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Reden zum Jahrestag der Irak-Invasion: “Wir müssen Nein sagen zum Krieg! Nur Frieden wird Frieden hervorbringen”

Am 20. März 2004, dem ersten Jahrestag des Beginns der Irak-Invasion, protestierten weltweit Millionen Menschen gegen Krieg. Ein guter Überblick über die weltweiten Demos und zahlreiche Bilder finden sich bei de.indymedia.org unter: 20. März 2004: Millionen gegen Krieg bei weltweiten Protesten - überblick .

Wir dokumentieren nachfolgend verschiedene Reden, die beim Internationalen Friedens-Aktionstag 20. März 04 an der US-Air-Base und dem Atomwaffenlager in Ramstein und in Landstuhl gehalten wurden und zwar von Bischof Thomas J. Gumbleton (USA), Mike McCally (USA), Markus Pflüger, Horst-Eberhard Richter und Franz Alt.

Grußwort Bischof Thomas J. Gumbleton

(Weihbischof, Erzdiözese Detroit, USA)

Liebe Friedens-Freundinnen und -Freunde in Deutschland,

ich bedauere, dass es mir nicht möglich ist, am 20. März, dem internationalen Tag für Friedensaktion, bei Euch zu sein. Auch wenn ich persönlich nicht anwesend sein kann, bin ich in Gedanken bei Euch und fühle mich verbunden mit der Arbeit, die Ihr leistet und den Prinzipien, die Ihr hochhaltet.

An diesem Jahrestag der US-Invasion und Okkupation des Irak müssen wir zusammenstehen. Als Nation haben wir (Amerikaner) mit unserer Kriegs- und Nuklearwaffenpolitik unverantwortlich gehandelt. Wir haben internationales Recht verletzt und haben einen Schritt rückwärts getan - zurück in eine Zeit des Imperialismus und Nationalismus. Wir haben die friedenserhaltende Autorität der UN an uns gerissen. Wir sind selbst den Terroristen ähnlich geworden, die wir versuchten zu eliminieren. Und wir befinden uns ganz gefährlich nahe an jenem Alptraum, den der Besitz von Atomwaffen uns erlaubt zu träumen.

Erst kürzlich kehrte ich von einer Solidaritäts- und Fact-Finding-Reise aus dem Irak zurück. Dort habe ich weder Friede noch ein blühendes und befreites Land gesehen. Ich wurde vielmehr Zeuge, in welchem Ausmaß der jüngste Krieg den Irak zerstört hat und noch schlimmer, wie tief er die Seele des irakischen Volkes zerrissen hat. Wir müssen uns als Weltgemeinschaft zusammentun und beim Wiederaufbau des Iraks helfen. Wir müssen gerade die Menschen im Irak wissen lassen, dass wir sie unterstützen.

An diesem Tag müssen wir zusammen NEIN sagen.
Wir müssen Nein sagen zu der fortgesetzten Besetzung des Irak.
Wir müssen Nein sagen zu unverantwortlicher Politik und zu Kriegen.
Wir müssen Nein sagen zum Besitz und Gebrauch von Atomwaffen.
Wir müssen Nein sagen zu Imperialismus und Nationalismus.
Wir müssen Nein sagen zu allen Formen des Terrorismus.
Wir müssen Nein sagen!

Und wir müssen Ja sagen zum Frieden!
Wir müssen Ja sagen zu allem, was ermutigt, unterstützt, aufrechterhält und Frieden bewahrt! Nur Frieden wird Frieden hervorbringen.

Ich danke Euch für Eure Anstrengungen. Ihr sollt wissen, dass viele von uns hier solidarisch mit Euch sind, quer durch das heutige Amerika, die JA sagen zu allem, was gut ist und friedliebend.
Danke.

Friede sei mit Euch.

Quelle: IPPNW


Rede von Dr. Mike McCally

(USA, Arzt mit Fachrichtung “Public Health”, Professor und Vize-Vorsitzender
des Department of Community and Preventative Medicine an der Mount Sinai School of Medicine in New York, Präsident der Physicians for Social Responsibility
[PSR, amerikanische Sektion der IPPNW])

Liebe Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde gegen Krieg und Atomwaffen!

Aus vielen Gegenden Deutschlands sind Sie hierher gekommen. Ich bin aus Amerika, aus New York gekommen, um mit Ihnen gegen das Verbrechen und die Unmoral von Atomwaffen zu protestieren.

Wir sind in Ramstein, weil hier ganz in der Nähe amerikanische Atomwaffen gelagert sind!

Wir protestieren als Deutsche und Amerikaner, als Bürger der Weltgemeinschaft!
Wir sind vereinigt durch unsere Humanität und unsere gemeinsame Vision von einer Welt ohne Atomwaffen.

Wir fordern laut und eindringlich, dass diese Massenvernichtungswaffen aus Deutschland entfernt und zerstört werden!

Wir fordern die weltweite Abschaffung aller Atomwaffen!

Ich bin Amerikaner und von Beruf Arzt und klinischer Professor. Ich spreche hier nicht gegen mein Land, sondern gegen die unverantwortliche Atomwaffenpolitik meiner Regierung. Anstatt die Zahl der Atomwaffen kontinuierlich zu vermindern und schließlich ganz abzubauen, plant die Regierung von Präsident George W. Bush die Entwicklung neuer Nuklearwaffen für den Kampfeinsatz und zum Brechen von Bunkern. Atomwaffen sollen also weiterhin fester Bestandteil der amerikanischen Armee bleiben, um damit “die Freiheit Amerikas verteidigen zu können”. Aus diesen Gründen lagern noch immer Atombomben und Raketen in Deutschland, auch hier in Ramstein!

Damit gibt Amerika ein schlechtes Beispiel für die Welt. Es ist doch klar, dass immer mehr Länder auch über eigene Atomwaffen verfügen wollen, um sich nicht erpressen lassen zu müssen, “um die eigene Freiheit verteidigen zu können”. China, Israel, Indien, Pakistan, Nord Korea sind beste Beispiele, und natürlich will auch Russland nicht unterlegen sein. Wir befinden uns wieder auf dem Weg zu einem geheimen nuklearen Wettrüsten.

Die Gefahren der Weitverbreitung von Atomwaffen in anderen Ländern sind also sehr groß, aber sie können auch in die Hände von Terroristen gelangen. In den USA herrscht seit den Terroranschlägen des 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington, und nach dem Irakkrieg, die große Furcht, dass es auch zu einem Atom-Terroranschlag in New York, London oder Madrid kommen könnte. Nach den schrecklichen Attentaten jetzt in Madrid am 11. März sind solche Befürchtungen noch berechtigter!

Wir müssen gegen die Atomwaffenpolitik Amerikas und der NATO sowie Russlands protestieren, wir müssen fordern, dass die internationalen Verträge, wie des Nichtverbreitungsvertrages mit seinem Artikel VI eingehalten werden, die den Abbau und schließlich die Beseitigung aller Atomwaffen festgelegt haben!

Meine Damen und Herren, als Ärzte wissen wir, dass die Verhütung von Krankheiten immer dann wichtiger als deren Behandlung ist, wenn mit der Behandlung die Krankheit nicht mehr beseitigt werden kann, denken Sie nur an AIDS. Genau das trifft für die Folgen von Atomwaffen zu: Eine einzige Atombombenexplosion in oder über einer Stadt, zum Beispiel durch Unfall, oder durch Krieg oder durch Terroristen würde ungeheuerliche Verwüstungen, Verstrahlungen und Verbrennungen sowie einen Massentod verursachen. Es gäbe dann keine wirksame Hilfe.

Daher müssen wir auch fordern, dass alle nuklearen Materialien, die für den Bau von Atomwaffen Verwendung finden können, streng kontrolliert werden und nicht global gehandelt und verkauft werden, wie es der pakistanische Atomwissenschaftler Aq Khan offenbar getan hat.

Wir müssen aber nicht nur vor den Gefahren der Atomwaffen warnen, sondern auch sogenannte Vorbeugungskriege strikt ablehnen. Heute wird von den Regierungen Amerikas und Großbritanniens behauptet, der Irakkrieg sei notwendig gewesen, obgleich man keine Massenvernichtungswaffen gefunden hat. In Amerika haben vor Ausbruch des Krieges Millionen Amerikaner auf den Strassen gegen Krieg demonstriert. Sie haben die couragierte Opposition des Deutschen Volkes und seiner Regierung bewundert und dankbar begrüsst.

Jetzt befindet sich die USA wieder in kritischen Kampagnen: Unsere Nation ist geteilt, etwa 50% stimmen der Politik der Bush-Regierung zu, die anderen 50% sind strikt gegen die Demonstrationen, wie hier in Ramstein und an anderen Orten Deutschlands und der Welt werden von der amerikanischen Bevölkerung sehr genau beachtet. Daher die große Bedeutung auch der heutigen Demonstration vor dem amerikanischen Militärflughafen in Ramstein.

Es muss die Aufgabe der Friedensbewegung sein, der amerikanischen Bevölkerung und somit der amerikanischen Regierung klar zu machen, dass es eine Torheit ist, mit sogenannter vorbeugender militärischer Gewalt Politik treiben zu wollen, in einer Welt, die über Atomwaffen verfügt.

Wir müssen die Vorzüge einer multilateralen Außenpolitik und einer gestärkten Organisation der Vereinten Nationen klar machen. Wir müssen auf die Notwendigkeit hinweisen, die Armut in der Welt zu vermindern, für Nahrung und sauberes Wasser, für die Zweidrittel der darbenden Weltbevölkerung zu sorgen, anstatt das Geld für Waffen und Militär auszugeben. Wir müssen über die Ursachen von Gewalt und Terror sprechen und diese abstellen! Nur so haben wir eine Chance, dass Terror verschwindet und Frieden einzieht.

Liebe Freunde und Freundinnen für Frieden und gegen Atomwaffen, ich bin sehr froh, heute hier mit Ihnen zusammen zu stehen. In diesem wichtigen Protest für Frieden ist Stillhalten tödlich, wie die Botschaft unserer Demonstration lautet. Ja, in der Tat, es ist tödlich, sich nicht laut und deutlich gegen Krieg und Atomwaffen auszusprechen!

Vielen Dank, dass Sie mich eingeladen und mir zugehört haben.

Quelle: IPPNW


Rede von Markus Pflüger

(Referent für Friedensarbeit bei der AG Frieden e.V. Trier)

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Ich spreche für die AG Frieden Trier als Vertreter der regionalen Friedensorganisation um Trier und damit auch für die Gruppen, die gegen den Kriegsflughafen Spangdahlem in der Eifel kämpfen - die Schwester-Airbase von Ramstein.

Rheinland-Pfalz ist bekannt als US-Flugzeugträger, die Region mit der dichtesten Militärpräsenz in Europa und der größten US-Militär-community außerhalb den USA. Mit dem Ausbau dieser zwei Flughäfen soll das trotz der Schließung anderer Standorte auch so bleiben. Ohne Rücksicht auf die Anliegergemeinden werden diese Kriegsflughäfen jetzt ausgebaut. Der Bund hat mit der US-Air-Force einen Umzugsvertrag für die Airbase Frankfurt-Main unterschieben - Ramstein und Spangdahlem nehmen die Kriegsmaschinerie von Frankfurt auf, damit der zivile Fughafenwahnsinn weiter expandieren kann. (In Spangdahlem kommen zu den 70 Munitionsbunkern und 72 Flugzeugbunkern noch vergrößerte Landebahnen, Tankanlagen, Lade-Rampen sowie 2 neue Riesentanks hinzu, Tanks die 20.000 m³ JP-8 fassen, Tanklager, die die Kapazität der bisherigen Tankkapazität der Airbase Frankfurt-Main besitzen. Hier können dann gut 10 riesige Transport-Flugzeuge wie die Galaxy gleichzeitig betankt werden und von hier aus direkt in den Krieg starten.)

Die Belastung für die Anwohner ist enorm, wie folgendes Beispiel verdeutlicht: Allein beim Start eines Kampfflugzeuges werden zirka 500 l Treibstoff verbraucht - das entspricht dem Dieselverbrauch von etwa 30.000 Bussen, die für jeden Flugzeugstart durch die keine 2km lange Anwohnergemeinde Binsfeld fahren würden. Es geht aber nicht um Diesel, es geht um das vielfach giftigere und besonders kriegstaugliche NATO-Treibstoffgemisch JP-8 - ungewöhnlich viele Menschen sterben um die Kriegsflughäfen an Krebs - es müssen verrückte Kriegsgegner sein, die dabei Zusammenhänge sehen.

Jedes Jahr gibt es in Spangdahlem jetzt schon offiziell 46.000 Flugbewegungen - wer bei solch einem Lärm noch Treibstoffverbrauch und Schadstoffmengen ausrechnen kann und will, engagiert sich gegen die Airbase - Bürgerinitiativen wie die Erweiterungsgegner Airbase Spangdahlem tun dies und brauchen unsere Unterstützung in ihrem schwierigen Kampf gegen Ausbau und Airbase. Diese Demonstration heute dient auch der Stärkung dieses regionalen Widerstandes!

Die Krönung des ganzen nennt sich in Spangdahlem “Host Nation Council Spangdahlem”: Politiker von CDU und SPD sowie Wirtschaftsvertreter - meist sind sie kaum noch zu unterscheiden - haben sich um Spangdahlem zu einem Pro-Airbase-Lobby-Verein zusammengeschlossen. Mit Steuergeldern wird für diese Kriegsmaschinerie, die einer völkerrechtswidrigen Angriffsdoktrin folgt, geworben. Ziel ist es, die einseitige Abhängigkeit der Region vom Kriegsflughafen weiter zu stärken und zu fördern. Bei einem möglichen Ende der Airbase werden dann keinerlei Alternativen bereitstehen. Wenn es für die Kriegsstrategie der USA passt, sind neue Kriegsflughäfen in Osteuropa, z.B. in Polen schnell geeigneter. Insgesamt investiert die Bundesrepublik 360 Millionen Euro in den Ausbau der Kriegsflughäfen, angesichts des Sozialabbaus ein Skandal!

Wir fordern keine Subventionen für Kriegsflughäfen und Ausbau!
Welche direkte Gefahr diese Kriegsflughäfen mit Munitionstanks, Waffendepots und Atomwaffenlager nicht nur für unwillige Schurkenstaaten darstellen, sondern besonders für die Region hier, wird vorstellbarer, wenn wir uns z.B. an den 28. August 1988 erinnern: am damaligen Flugtag stürzte bei einem Unfall die italienische Kunststaffel nach einer Kollision in der Luft in die Menschenmenge, über 300 Menschen wurden verletzt, 70 starben. Entschädigungen? Fehlanzeige!

Ramstein ist keine beliebige US-Militärbasis, sondern DAS Zentrum des US-Nachschubs und der Vorbereitung des Irakkriegs in Europa. Ramstein war und ist zusammen mit Spangdahlem Nadelöhr und Nabel der US-Kriege der letzten Jahre. Sie gehören als die zwei größten Kriegsflughäfen Europas zum Eckpfeiler der aggressiven Politik, wie sie im Nationalen Sicherheitskonzept der Bush-Regierung formuliert ist. Ramstein ist logistische Drehscheibe für die Besatzung im Irak - für deren Ende wir heute demonstrieren. Sie sind dabei Symbol und konkreter Standort der US-amerikanischen, aber auch der von Deutschland und der NATO unterstützen Kriegsmaschinerie. Diese Kriegsflughäfen dienen nämlich nicht nur den US-Streitkräften, sondern auch den NATO-Militärs - hier in Ramstein ist das Hauptquartier der Alliierten Luftstreitkräfte in Nordeuropa, hier trainieren Soldaten aus über 14 Nationen den Krieg, von hier aus führen sie Krieg.

Die Arbeitsplätze bei den Kriegsflughäfen dienen dem Tod und der Zerstörung. Das Militär verschlingt Unsummen, die unseren Sozialsystemen fehlen. Die Region braucht stattdessen nachhaltige Arbeitsplätze und lebenswerte Wirtschaftskonzepte zum Beispiel im Bereich erneuerbare Energien und Fremdenverkehr. Solche Alternativen gilt es zu entwickeln und zu fördern, statt die Kriegstrommel zu rühren, Anwohner zu enteignen und Steuergelder zu missbrauchen. Damit die Region eines Tages befreit von Lärm, Abgasen und der an vielen Kriegen beteiligten Airbase aufatmen kann, müssen für die Menschen echte Alternativen entwickelt werden. Genau das planen wir, die Gruppen um Spangdahlem, indem wir mit einer Konversionskonferenz zu Spangdahlem diesen Sommer einen ersten Impuls setzen werden.

Wir fordern Rüstungskonversion statt Ausbau von Ramstein & Spangdahlem!

Viele zeigen auf die USA und prangern zu Recht deren Kriegspolitik und deren Präventivkriegsstrategie inklusive Atombomben an. Doch diese Hand, die in Richtung USA zeigt, hat noch drei weitere Finger und die zeigen in die andere - in unsere Richtung.

Der erste Finger zeigt auf unsere rheinland-pfälzische Landesregierung, die den rücksichtslosen Ausbau der Kriegsflughäfen auf Kosten von Mensch und Umwelt fördert. Die Landesregierungen von Hessen und Rheinland-Pfalz mit Kommunalpolitikern von SPD, FDP und CDU müssen klar als Mitverantwortliche an dieser direkten Umweltzerstörung und dieser indirekten Kriegsunterstützung durch diese Flughäfen benannt werden.

Der zweite Finger zeigt auf Deutschland & die Politik der rot-grünen Regierung, die die qualitative Aufrüstung zu weltweiten Kriegseinsätzen von CDU und FDP konsequent weiterentwickelt. Rot-Grün eifert der Präventivkriegsstrategie der USA nach und will mit den neuen verteidigungspolitischen Richtlinien die Bundeswehr endgültig zu einer weltweit agierenden Interventionsarmee ausbauen, die - ich zitiere - “weder hinsichtlich ihrer Intensität noch geografisch” begrenzt sein soll. Strucks sogenannte “verteidigungspolitische Richtlinien” sind ein orwellscher Verschleierungsbegriff. In Wirklichkeit handelt es sich um kriegspolitische Richtlinien zur Wahrung von Wirtschafts- und Machtinteressen - die eh unsinnige militärische Landesverteidigung ist damit endgültig passé. Hinzu kommt, dass hier und in Büchel US-Atomsprengköpfe lagern - die Bundeswehr übt deren Einsatz und verstößt mit dieser atomaren Teilhabe gegen den Atomwaffensperrvertrag. Die rot-grüne Regierung war offiziell gegen den Irakkrieg. Dies war jedoch Wahltaktik und diente zudem wirtschaftlichen Interessen, denn faktisch wurde der Krieg sogar unterstützt: deutsche Bundeswehrsoldaten bewachten die US-Stützpunkte für den Krieg, es gab Start- und Ãœberflugrechte für diesen völkerrechts- und grundgesetzwidrigen Krieg, Bundeswehreinheiten entlasteten das US-Militär in Afghanistan und unterstützen die Koalition der Kriegswilligen im Mittelmeer. Rot-Grün unterstützt zudem den Ausbau dieser todbringenden Kriegsflughäfen finanziell und rechtlich.

Wir fordern von den Herren Struck, Schröder und Fischer: Nehmen Sie diese kriegspolitischen Richtlinien zurück, wir wollen zivile Konfliktbearbeitung statt weltweite Bundeswehreinsätze - Entmilitarisierung statt Sozialabbau!

Der dritte Finger schließlich zeigt auf Europa, denn die Militarisierung der Europäischen Union ist ein Irrweg, den die europäischen Regierungen, allen voran Deutschland und Frankreich, einschlagen - Deutschland wird bei der EU-Truppe das größte Kontingent und die Führung stellen. “Kerneuropa” nennt Fischer diese unsägliche Kriegskoalition mit der den USA - halb in Konkurrenz, halb in Kooperation - nachgeeifert wird. Die EU ist mit dem aktuellen Verfassungsentwurf neoliberalen Zuschnitts dabei, sich weiter in die falsche, militärische Richtung auszubauen. Es ist ein Unding: die erste Verfassung, in der es eine Aufrüstungsverpflichtung gibt. Zur militärischen Festung Europa gehören außerdem die Abschottungs- und Abschiebepolitik gegenüber Flüchtlingen, Demokratieabbau, Repressionen und der aktuelle Sicherheits- und Ãœberwachungswahn.

Wir sagen daher klar: Nein zu dieser EU-Verfassung, Nein zur Militärmacht EU! Für ein ziviles Europa, das den Krieg verweigert!

Bleibt noch der Daumen übrig, er steht für das kapitalistische Verwertungssystem in das diese Kriegspolitik eingebettet ist, er steht für die neoliberale Globalisierung mit Multis, Privatisierung und Freihandelsverträgen zulasten der Armen und Ausgebeuteten. Von Puebla bis Panama, von Genua bis München zeigt dieses System in dem wir leben seine hässliche Fratze.

Widersetzen wir uns diesem Krieg, denn wir wollen keine Weltmacht USA, wir wollen auch keine Weltmacht Europa oder Deutschland. Wir wollen eine andere, gerechte & friedliche Welt, ohne Atomwaffen und ohne solche Kriegsflughäfen.

Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.


Rede von Prof. Dr. Dr. Horst-Eberhard Richter

(Psychoanalytiker, Psychiater und Sozialphilosoph,
Mitbegründer und Ehrenvorstandsmitglied der Deutschen Sektion
der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges
- Ärzte in Sozialer Verantwortung [IPPNW])

Liebe Freundinnen und Freunde,

als der Chef der Vereinigten Staatschefs der USA General Omar Bradley in Pension ging, verabschiedete er sich mit Worten, die heute als Motto über unserer Veranstaltung stehen könnten:

“Wir leben im Zeitalter der nuklearen Riesen und der ethischen Zwerge, in einer Welt, die Brillanz ohne Weisheit, Macht ohne Gewissen erreicht hat. Wir haben die Geheimnisse des Atoms entschlüsselt und die Lehren der Bergpredigt vergessen. Wir wissen mehr über den Krieg als über den Frieden.”

Heute sind wir zu diesem Ort marschiert, weil er uns in besonderer Weise zwingt, der Wahrheit ins Auge zu sehen, die Bradley mahnend beschreibt. An dieser Stelle liegt ein Teil der nuklearen Riesen, von denen noch 35.000 in der Welt gehortet sind. Und wir benehmen uns in der Tat unwürdig, feige und moralisch erniedrigt, wenn wir weiterhin einer Politik gehorchen, die sich mit diesen Horrorwaffen gegen die eigene Friedensunfähigkeit versichern will.

Liebe Freundinnen und Freunde, hier und in Büchel sind insgesamt 65 amerikanische Atombomben vom Typ B61-11 gehortet, von denen jede einzelne über die 5-fache Sprengkraft der Hiroshima-Bombe verfügt, die auf einen Schlag mehr als 200 000 Menschen getötet hat. Damit verstößt die Bundesrepublik gegen den Atomwaffen-Sperrvertrag von 1970 Artikel II, wo es heißt: “Jeder Nichtkernwaffenstaat verpflichtet sich, Kernwaffen von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen.” Eine Bedrohung außer derjenigen, die von diesen Bomben selbst ausgeht, ist nirgends in Sicht. Die Bomben gehören den USA, die im Ernstfall genauso wenig fragen würden, ob sie diese einsetzen dürfen, wie sie es im Falle der von Deutschland aus gestarteten Kampflugzeuge im Irakkrieg getan haben. Ein künftiger Gegner müsste also bestrebt sein, die hiesigen Atombomben vorsorglich auszuschalten.

Das heißt: Die Menschen in dieser Gegend leben in einer andauernden nuklearen Geiselhaft. Weil das unerträglich ist, bemühen sie sich, wie sonst auch große Teile unserer Bevölkerung, daran gar nicht zu denken. Aber das entspricht dem Verhalten kleiner Kinder, die beim Versteckspielen die Augen schließen, um unentdeckt zu bleiben. Deshalb sagen wir: Verdrängen und Stillhalten sind auf Dauer tödlich!

Als der Experte Nummer eins auf dem Gebiet der Nuklearwaffen El Baradei unlängst gefragt wurde, wann die Gefahr eines Atomkrieges am größten gewesen sei, sagte er: “Gerade jetzt!” Alle haben es gelesen, dennoch blieb es still. Aber wir dürfen nicht still bleiben, liebe Freundinnen und Freunde, hier wie überall auf der Welt, wo immer die Menschen heute und in Zukunft für den Frieden demonstrieren.

Wir veranstalten hier in Ramstein kein Schaulaufen von sektiererischen Friedensprofis. Wir sehen uns vereint mit Millionen in vielen Ländern, die vor einem Jahr verhindern wollten, dass im Irak 10.000 Zivilisten für die Befreiung von einer Weltbedrohung sterben mussten, die dort gar nicht existierte.

In diesen Tagen haben wir den Tod von 200 Menschen in Madrid zu betrauern, die Opfer von verbrecherischem Terror geworden sind. Sie sind aber auch indirekt Opfer des Irakkrieges. Das sieht die Mehrheit der Spanier genauso und hat deshalb ihre Kriegsregierung abgewählt. Das ist inmitten der Trauer ein Zeichen großer Hoffnung. Der amerikanische Philosoph Richard Rorty hat soeben den Krieg gegen den Terrorismus eine schlimmere Gefahr als den Terrorismus selbst genannt.

In Israel/Palästina gab es drei Jahre fast keinen Terrorismus, als die Palästinenser nach der Vereinbarung von Oslo auf einen eigenen autonomen Staat auf die Befreiung der besetzten Gebiete hoffen konnten. Das, liebe Freundinnen und Freunde, ist das Rezept, Terrorismus zu überwinden. Das Ziel des Westens muss sein, in Ebenbürtigkeit zusammen mit den islamischen Ländern auf eine gemeinsame Sicherheit hinzuarbeiten, anstatt weiterhin in dem Zirkel von Gewalt und Gegengewalt gefangen zu bleiben.

Aber zurück zu den Ausrottungswaffen, die hier gelagert sind und die selbst eine terroristische Bedrohung der schlimmsten Art darstellen. Gerade vor wenigen Tagen haben 93 Prozent der befragten Bundesbürger in einer Forsa-Umfrage für eine umgehende Beseitigung der auf deutschem Boden gehorteten Atombomben als ersten Schritt zu einer vollständigen atomaren Abrüstung votiert. Wir verlangen, dass unsere Regierung handelt!

Wir wollen nicht länger zu den moralischen Zwergen gehören, die feige ihre eigene Verantwortung an die verantwortungslosen Nuklearwaffen abtreten. Wir weigern uns, die Politik atomarer Bedrohung zu unterstützen, die nur Angst, Wut, Rache und Terrorismus schürt. Wir glauben an die menschliche Kraft, mit der Nelson Mandela und die Menschen in Südafrika eine der furchtbarsten Gewaltspiralen der Welt friedlich überwunden haben. Und wir kämpfen dafür, dass diese Kraft die Politik der Zukunft bestimmen muss!

Quelle: IPPNW


Rede von Dr. Franz Alt

(Journalist, 1972-1992 Leiter und Moderator des politischen Magazins “Report”,
bis 2003 Leiter und Moderator des 3sat-Magazins “Grenzenlos”)

Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens,

heute vor einem Jahr begann der Irak-Krieg. Er hat über 12.000 Menschen das Leben gekostet. 15 Millionen Menschen hatten gegen diesen Krieg protestiert. Wir konnten ihn nicht verhindern. In einer solchen Situation kann man resignieren oder neue Kräfte sammeln.

Heute vor einer Woche, in der Nacht von Samstag auf Sonntag hat uns die spanische Friedensbewegung gezeigt, wie man selbst in einer furchtbaren Situation neue Kräfte sammeln und eine Regierung in die Knie zwingen kann.

Der neue spanische Ministerpräsident hat angekündigt, seine Truppen aus dem Irak abzuziehen. Das Chaos, welches George W. Bush im Irak angerichtet hat, hat inzwischen aber auch die südkoreanische, die polnische, die australische und seit gestern auch die ersten Mitglieder der italienischen Regierung zum Umdenken veranlasst. Die “Koalition der Willigen wankt” (Süddeutsche Zeitung). Selbst die Willigsten werden immer unwilliger!

Wieder einmal hat sich gezeigt: Gewalt ist nicht durch Gewalt zu besiegen und ein Massenmord kann nicht durch einen weiteren Massenmord gesühnt werden. Einige deutsche Kommentatoren haben gemeint, die Abwahl der spanischen Regierung sei ein Sieg des Terrorismus. Das kann nur vermuten, wer Ursache und Wirkung verwechselt. Die von der spanischen Friedensbewegung initiierte Abwahl war ein Sieg der Demokratie, ein Sieg der Wahrheit und ein Sieg für eine friedlichere Welt.

Wir empfehlen den Wählerinnen und Wähler in England und Polen, in Australien und in Italien und in den USA bei der nächsten Wahl auch ihre Kriegspolitiker in die Wüste zu schicken und nur noch solche Politiker und Parteien zu wählen, denen Frieden und Versöhnung wichtiger ist als Rache und Gewalt. Auch als deutsche Wählerinnen und Wähler sollten wir bei den hiesigen nächsten Wahlen nicht vergessen, dass noch vor einem Jahr konservative deutsche Spitzenpolitiker uns gesagt haben: Wenn wir an der Regierung wären, würden wir George W. Bush unterstützen. Frau Merkel und Herr Koch, Sie müssen auch in Zukunft mit der deutschen Friedensbewegung rechnen.

Nach jedem Terroranschlag - auch nach dem 11. September - steht eine betroffene Gesellschaft und ihre Regierung vor dieser Frage: Wollen wir in unserer Wut trauern und auch nach den Ursachen fragen oder wollen wir in unserer Trauer nur wüten und Rache üben.

George W. Bush wollte Rache und er wollte das Öl. Das Ergebnis ist ein noch größeres Chaos und noch mehr Leid als früher. George W. Bush hat letztlich keine Kriege gegen den Terror geführt - seine Kriege haben den Terrorismus weltweit stärker gemacht als je zuvor. Wer es bis jetzt nicht geglaubt hat oder nicht wusste, dem wurde wieder einmal vorgeführt, dass sich mit Gewalt politische Probleme eben nicht lösen lassen..

Die USA geben zur Zeit in 32 Stunden mehr Geld für Kriege und Kriegsvorbereitung aus als die UNO in einem Jahr Geld zur Verfügung hat. So wird Frieden niemals möglich. Die 3000 Toten in New York und die 200 Toten in Madrid waren ein schreckliches Verbrechen. Aber wenn er dabei übersehen, dass in den Drittweltländern jeden Tag 25.000 Menschen verhungern, dann haben wir aus der Tragödie des 11. September und des 11. März nichts gelernt.

Erst wenn wir endlich Antworten finden auf die Tatsache, dass in der Dritten Welt jeden Tag 11. September ist, erst dann haben wir eine Chance den Terrorismus an der Wurzel zu überwinden. Der Vorschlag des Pazifisten aus Nazareth, Feindesliebe zu lernen, könnte uns einen neuen Weg zum Frieden zeigen. Feindesliebe heißt ja nicht: lass dir alles bieten. Intelligente Feindesliebe heißt aber sehr wohl: Sei klüger als dein Feind!

Frieden kann es niemals geben, wenn die einen Atomwaffen haben und die anderen verhungern. Ohne mehr Gerechtigkeit kommen wir dem Frieden nicht näher. Deshalb muss Schluss sein mit der atomaren Geiselhaft der ganzen Welt durch die USA und die anderen Atommächte. Atomwaffen hatten nie etwas mit effektiver Sicherheit oder Verteidigung zu tun. Heute, in den Zeiten des Terrorismus, sind sie jedoch ein mögliches Angriffsziel von Terroristen, also eher die Ursache von Unsicherheit und Angst.

Atombomben, auch die 65 in Ramstein stationierten Atombomben, bringen keine Sicherheit, sie gefährden vielmehr unsere Sicherheit. Die Welt wird erst sicherer, wenn sie atomwaffenfrei ist. Deshalb kann eine Friedensbewegung, die diesen Namen verdient, nur fordern: Alle Atomwaffen auf der ganzen Welt müssen verschrottet werden und beginnen damit müssen diejenigen, welche die meisten Atombomben besitzen. Es gibt nur einen effektiven Weg zur Abrüstung: wer abrüsten will, muss selber abrüsten.

Gestern Abend sprach George W. Bush vor ausländischen Diplomaten. Er sagte: “Der Irak ist heute ein freies und demokratisches Land.”

Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens, es ist gut, dass Saddam Hussein nicht mehr den Irak beherrscht. Aber Voraussetzung für Freiheit und Demokratie ist Gerechtigkeit und Angstfreiheit. Die Welt kann nicht wirklich frei werden, solange die vier reichsten US-amerikanischen Männer über mehr Geld verfügen als die eine Milliarde der Ärmsten. Solange die Armen immer ärmer werden, kann es auch den Reichen nicht wirklich gut gehen.

Unsere Forderung an diesem Tag

  • Erstens
    Das Völkerrecht muss endlich wieder beachtet und die UNO gestärkt werden. Seit dem Westfälischen Frieden waren Präventivkriege verboten. Die Bush-Regierung hat die Welt um 350 Jahre zurückgebombt. Nie wieder Angriffskriege! Das ist die erste Lehre dieses heutigen Jahrestages.
  • Zweitens
    Imanuel Kants Idee vom ewigen Frieden kann und muss endlich zur Leitpolitik jeder Außenpolitik im 21. Jahrhundert werden. Krieg ist nicht unser Schicksal - Frieden und Entwicklung sind möglich.
  • Drittens
    Solange AKWs laufen, wird der Stoff produziert, mit dem Atombomben gebaut werden können. Die Gefahr eines Atomkrieges wird erst beseitigt, wenn alle Atomkraftwerke geschlossen sind. Es ist also auch unverantwortlich, die Hanauer Plutoniumfabrik nach China zu liefern. Wir fordern den Bundeskanzler auf, seine voreilige Zusage zu revidieren. Dafür ist es nicht zu spät.
  • Viertens
    So wenig wie Deutschland braucht China Atomkraftwerke und Atombomben. Wir werden lernen Abschied zu nehmen von Atomenergie, aber auch von Kohle, Gas und Öl. Nur so überwinden wir Kriege um Öl und Gas. So wie es Alternativen gibt zum Krieg, gibt es selbstverständlich auch Alternativen zum heutigen atomar-fossilen Energiemix. Die 100-prozentige solare Energiewende ist ein wesentlicher Schritt zum Frieden. Deutschland ist erneuerbar. Die wichtigste politische Frage des 21. Jahrhunderts heißt: Krieg um Öl oder Frieden durch die Sonne?

Nachdem die Regierung Bush vor einem Jahr die Weltmeinung brutal missachtet hat, fordern wir endlich die Demokratisierung der Vereinigten Staaten von Amerika. Mit Wahlfälschern und Kriegstreibern kann man keine friedliche Welt organisieren. Wir sind tief davon überzeugt, dass eine andere und eine bessere Welt möglich ist.

Quelle: sonnenseite.com

Weitere Reden anlässlich des “Internationalen Aktionstag gegen Krieg” am 20. März 2004 auf der Lebenshaus-Website:

> Schritte zur Abrüstung - im Irak, in Deutschland und weltweit! - Rede von Jürgen Grässlin

Veröffentlicht am

21. März 2004

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