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Krieg um Öl oder Frieden durch die Sonne?

Von Franz Alt

Zwischen 1960 und dem Jahr 2000 hat sich der weltweite Erdölverbrauch vervierfacht. Jetzt stagniert er seit drei Jahren. 2002 hatten wir erstmals seit langem einen Rückgang von einem Prozent. Was bedeutet Stagnation der Ölförderung bei gleichzeitigem Anstieg des globalen Energieverbrauchs?

Die Fossile der fossilen Energiewirtschaft und ihre Helfershelfer in allen Parteien haben vor dieser Fragestellung eine panische Angst. Die Endlichkeit der alten Energiereserven gibt endlich den Blick frei auf eine moderne Industriepolitik, die komplett auf erneuerbaren Energiequellen basiert, welche für “alle” Zeit zur Verfügung stehen. In etwa 40 Jahren ist das Erdölzeitalter zu Ende, in etwa 50 Jahren werden wir kein Gas und vielleicht in 60 Jahren keine Kohle mehr zum Heizen und zur Stromerzeugung einsetzen. Sonne, Wind, Wasserkraft und Bioenergie hingegen stehen “ewig” zur Verfügung. Das Solarzeitalter kommt. Die Sonne scheint noch etwa 4,5 Milliarden Jahre.

Die jüngeren Leser dieser Zeilen erleben noch das Ende des Erdölzeitalters. Es gibt einen Fluchtweg aus dem Treibhaus und einen Ausweg aus den Ressourcenkriegen. Vielleicht gibt George W. Bush mit seinem Irak-Krieg dem Ölzeitalter schon die letzte Ölung, weil die zivilisierte Welt danach begreifen wird, dass Kriege um Öl zu teuer, unmoralisch und viel zu gefährlich sind. 30 Tage Bomben können 30 Jahre Terrorismus zur Folge haben. Spätestens dann erhält das Zukunftsmotto eine Chance: Solarier aller Länder, vereinigt Euch!

Nicht die Förderung des “letzten Tropfens” Öl ist die entscheidende Wende für eine neue Weltenergiepolitik, sondern das Erreichen des Maximums der Ölförderung wird zu einem energiewirtschaftlichen Strukturbruch führen. Dieser Zeitpunkt ist gekommen. Die Zeit der jährlich wachsenden Ölfördermengen wird in den nächsten Jahren abgelöst durch eine Zeit stetig zurückgehender Ölförderungen. Daran ändern auch neue Funde von Ölschiefer, Ölsanden oder Teersanden nur wenig. Deren Förderung wird weit teurer als die technologisch einfache Gewinnung von Energie aus kostenlosen Quellen wie Sonne, Wind und Wasser. Sonne, Wind und Wasser schicken keine Rechnung. Der entscheidende Vorteil der solaren Energiewende ist der Preis. Den Stoff gibt es exakt dort, wo er gebraucht wird. Wegekosten entfallen weitgehend. Und Brennstoffkosten gibt es überhaupt nicht. Allein die Sonne schickt uns 15.000-mal mehr Energie als die 6,2 Milliarden Menschen zurzeit verbrauchen. Worauf warten wir eigentlich? Die Herren Georges W. Bush, Dick Cheney und Donald Rumsfeld, aber auch Condolezza Rice werden nicht zu den Gewinnern der Ressourcenkonflikte gehören, auch wenn sie natürlich den Irak-Krieg militärisch gewinnen werden.

Da das Gewinnen von Erneuerbarer Energien immer preiswerter und umweltfreundlich ist, die alten Energien aber immer teurer werden und die Umwelt zerstören, ist absehbar, dass sich die Preisanstiegskurve der alten Energien und die Preisabstiegskurve der regenerativen Energien bald kreuzen. Danach geht es rasant abwärts mit Kohle, Gas und Öl. It’s the economy, stupid!

Aber es wird doch immer mehr Öl gefunden, wird gerade in diesen Tagen wieder publiziert. Der Zeitpunkt solcher Meldungen über wunderbare Ölvermehrung ist kein Zufall. Die Ölindustrie frisiert ihre Statistiken, um die Aktionäre bei Laune zu halten. Tatsache ist: wir kennen heute 42.000 Ölfelder. In etwa einem Prozent dieser Felder waren 75 Prozent allen bisher gefundenen Öls enthalten. Die meisten dieser ungefähr 400 großen Felder wurden schon vor 30 Jahren entdeckt. Neue kamen kaum hinzu. Seitdem wird tendenziell immer weniger Erdöl gefunden. Neu entdeckt werden hauptsächlich kleine Felder, beweisen die Energieexperten Colin J. Campbell, Jörg Schindler und Werner Zittel in ihrem Buch “Ölwechsel”. Die Autoren vermuten, dass etwa 90 Prozent aller förderbaren Ölreserven gefunden sind.

Viel wesentlicher ist: Wir verbrennen heute in einem Jahr so viel Kohle, Gas und Öl wie die Natur in 500.000 Jahren angesammelt hat. Mit nachhaltiger Energiewirtschaft hat dieser Verbrennungsrausch nichts zu tun. Wir benehmen uns wie Pyromanen. Solange wir uns von dieser Krankheit nicht verabschieden, müssen wir Kriege führen. George W. Bush und seine Hintermänner in der US-Energiewirtschaft stecken in der Energiefalle.

Die Bush-Krieger hängen am Tropf der Ölwirtschaft wie ein Junkie an der Nadel. Die Droge Öl ist das Verhängnis der modernen Industriegesellschaften, nicht nur der USA. Die Chefmathematiker der Münchner Rückversicherung haben nach der letzten Flutkatastrophe ausgerechnet: wenn wir weiter mit Kohle, Gas und Öl das Klima aufheizen wie bisher, dann wird bis spätestens 2060 das gesamte Weltbruttosozialprodukt nicht mehr ausreichen, um auch nur noch die Naturschäden finanzieren zu können. Der totale Ölrausch wird von Öl-Dealern inszeniert. Mitten im Rausch sieht man selten Wege zur Trockenheit. Dennoch gibt es sie. Jedem Rausch folgt die Ernüchterung.

Je schneller die Industrialisierung Indiens, Chinas und Afrikas voranschreitet, je mehr Menschen in “Dritte-Welt-Ländern” sich westliche Energie-, Mobilitäts- und Lebensstandards aneignen, desto rascher wird allen der alte Stoff ausgehen. Und desto rascher wird er teurer.

Die Mythen der alten Energiewirtschaft verblassen. Die Vertreter der Fossilen mit George W. Bush an der Spitze entmythologisieren sich selbst. Der Stoff wird unbezahlbar, geht zu Ende, fordert Millionen Menschenleben und schafft auch keine neuen Arbeitsplätze mehr. Die Pyromanen pfeifen bald aus dem letzten Loch.

Den heutigen Ökonomen und so genannten Realpolitikern gilt jede fossile Utopie als realistisch und jede solare Vision als unrealistisch. Das ist ihr Grundwiderspruch. Aber Naturgesetze können sie nicht ändern. An diesem Grundwiderspruch scheitert zurzeit noch jeder Fortschritt beim Thema Frieden, beim Thema Umweltschutz, beim Thema Wachstum, beim Thema internationale Gerechtigkeit, beim Thema zukunftsfähige Arbeitsplätze. Diesen Grundwiderspruch gibt es zu erkennen und zu überwinden.

Kohle, Gas und Öl, aber auch Uran zum Betreiben von AKWs, sind endlich. Sonne, Wind, Wasser, Biomasse, Wellen- und Strömungsenergie der Ozeane oder auch Gezeitenkraft sind unendlich. Um Öl wurden und werden Kriege geführt. Um Sonne oder Wind Kriege führen zu wollen, wäre absurd, ja unmöglich. Denn die Sonne hat einen Sicherheitsabstand zu Erde von 150 Millionen Kilometern. Und sie scheint für alle: für George W. Bush, für Bin Laden, für Saddam Hussein, für dich und mich, auf jedes Dach und an die meisten Wände.

Deshalb heißt die wichtigste Frage im 21. Jahrhundert: Krieg um Öl oder Frieden durch die Sonne? Entweder wir schaffen die heutige Energiepolitik ab oder diese schafft uns ab. Die Ressourcenkämpfe werden schließlich im Atomzeitalter ausgetragen. Entscheidend wird sein, ob die Menschheit ihr Leben fossil weiter verträumt oder ihre solaren Träume endlich lebt. An Iraks Grenzen Solaranlagen zu installieren würde dem Frieden mehr dienen als das Land zu bombardieren.

Dieser Text wird hier mit freundlicher Genehmigung von franz alt - www.sonnenseite.com veröffentlicht.

Veröffentlicht am

18. Februar 2003

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