Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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Noch jede große Veränderung ist durch Minderheiten in Gang gesetzt worden

Von Michael Schmid/Katrin Warnatzsch, aus: Runbrief des Lebenshaus vom Dezember 2001

Wo bleiben eigentlich die Visionen? Da ist sich die US-Regierung sofort nach den Terror-Attentaten klar darüber, dass Terrorbekämpfung den Einsatz von Militär braucht. Bundeskanzler Schröder hat nun innenpolitisch durchgesetzt, dass sich deutsche Soldaten an Militäreinsätzen beteiligen dürfen. Wenn alle großen Mächte militärisch gestützte Außenpolitik betreiben und Krieg führen, dann soll Deutschland nicht mehr länger abseits stehen. Warum geht unser Land nicht einseitig voran auf einem Pfad der Selbstbeschränkung, der möglichst ohne Gewalt auszukommen versucht? Und weil es so schwierig ist angesichts unserer Verflochtenheit in strukturelle Gewalt, warum dann nicht zumindest mal ohne Militär? Wo bleiben die Politikerinnen und Politiker, die derartige Visionen teilen und sie nicht pragmatischer Machtpolitik opfern?

Der SPD-Politiker Erhard Eppler hat einmal in Abwandlung eines Luther-Zitates gesagt: “Hier stehe ich, ich kann auch anders!” Politikerinnen und Politiker können dann anders, wenn Menschen an der Basis der Gesellschaft dies wollen. Deshalb sind wir fest davon überzeugt, dass wir Bürgerinnen und Bürger brauchen, die bereit sind für ihre Vision von Frieden und Gerechtigkeit mit lieb gewordenen Tabus zu brechen. Auch wenn der Preis für diesen Tabubruch hoch sein sollte. Wir brauchen also Menschen, die ihr Geld nicht mehr für hohe Zinsen besinnungslos zur Bank tragen, sondern so damit umgehen, dass es auf jeden Fall humanen Zielen dient. Wir brauchen Frauen und Männer, die ein Stück Beruf aufgeben, um anderen Menschen zu helfen oder sich politisch zu engagieren. Wir brauchen diejenigen, die den Umgang mit Flüchtlingen in diesem Land klar und deutlich als inhuman und menschenunwürdig bezeichnen und mit dem Tabu brechen, unser Staat sei in diesem Zusammenhang frei von rassistischem Verhalten. Wir brauchen diejenigen, die öffentlich klar ihre Meinung kundtun, dass Krieg nicht die richtige Antwort sein kann, um die Spirale von Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen.

Noch jede große Veränderung ist durch Minderheiten in Gang gesetzt worden. Deshalb gibt es keinen Grund zur Resignation, wenn es oft nur Wenige sind. Und manchmal sind es ja auch richtig viele, wie kürzlich in Stuttgart beispielsweise, wo immerhin gut 30.000 Menschen gegen die Bombardierung Afghanistans und den Krieg als Antwort auf Terrorismus demonstriert haben.

Dennoch sind diejenigen oft ziemlich vereinzelt, die sich für humane Ziele wie Mitmenschlichkeit, soziale Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit, umweltgerechtes Wirtschaften und Leben engagieren.

Mit dem Lebenshaus versuchen wir an verschiedenen Stellen Tabus anzutasten. Die Reaktionen auf unsere Aktivitäten fallen erwartungsgemäß nicht nur positiv aus.

Uns persönlich helfen beim Mutschöpfen Vorbilder, die kräftig mit Tabus aufgeräumt haben: Jesus, Gandhi, King. “Wer mich hört, hört nicht auf Meinungen von Freunden oder Parteigenossen. Er riskiert den Streit, die Konfrontation. ER steht und geht. er wagt den aufrechten Gang”, hat Jörg Zink einmal über Jesus geschrieben. Jesus stellte sich an die Seite der Ausgegrenzten, ging zu den Leidenden und Beladenen. Gandhi und King haben im 20. Jahrhundert gezeigt, welche verändernde Kraft der Gewaltfreiheit innewohnt. Der eine hat damit die gewaltlose Befreiung Indiens vom Kolonialismus bewirkt. Der andere hat seinen Traum von der Überwindung des Rassismus, der Armut und des Krieges nicht nur so vor sich hingeträumt, sondern so dafür gelebt, dass eine große verändernde Kraft davon ausging. Diese drei herausragenden Persönlichkeiten sind für uns Herausforderung und Ermutigung zugleich.

Ermutigend sind für uns auch viele Menschen der Gegenwart, die sich engagiert für eine humane Zukunft einsetzen. Wir schätzen uns glücklich, einige davon persönlich zu kennen und mit ihnen befreundet zu sein.

Schließlich ist es aber auch das Projekt Lebenshaus selber, aus dem wir viel Ermutigung ziehen können. Es ist zwar oft Stein des Anstosses und will dies ja auch sein. Gleichzeitig sind für uns dabei ganz besonders ermutigend die vielen Menschen, die es durch ihre Unterstützung ermöglichen, dass wir diesen Weg überhaupt gehen können. Darauf sind wir angewiesen! Und wir freuen uns über jede solidarische Geste. Herzlichen Dank!

Veröffentlicht am

19. November 2001

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