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Das Kolonialdepartment

Von Cecilia Zarate - ZNet 10.02.2004

1960 war ein entscheidendes Jahr für Lateinamerika. Damals läutete die Revolution in Kuba die Wende ein. Ein Wind (der Veränderung) wirbelte über den Kontinent. Auf die kubanische Herausforderung reagierten die USA mit Wut; sie benutzten die OAS (Organisation der Amerikanischen Staaten) als ihren politischen Arm. Der geliebte ‘Leader’ Ernesto ‘Che’ Guevara benannte die OAS daraufhin in ‘Kolonialdepartment’ der USA um.

Daran muss ich denken, wenn ich die kolumbianische Presse durchgehe. Am Samstag, den 24. Januar berichtete Kolumbiens führende Zeitung, El Tiempo, mit Sitz in Bogota, OAS-Generalsekretär Cesar Gaviria - ein früherer kolumbianischer Präsident - entschied sich zur Unterzeichnung eines Abkommens mit der Regierung Alvaro Uribe Valez. Laut dieses Abkommens verpflichtet sich die OAS, den “Friedensprozess” Präsident Uribes zu unterstützen. Die OAS soll die (kolumbianische) Waffenruhe, das Ende der Feindseligkeiten, die Entwaffnung sowie die Rückkehr der Paramilitärs in die (kolumbianische) Gesellschaft überwachen. Das Abkommen wurde nachts hinter verschlossenen Türen unterzeichnet - ohne Zustimmung der OAS-Mitgliedsstaaten, vor allem aber ohne die Zustimmung jener Staaten in der Hemisphäre, die den kolumbianischen Friedensprozess besonders unterstützen: Argentinien, Mexiko, Brasilien und Kanada. Aber auch mit den übrigen OAS- Mitgliedern wurde das Abkommen nicht diskutiert.

Ein sehr ernster Schritt - da hier ein Prozess legitimiert wird, der bei keiner respektierten internationalen Organisation (wie EU oder UN) Unterstützung findet. Die Isolation erklärt sich dadurch, dass Uribes “Friedensprozess”-Leute völlig frei ausgehen lässt - Gegenleistung: null - die horrende Verbrechen verübten. So wird die Wahrheit über das, was geschehen ist, nie ans Licht kommen, der Gerechtigkeit wird nicht Genüge getan, und es wird auch keine Opferentschädigung geben.

Aber es kommt noch schlimmer. Die paramilitärische Dachorganisation AUC - Autodefensas Unidas de Colombia - ist vom US-Außenministerium seit langem zur Terrororganisation erklärt. Das Außenministerium verlangte die Auslieferung der AUC-Führung, beschuldigt sie des Drogenhandels. Und genau von diesen paramilitärischen Führern wird der jetzige (Friedens-)Prozess diktiert. Sie haben die Bedingungen festgelegt und drohen regelmäßig mit Ausstieg aus den Verhandlungen, sollte man sie ihnen nicht erfüllen.

Cesar Gaviria ist jener Generalsekretär der OAS, der von der Clinton-Administration handverlesen ausgesucht wurde - in einer berüchtigten Wahl, die zu einer massiven Verstimmung der OAS-Mitgliedsländer führte. Gaviria lässt keinerlei Respekt vor der fragilen interamerikanischen Organisation (OAS) erkennen; vielmehr hat er weiter zu ihrer Schwächung beigetragen. Im vorliegenden Fall gibt aber vor allem die Haltung der USA große Rätsel auf. Die Vereinigten Staaten verhalten sich in der Sache verdächtig still. Könnte es nicht sein, dass Mr. Gaviria die Anordnungen Washingtons befolgt? Währenddessen setzen die AUC ihr Tod und Zerstörung bringendes Werk in den ländlichen Regionen Kolumbiens fleißig fort. So berichten Menschenrechts-NGOs in Kolumbien von weiteren Morden, Verschwundenen, von Massakern und kriminellen Übergriffen überall im Land - begangen durch AUC-Mitglieder. Und das Ganze mitten in einem “Friedensprozess” mit der Uribe-Regierung, der den Segen der OAS genießt. Die kolumbianische Regierung lässt nicht das mindeste Schamgefühl erkennen - im Angesicht der internationalen Gemeinschaft.

Wie die mexikanische Zeitung ‘El Independiente’ berichtet, war die Regierung Mexikos über das oben erwähnte Abkommen nicht informiert. Wen wundert’s: Was interessiert Gaviria schließlich Mexiko? Zweck eines Kolonialsekretärs ist es, Metropolis bei Laune zu halten. Durchaus denkbar, dass die USA eine wichtige Botschaft an ihre restlichen Kolonien in der Hemisphäre senden wollten: Zur Verteidigung unserer Interessen - wie Ausweitung der panamerikanischen Freihandelszone FTAA - brauchen wir, die USA, “Frieden” in der Hemisphäre. Kleinigkeiten wie Gerechtigkeit, Wahrheit, Entschädigung spielen da keine Rolle. Wichtig ist, man hat einen zynischen, gehorsamen Sekretär wie Cesar Gaviria zur Hand. Der Rest - Bagatellkram.


Cecilia Zarate ist Mitbegründerin und Programmdirektorin des ‘Colombia Support Network’ in Madison, Wisconsin, USA.

Quelle: ZNet Deutschland vom 11.02.2004. Übersetzt von: Andrea Noll. Orginalartikel: “Department of Colonies” .

Veröffentlicht am

11. Februar 2004

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