Bürger, die Präsident Reagan betrauern, nicht verletzen, aber während ich hier bete, Gott, in seiner unendlichen Güte und Gnade, möge Reagan vergeben, dass er der Schlächter meines Volkes war und verantwortlich für den Tod von etwa 50 000 Nicaraguanern, können und dürfen wir nie vergessen, welche Verbrechen er im Namen von etwas beging, dem er fälschlicherweise das Etikett “Freiheit und Demokratie” gab. Vielleicht mehr als jeder andere US-Präsident hat Reagan viele auf der ganzen Welt davon überzeugt, dass die USA ein Betrug sind, eine große Lüge. Sie (die USA) waren nicht nur undemokratisch sondern im Grunde der größte Feind der Selbstbestimmung der Völker.

Reagan war bekannt als der “große Kommunikator”, allerdings nur, so meine Meinung, falls man glaubt, ein großer Kommunikator sei ein guter Lügner. Letzteres war er ganz gewiss. Er konnte die größten Lügen verkünden, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Wenn ich ihn sagen hörte, wir würden, angeblich, Juden verfolgen und - nichtexistente - Synagogen niederbrennen, war ich ernsthaft versucht zu glauben, Reagan sei von Dämonen besessen. Offen gesagt glaube ich wirklich, Reagan - genau wie Bush heute - war besessen vom Dämon des Sendungsbewusstseins (manifest destiny). Natürlich ist mir, während ich dies hier sage, sehr bewusst, dass das für die Leute vom ‘Project for a New American Century’ eine große Enttäuschung sein muss. Denn, durch Reagan und seinen geistigen Erben George W. Bush ist die Welt heutzutage unsicherer und gefährdeter denn je.

Tatsächlich war Reagan ein internationaler Outlaw. Er wurde Präsident der Vereinigten Staaten, kurz nachdem Somoza, jener Diktator, den die USA Nicaragua praktisch ein halbes Jahrhundert aufzwangen, durch die Nicaraguanischen Nationalisten unter Führung der Sandinista Liberation Front abgesetzt wurde. Für Reagan galt es nun, Nicaragua zurückzuerobern. Er warf Carter vor, Nicaragua verloren zu haben - so, als ob Nicaragua je irgendjemand anders gehört hätte als dem nicaraguanischen Volk. Das war der Start zu diesem Krieg, den Reagan erfand, installierte, finanzierte und leitete: der Krieg der Contras. Kontinuierlich hat er sein Volk belogen und so dazu beigetragen, dass das Volk der Vereinigten Staaten das unwissendste auf Erden ist. Wohlgemerkt, ich sage ‘unwissend’, nicht ‘unintelligent’. Aber (es ist) das unwissendste Volk, wenn es darum geht, was die USA im Ausland anrichten.

Die Menschen haben noch gar nicht angefangen zu begreifen - sonst würden sie rebellieren. Und so belog er die Leute, wie Bush heute die Leute belügt, und sie machen immer weiter, sie denken, die USA stehen über allen Gesetzen, denen der Menschen wie denen Gottes. Aber wir haben die Vereinigten Staaten - Reagans Vereinigte Staaten, seine Regierung - vor Gericht gebracht, vor den Weltgerichtshof. Ich war damals Außenminister Nicaraguas. Ich trug dafür die Verantwortung. Die Regierung der Vereinigten Staaten bekamen das harscheste Urteil, die härteste Verdammung in der Geschichte der Weltgerichtsbarkeit.

Seit den frühen 20gern hatten die USA ja gegenüber der Welt proklamiert, ein Beweis für ihre moralische Überlegenheit, verglichen mit anderen Ländern weltweit, bestehe darin, dass sie sich an internationales Recht hielten und sich dem Weltgerichtshof fügten. Aber als die USA von (?) Nicaragua vor den Weltgerichtshof gebracht wurden und Verurteilung erfuhren, kümmerten sie sich einfach nicht um das Urteil. Sie schulden Nicaragua inzwischen noch zwischen $20 000 und $30 000 Millionen.

Zu der Zeit, als wir die Regierung verließen, belief sich der Schaden durch den Reagan-Krieg auf über $17 Milliarden - dies eine Schätzung von gemäßigten Schadensermittlern, Leuten der ‘United Nations Economic Commission for Latin America’, der Howard University, den Leuten von Oxford und der Universität von Paris. Aus diesen setzte sich das Team, das den Schaden schätzte, nämlich im Wesentlichen zusammen. Die USA wurden verpflichtet, den Schaden zu begleichen. Aber Bush wollte mit mir noch nicht einmal darüber reden. Ich sagte: “Also, lassen Sie uns ein Treffen abmachen, mit dem Sie Ihrer Verurteilung durch den Gerichtshof entsprechen”. In zwei verschiedenen Briefen teilte er mir mit, es gäbe nichts zu bereden.

Also, Reagan hat Nicaragua einen Schaden zugefügt, der so unermesslich ist, dass alle, die mich jetzt hören, es sich nicht ausmalen können. Die Welle jener kriminellen und mörderischen Intervention wird in meinem Land noch in 50 Jahren und länger spürbar sein.

Quelle: ZNet Deutschland vom 10.06.2004. Übersetzt von: Andrea Noll. Orginalartikel: “Reagan was the butcher of my people” .

Anmerkung der Redaktion:

Es empfiehlt sich mindestens von Zeit zu Zeit in die Website des unabhängigen nordamerikanischen Senders “Democracy Now!” zu schauen, wo es unter anderem den zweistündigen “War and Peace Report” gibt.

Veröffentlicht am

10. Juni 2004

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