Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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Es tut sich was in Europa gegen den drohenden Krieg und in den USA ebenfalls

Von Michael Schmid - Auszüge aus Leitartikel im Rundbrief des Lebenshaus Schwäbische Alb e.V., Nr. 35 vom Dezember 2002.

Es ist etwas in Bewegung gekommen, in den letzten Jahren, das Hoffnung macht: die weltweiten globalisierungskritischen Bewegungen. Attac, das Menschen und Organisationen verbindet, die für soziale und ökologische Gerechtigkeit im Globalisierungsprozess streiten, ist ein Teil davon. Das Netzwerk wurde 1998 in Frankreich gegründet. Das Wachstum ist rasant. Derzeit hat Attac 80.000 Mitglieder in 30 Ländern. Seit Anfang 2000 gibt es Attac auch in Deutschland als ein breites gesellschaftliches Bündnis. Ihm gehören heute (15.11.02) 10.271 Einzelpersonen und Organisationen als Mitglied an. Und morgen werden es schon wieder mehr sein! Das Lebenshaus Schwäbische Alb ist bereits sehr früh, nämlich im März 2000, Mitglied dieses Netzwerks geworden und ist damit eine Mitgliedsorganisation neben 90 weiteren. Gemeinsam mit den vielen anderen sind wir davon überzeugt: “Globalisierung ist kein Schicksal - eine andere Welt ist möglich!”

Es ist eine tiefe Sehnsucht bei vielen Menschen nach Veränderung zu spüren. Das macht Mut!

Zum Abschluss des Europäischen Sozialforums versammelten sich dann zwischen 800.000 und 1 Million Menschen zu einer Riesendemonstration gegen den Krieg im Irak, bei der zu massivem Widerstand gegen das Kriegstreiben aufgerufen wurde. Ein Attac-Mitglied fasste zusammen: “Eine Welle von Demonstrationen, Aktionen zivilen Ungehorsams und Konferenzen gegen den Krieg wird über Europa gehen!”

Mit Sorgen erfüllt uns, dass ein Krieg gegen Irak unmittelbar bevorzustehen scheint. Die Mobilisierung der Kriegsmaschinerie der US-Administration ist Ende November abgeschlossen. Der Krieg könnte bereits Mitte/Ende Dezember begonnen werden. Andere Vorhersagen datieren einen möglichen Kriegsbeginn auf Februar/März nächsten Jahres. Dann wird es auch zu spät sein für die Bundesregierung, sich von ihrer Verwicklung aus dem Krieg zurückzuziehen. Deshalb fordert die Friedensbewegung von der rot-grünen Bundesregierung, der Bush-Administration jegliche wirtschaftliche und logistische Hilfe für diesen Krieg zu verweigern.

Ein Krieg gegen Irak hätte verheerende Auswirkungen. Scott Ritter, ehemaliger US-Waffeninspekteur im Irak warnt, dass Amerika den Irak “schlachten” wird, wenn der Krieg erst begonnen hat. Für die Zivilbevölkerung im Irak würde er erneut schreckliche Leiden bedeuten, in der Region kann er weitere Konflikte und Instabilität mit sich bringen.

In einer Studie der Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges und in sozialer Verantwortung (IPPNW) wird mit 48.700 bis 261.000 Toten auf allen Seiten im Falle eines konventionellen, drei Monate andauernden Krieges gerechnet. Käme es zusätzlich zu einem Bürgerkrieg im Irak oder zu atomaren Anschlägen, würde sich die Zahl der geschätzten Todesopfer auf 375.000 bis 3.889.100 erhöhen.

Diese kriegstreiberische Politik lässt viele Menschen nicht mehr unberührt. So kamen beispielsweise zu der vom Lebenshaus unterstützten Tagung “Alternativen zur Gewalt” Ende Oktober mehr als 200 Menschen. Die Versammlung hat erfolgreich Friedensbewegung, Globalisierungskritiker und Ökologiebewegung zusammengeführt. Die TeilnehmerInnen waren sich darin einig, den Widerstand gegen Krieg und Terror zu verstärken und gleichzeitig alternative und gewaltfreie Konzepte zu entwickeln.

Zum Abschluss des Europäischen Sozialforums in Florenz, am dem Attac aktiv beteiligt war, versammelten sich dann zwischen 800.000 und 1 Million Menschen zu einer Riesendemonstration gegen den Krieg im Irak, bei der zu massivem Widerstand gegen das Kriegstreiben aufgerufen wurde. Ein Attac-Mitglied fasste zusammen: “Eine Welle von Demonstrationen, Aktionen zivilen Ungehorsams und Konferenzen gegen den Krieg wird über Europa gehen!”

Doch nicht nur in Europa tut sich was, fast noch wichtiger, in den USA ebenfalls. Als wir im vergangenen Sommer während unserer Studienreise (“Auf den Spuren von Martin Luther King”) bei einer Kundgebung anlässlich des Hiroshima-Tags vor dem Lincoln-Memorial in der US-Hauptstadt Washington teilnahmen und dabei gerade rund 80 Menschen zusammen kamen, fühlten wir uns ziemlich ernüchtert. Wir alle hatten die Bilder der riesigen Kundgebung der Bürgerrechtsbewegung aus dem Jahre 1963 mit 250.000 Menschen im Kopf.

Doch jetzt, am 26.10.2002, versammelten sich 100.000 Menschen in Washington zu einer Kundgebung am Vietnam-Mahnmal, um gegen den Irak-Krieg zu protestieren. Gleichzeitig demonstrierten an diesem Tag Hunderttausende in zahlreichen anderen Städten der USA gegen den geplanten Irak-Krieg. Und parallel zu den Demonstrationen in USA und einigen anderen Ländern haben sich in vielen (weit über 80) Städten der Bundesrepublik Friedensgruppen und GlobalisierungskritikerInnen am Aktionstag gegen einen Irak-Krieg beteiligt. Die sich - besonders auch in den USA selbst - neu formierende Friedensbewegung will “den Krieg stoppen, bevor er beginnt”.

Ermutigend neben vielen Massendemonstrationen und angekündigten Aktionen des zivilen Ungehorsams sind auch Stimmen aus den USA selber. “Was für eine Welt wird das sein, in der die US-Regierung praktisch Blankovollmacht besitzt, überall und wo immer sie will ihre Bomben abzuwerfen, ihre Militärkommandos oder Mörder einzuschleusen?” fragten 4.000 prominente US-BürgerInnen in ihrem Aufruf “Not in our name” am 19. September 2002 in der New York Times. Als die Anzeige am 4. Oktober in der Los Angeles Times erschien, waren es schon über 16.000 UnterzeichnerInnen.

Mitte November hat die katholische Bischofskonferenz der USA mit ganz großer Mehrheit eine Resolution beschlossen, in der sie sich gegen einen Militärschlag gegen Irak aussprach.

Lassen wir uns also nicht durch Anti-Amerikanismus-Vorwürfe in die Irre leiten. Lassen wir uns durch kriegskritische Stimmen aus den USA ermutigen und werden wir selber aktiv! Und hoffen wir, dass durch die massenhaften Aufbrüche auch politisch Einfluss genommen werden kann.

Trotzdem ist es wichtig, sein eigenes Engagement nicht nur vom Erfolg abhängig zu machen. Aus jahrzehntelanger Erfahrung wissen wir, dass die sozialen Bewegungen mal mehr, mal weniger Zulauf haben. Und zu manchen Zeiten scheint es vermessen, überhaupt von Bewegung zu reden.

Deshalb sind auch die Menschen in Initiativen wichtig, die weitgehend unabhängig von Bewegungskonjunkturen ihr Engagement fortsetzen. Menschen, die versuchen, ihre Visionen in die Praxis umzusetzen. Die erkannt haben, dass die persönliche und die gesellschaftliche Veränderung unauflöslich miteinander verquickt sind. Die in Gemeinschaft mit anderen gleichzeitig an ihrem persönlichen Charakter, an der Politik und im Sozialen sowie an der Veränderung ihres Umfelds arbeiten. Mit dem Projekt Lebenshaus versuchen wir, uns diesen Herausforderungen zu stellen.

Veröffentlicht am

21. November 2002

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