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Den begonnenen Irak-Krieg beenden - seine Ausweitung verhindern (Teil 2)

Von Clemens Ronnefeldt - Fortsetzung von Teil 1

9. Zivile Alternativen und Friedenslösungen
9.1. Ansätze für die Lösung der Israel-Palästina-Frage

Ohne eine Lösung des Israel-Palästina-Konfliktes werden alle weiteren Friedensbemühungen in der Region Naher und Mittlerer Osten kaum tragfähig werden.

Felix Neugart und Christian-Peter Hanelt von der Bertelsmannstiftung/CAP haben in einem Strategiepapier, auszugsweise dokumentiert in der FR am 24.1.03 unter der Überschrift “Nur ein externer Akteur kann noch Fortschritte bringen”, substantielle Vorschläge für Friedenslösungen formuliert: “Die Umrisse einer langfristigen Lösung sind aus den Vorschlägen und Ideen, die in dem Zeitraum zwischen Camp David (Juli 2000) und Taba (Januar 2001),einschließlich der Clinton-Vorschläge (Dezember 2000), diskutiert wurden, deutlich erkennbar. In Taba war der EU-Vermittler für den Nahen Osten, Miguel Moratinos, sogar der einzige Zeuge einer dritten Partei, der den Verhandlungen beiwohnte und ein Protokoll über die Diskussionen führte. Der Text dieses Dokuments zeigt die Annäherung der Positionen in vielen Schlüsselfragen und skizziert in weiten Teilen ein mögliches Endstatusabkommen.

Auch wenn nicht in allen Bereichen eine Einigung erreicht wurde, lassen sich folgende Bausteine eines langfristigen Ausgleichs benennen:
- Die Gründung eines palästinensischen Staates in 94 bis 97 Prozent der Westbank und dem gesamten Gaza-Streifen. Die übrigen drei bis sechs Prozent, die die wichtigsten Siedlungsblöcke mit ungefähr 80 Prozent der Siedlerpopulation beinhalten, werden von Israel annektiert, wobei die Palästinenser mit einem adäquaten Stück israelischen Territoriums kompensiert werden. Die Grenzzone des Jordantals wird nach einer Übergangszeit Teil des palästinensischen Staates werden, wobei israelische Frühwarnstationen bestehen bleiben können.
- Zwei Hauptstädte in Jerusalem. Das jüdische West-Jerusalem wird die Hauptstadt Israels bleiben, während das arabische Ost-Jerusalem die Hauptstadt des neuen palästinensischen Staates wird. Die Palästinenser werden die Souveränität über den Haram-Al-Scharif/Tempelberg-Bezirk erhalten, während Israel die jüdischen Stadtteile jenseits der grünen Linie einschließlich des jüdischen Viertels der Altstadt und der Klagemauer (mit Zugang durch das armenische Viertel) behalten wird.
- Die Rückkehr der Mehrheit der Flüchtlinge in den neuen palästinensischen Staat oder deren Einbürgerung in einem Gastland.Nur einer kleinen Zahl wird aus humanitären Gründen die Rückkehr nach Israel in den Grenzen von 1948 erlaubt werden”. Trotz Mauerbaus sowie der aus den jüngsten Wahlen gestärkt hervorgegangenen Position Ariel Scharons sind die oben genannten Punkte immer noch Grundlage jeglicher Fortschritte im Nahen und Mittleren Osten.

9.2. Ansätze für die Lösung der Irak-Frage

In der Studie “Präventivkrieg als Ausweg?” der regierungsnahen Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin vom Juni 2002 beschreibtPeter Rudolf im letzten Kapitel die “Robuste Eindämmung” Iraks als “Alternative zum Krieg”: “Ein ausgefeiltes Überwachungssystem kann die Fortführung der A-, B-, und C-Waffen-Programme erschweren und verzögern,wie die Erfahrungen mit den früheren Inspektionen zeigt. Im nuklearen Bereich konnte das sogenannte Action Team der Internationalen Atomenergieorganisation ein klares Bild der irakischen Aktivität vor dem Golfkrieg erstellen. Tausende von Inspektionen ohne Ankündigung in mehr als 300 Einrichtungen zwischen 1994 und 1998 und die neu entwickelten Verifikationstechnologien ließen dem Irak keine Chance, die Arbeit an Nuklearwaffen systematisch wieder aufzunehmen….Weitere Schritte in Richtung eines effizienteren und besser überwachten Sanktionsregimes mit größerer internationaler Akzeptanz sind möglich und sinnvoll, ohne dass die Kontrolle der VN über die Ölerlöse aufgegeben werden muss. Dazu gibt es eine Reihe von Vorschlägen. Dies wäre erstens die Genehmigung von Investitionen in der irakischen Ölindustrie. Ein solcher Schritt käme den Interessen Russlands, Chinas und Frankreichs entgegen. Gleichzeitig würden sich über eine Ausweitung der Förder- und damit der Exportmöglichkeiten die finanziellen Möglichkeiten für die Einfuhr ziviler Güter erhöhen. Zweitens könnten die Erlöse aus dem Ölgeschäft auch dazu eingesetzt werden, einheimische landwirtschaftliche Produkte zu kaufen, denn große Mengen an Nahrungsmitteleinfuhren unter dem Öl-für-Nahrungsmittel-Programm haben für die irakischen Bauern die Produktionsanreize verringert.

Drittens könnten ausländische Investitionen in der irakischen Wirtschaft in größerem Umfang erlaubt werden, wobei sichergestellt werden müsste, dass sie nicht der Rüstungsproduktion zugute kämen. Viertens wäre an ein Verfahren zu denken, mit dem der Irak seine Auslandsschulden (bei Russland und Frankreich) abgelten könnte. Fünftens wäre das Verbot von Flügen in den Irak aufzuheben (das ohnehin eine eigenartige Interpretation der sich auf ‘cargo’-Flüge beziehenden Sicherheitsratsresolution 670 ist) und allen Irakern, die nicht eng mit dem Regime verbunden sind, den Kontakt mit dem Ausland zu ermöglichen.

Gleichzeitig wären die privaten Auslandsvermögen der irakischen politischen Elite einzufrieren … Festzuhalten ist: Die Möglichkeiten für eine robuste Eindämmungspolitik mit internationaler Akzeptanz sind noch nicht ausgereizt”.
Ebenfalls mit konkreten Friedensvorschlägen befasst sich das bereits erwähnte Strategiepapier von Felix Neugart und Christian-Peter Hanelt: “Die EU sollte daher eine Strategie erarbeiten, die als glaubwürdige Alternative zu den Plänen der Falken in Washington bestehen kann. Diese würde auch von moderaten Stimmen in der amerikanischen öffentlichen Diskussion dankbar aufgenommen werden.

Die EU sollte - in kritischer Distanz zu einem Regimewechsel mittels unilateraler militärischer Gewalt - in einem weiteren Schritt Bedingungen für die Reintegration Iraks in die internationale Gemeinschaft und die Unterstützung beim notwendigen Wiederaufbau des Landes erarbeiten. Diese könnten beispielsweise umfassen: (1) Erhalt Iraks als integraler und souveräner Staat;(2) substanzieller Fortschritt bei der Einrichtung demokratischer Institutionen, Auflösung der Repressionsinstrumente und Meinungsfreiheit; (3) Föderalismus oder Dezentralisierung, aufbauend auf der Anerkennung von Minderheitenrechten und der Aufteilung der Einnahmen aus dem Ölexport; (4) Anerkennung der territorialen Integrität der Nachbarstaaten und Verpflichtung zur friedlichen Konfliktlösung und (5) Aufgabe des Erwerbs von Massenvernichtungswaffen sowie Senkung der Rüstungsausgaben.

In diesem Zusammenhang müsste auch über Initiativen nachgedacht werden, die eine Öffnung der seit über einem Jahrzehnt isolierten irakischen Gesellschaft stimulieren, beispielsweise durch kulturelle Austauschprogramme” (FR, 24.1.03).
Die Einberufung einer Konferenz zur ABC-Waffenabrüstung, die alle Staaten der Region - inklusive Israel und seiner Atomwaffen - umfasst, könnte zu einem regionalen Friedens- und Stabilitätspakt nach Vorbild der KSZE/OSZE führen. Die Initiative dazu könnte z.B. der Generalsekretär der arabischen Liga mit Unterstützung des UN-Generalsekretärs ergreifen. Die EU und andere Akteure könnten den Prozess von außen begleiten und unterstützen.

Eine der wirkungsvollsten Maßnahmen zur Deeskalation der Region hin zu einer Friedensordnung wäre die Einstellung sämtlicher Rüstungsexporte in die Region, der Abzug der angloamerikanischen Truppen sowie der konsequente Ausbau erneuerbarer Energien in den westlichen Industriestaaten.

10. Möglichkeiten für Protest,Widerstand und Friedensengagement
10.1. Zur US-Friedensbewegung

“Nur noch das amerikanische Volk selbst kann diesen Krieg stoppen”, zitierte die Frankfurter Rundschau (26.10.02) ein US-Friedensplakat in ihrem Magazin, das sich ganzseitig der US-Friedensbewegung widmete. Nachdem die erste Hälfte der Amtszeit George W. Bush’s vorüber ist, beginnt der Wahlkampf für die US-Präsidentenwahl im nächsten Jahr. Vor diesem Hintergrund kommt der Stärke der US-Friedensbewegung enorme Bedeutung bei der Beendigung des bereits begonnenen Irak-Krieges und der Verhinderung seiner Ausweitung zu. Allein in den ersten beiden Wochen des Oktober 2002 zählte das unabhängige Institut für politische Studien in Washington landesweit 400 verschiedene Anti-Kriegsveranstaltungen.

10.1.1. Protestwelle im Oktober 2002

Noch vor der Entscheidung im US-Kongress, der Präsident Bush am 10.10.02 mit einer breiten Mehrheit freie Hand für einen Krieg gegen Irak gab, demonstrierten Mitglieder der US-Friedensbewegung in vielen Städten der USA. Als George W. Bush z.B. am 7.10.02 in Cincinnati sprach, versammelten sich rund 1000 KriegsgegnerInnen vor dem Gebäude. Sie trugen Transparente mit der Aufschrift “Krieg ist das Versagen der Politik” und blockierten nach der Bush-Veranstaltung den Verkehr in der Stadt.

Am Wochenende zuvor waren in New York etliche tausend Menschen dem Aufruf der Kampagne “Not in our name” gefolgt. Am 15.10.02 erschien eine ganzseitige Anzeige gegen den Irak-Krieg in mehreren großen US-Tageszeitungen. Sie war unterzeichnet von 200 UnternehmerInnen, darunter dem CNN-Gründer Ted Turner sowie dem Schauspieler und Unternehmer Paul Newman. Die InititorInnen der Organisation “Truemajority.com” - die wahre Mehrheit - konnten bereits bis Oktober 2002 mehr als 35 000 Mitglieder zählen, darunter 400 führende Geschäftsleute, die sich ebenfalls öffentlich gegen den Krieg aussprechen.

Einzelaktionen wie die des Hollywood-Schauspielers Sean Wood,der allein für eine Annonce in der Washington Post mit heftiger Kritik an der US-Regierung 56.000 US-Dollar bezahlt hatte, fanden ein lebhaftes Echo.

In US-Großstädten fanden Ende Oktober 2002 zahlreiche Kundgebungen unter dem Motto “Den Krieg verhindern, bevor er beginnt”, statt, die von einem breiten Bündnis mit dem Namen “Answer” (Act now to Stop War and End Racism) vorbereitet und durchgeführt wurden.

In Washington sagte vor - von den Veranstaltern geschätzten - 200 000 DemonstrantInnen der frühere US-Justizminister Ramsey Clark, es sei “Zeit, das Regime zu wechseln - aber hier, in Amerika” (zit. nach junge Welt, 28.10.02). Neben Clark gehörte der schwarze Bürgerrechtler Jesse Jackson zu den prominentesten RednerInnen, ebenso die Schauspielerin Susan Sarandon. Transparente zeigten Slogans wie “Stoppt den Krieg, bevor er beginnt”, “Lasst Bush fallen statt Bomben” oder “Geld für Arbeit, nicht für Krieg”.

Nachdem einige US-Medien die TeilnehmerInnenzahlen der Demonstrationen eher untertrieben hatten, intervenierte die medienkritische Gruppe FAIR (Fairness and Accurancy in Reporting). Es gelang ihr, dass z.B. die New York Times die Stärke der US-Friedensbewegung “nach oben hin” korrigierte:
“Nach zahlreichen Leserbriefen, Anrufen und E-mails an die Redaktion musste die Zeitung am vergangenen Mittwoch ihre Berichterstattung korrigieren und eingestehen, dass die Proteste Ausdruck einer gestärkten Anti-Kriegsbewegung sind”, berichtete die junge Welt am 2./3.11.02.

10.1.2. Protestwelle im Januar 2003

Die Einschätzungen über die Großdemonstration in Washington am 18.1.2003 gingen weit auseinander: Die Polizei sprach in ihrer offiziellen Schätzung von 30.000 bis 50.000 TeilnehmerInnen, die “junge Welt” übernahm die Zahl etlicher Nachrichtenagenturen, die sich auf Veranstalterschätzungen stützte, von 500.000. Die “taz” wollte sich nicht festlegen und begann ihren Beitrag mit der größtmöglichen Spannbreite: “Am Samstag haben in der US-Hauptstadt rund 30.000 bis 500.000 Menschen vor allem gegen einen drohenden Irak-Krieg und die Außenpolitik von Präsident George W. Bush demonstriert” (taz, 20.1.03). Die Wahrheit dürfte irgendwo dazwischen gelegen haben. Der Streit über die Höhe der TeilnehmerInnenzahlen überschattete teilweise das eigentliche Anliegen der Antikriegsbewegung. Während die “junge Welt” auf der Titelseite mit dem Aufmacher erschien: “Friedensbewegung in USA so stark wie nie”, überschrieb die “taz” ihren Beitrag:”Kriegsproteste in Washington. An der Demonstration am Samstag nahmen weniger Menschen als erhofft teil”. Im Unterschied zu den Demonstrationen im Frühjahr und Herbst 2002 hielt im Januar 2003 möglicherweise auch eisige Kälte viele DemonstrantInnen vom Marsch nach Washington ab. Auffällige Transparente trugen Slogans wie “Give Inspectors a Chance”,”UN-Action not US over reaction” oder “money for jobs not war”. Die Januar-Demonstration war von einem breiten politischen Bündnis getragen, das - im Gegensatz zu den Großkundgebungen 2002 - weit in die bürgerliche Mitte reichte. Waren es 2002 vor allem linke FriedensaktivistInnen, kamen zum Martin-Luther-King Gedenktag am 18.1.03 “neben Spartakisten, Gewerkschaftler, christliche Friedensgruppen und viele Familien mit Kindern” (taz, 20.1.03). Auffällig war die Abwesenheit der demokratischen Opposition. Aufgerufen hatte, wie schon im Oktober 2002, das Bündnis “answer”, das sich als Aktionsnetzwerk nach dem 11.9.01 gegründet hatte.

10.1.3. Proteste von Städten und Friedensbündnissen in den USA

“Stadtrat von Chicago hält Präventivkrieg für falsch” titelte die FR am 18.1.03:”Der Stadtrat von Chicago hatte sich in einer Resolution gegen einen ‘vorbeugenden Militärangriff ’ auf Irak ohne den Beweis ausgesprochen, dass von Bagdad wirklich eine Bedrohung für die USA ausgehe. Damit folgte der Magistrat der drittgrößten US-Stadt ähnlichen Resolutionen von Städten wie San Francisco, Seattle, Ithaca (Bundesstaat New York) und Kalamazoo (Michigan). ‘Wir wollen nicht, dass unsere Jungen und Mädchen in den Krieg ziehen’, sagte die Ratsvorsitzende Dorohy Tillman.”

“Iraq Peace Pledge” nennt sich ein breites Bündnis der Quäker-Organisation American Friends Service Committe, Education for Peace in Iraq Center, Fellowship of Reconciliation (US- Zweig des Versöhnungsbundes), Lutheran Peace Fellowship, National Network to End the War Against Iraq, Pax Christi USA, Peace Action sowie “Voices in the Wilderness”.

In einer Selbstverpflichtung mit dem Namen “Iraq pledge of resistance” verpflichten sich alle UnterzeichnerInnen der Erklärung, im Falle einer Kampftruppenverlegung US-amerikanischer Einheiten und anderer offensichtlicher Schritte hin zu einer Eskalation, an Aktionen zivilen Ungehorsams vor US-Militäreinrichtungen teilzunehmen. Kontakt: www.peacepledge.org

Einer der wichtigsten Motoren der US-Friedensbewegung ist das Internationale Aktions Zentrum (IAC) in Washington. Der Direktor des Zentrums, Brian Becker, verbreitete bereits im Sommer 2002 einen Aufruf mit dem Inhalt, es sei ein “Muss für alle fortschrittlichen Arbeiter- und Antikriegsorganisationen, den angekündigten Krieg zu stoppen”. Kontakt: www.iacenter.org

10.1.4. Kirchen gegen den Krieg

Neben den Gewerkschaften stellen die Kirchen in den USA eine erheblich gesellschaftliche Kraft dar. Einerseits sind es gerade religiöse Fundamentalisten, - zu denen der US-Präsident selbst gehört - die in einem Gut-Böse-Schema die Welt aufgeteilt haben, andererseits melden sich fast täglich neue Stimmen offizieller Kirchengremien gegen den Irak-Krieg. Zu Ihnen gehören die Mennonitische Kirche, die Lutherische Kirche Amerikas (www.elca.org), der Nationale Rat der Kirchen Christi in den USA (www.nccusa.org), die Presbyterianische Kirche der USA (www.pcusa.org), die Vereinigte Kirche Christi in den USA - zum Beispiel mit ihrer Erklärung “20 Wege, den Krieg im Irak zu beenden” (www.ucc.org)- und die die Katholische Bischofskonferenz (www.usccb. org).

Gerade Mönche und Nonnen sowie andere engagierte ChristInnen sind derzeit an Aktionen zivilen Ungehorsams vor US-Militärstützpunkten an vorderster Stelle im Einsatz.

10.1.5. US-Friedensdelegationen im Irak

Der Ex-US-Marine Ken Nichols O’Keefe, der noch 1991 im Golfkrieg auf Seiten der Alliierten gegen Irak gekämpft hatte, startete von London aus zunächst eine Reise durch mehrere europäische Länder, bevor er sich auf den Weg in den Irak machte. Dort besuchte er Krankenhäuser, wohnte in irakischen Familien und möchte mit seinem Einsatz einen Beitrag zur Verhinderung des Krieges leisten. Kontakt: www.uksociety.org

“Angehörige von Opfern der Terroranschläge vom 11.9. sind nach Bagdad gereist, um für eine friedliche Beilegung der Irak-Krise einzutreten. Die vier US-Bürger seien ‘in dieser Zeit großer Bedrohung’ nach Irak gereist, ‘um ihrer Hoffnung Ausdruck zu geben, dass Krieg und Gewalt ein Ende nehmen ‘, erklärte der Verband ‘Familien des 11. September für ein friedliches Morgen’ am Mittwoch (8.1.03). Als Ort für ihre Pressekonferenz wählte die Gruppe die Ruinen eines Luftschutzbunkers, in dem beim Golfkrieg 1991 fast 400 Zivilisten durch US-Bomben getötet worden waren”, berichtete die FR am 9.1.03.

Die US-Friedensgruppe “Voices in the wilderness”, die seit vielen Jahren Reisen in den Irak durchführt und z.B. eine Strafanzeige über 120 000 Dollar bekam, weil ihre Mitglieder Kinderspielzeug und Medikamente nach Bagdad brachte und damit angeblich gegen das Embargo verstieß, gründete das “Iraq Peace Team”. Seit Herbst halten sich MitarbeiterInnen dieses Teams im Irak auf, um eine Eskalation des bereits begonnenen Krieges zu verhindern. Mit ihrem Einsatz wollen die Mitglieder sowohl die Bevölkerung als auch lebenswichtige Einrichtungen schützen und auch im Falle eines massiven US-Bombardements im Lande ausharren.

Zur Gruppe gehören auch die “Veterans for Peace” wie z.B. Ted Sexauer, Hubschraubernotarzt im Vietnamkrieg. Während das Engagement von Voices in the wilderness und ihrer Sprecherin Kathy Kelly weltweit auf Respekt und Anerkennung zum Teil auch bei politischen Gegnern stößt, porträtierte der deutsche “Spiegel” sie und ihre Gruppe in einer Überschrift als “Schlachtenbummler” (Der Spiegel, 9.12.02). Kontakt: www.nonviolence.org/vitw oder ww.iraqpeaceteam.org/index.html

10.1.6. Aufbau diplomatischen Druckes zur Kriegsverhinderung

Über Internet fordern Vorstände verschiedener US-Friedensorganisationen ihre Mitglieder auf, den drei ständigen Mitgliedern im Weltsicherheitsrat Frankreich, Russland und China E-mails oder Faxe zu senden mit der Botschaft:”Bitte stimmen Sie keiner UN-Resolution zu, die zu militärischer Gewalt ermächtigt”.
Das eingangs des Artikels erwähnte ganzseitige Porträt der US-Friedensbewegung im Magazin der FR schloss mit dem Satz: “Ganz allein kann die amerikanische Friedensbewegung ihren Präsidenten wahrscheinlich eben doch nicht stoppen”. Deswegen ist ihre Unterstützung gerade aus Europa - und insbesondere aus Deutschland - extrem wichtig.

10.2. Möglichkeiten zu Protest und Widerstand in Deutschland

“Justiz prüft Klagen wegen der Vorbereitung eines Angriffskriegs. Generalbundesanwalt Nehm muss sich mit mehreren Strafanzeigen gegen den Bundeskanzler befassen”, titelte die FR am 11.1.03. Weitere Strafanzeigen können beim Generalbundesanwalt gestellt werden.

“Not in our name - kein Krieg gegen den Irak!” lautet nicht nur eine Initiative in den USA, sondern auch eine Kampagne der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW). Bei der IPPNW-Geschäftsstelle in Berlin können Postkarten an Präsident Bush und Bundeskanzler Schröder sowie Flugblätter zum Thema “Kollateralschaden” bestellt werden: Kontakt: IPPNW Berlin, Tel. 030-698 07 40, Fax. 030-693 81 66.
An vielen US-Militärstützpunkten fanden bereits Demonstrationen statt, an einigen auch Sitzblockaden (Rhein-Main-Airbase/Frankfurt, EUCOM/Stuttgart). Neben Stuttgart Vaihingen, Ramstein, Rhein-Main Airbase Frankfurt, Spangdahlem, Heidelberg, Wiesbaden, Kaiserslautern, Würzburg, Grafenwöhr, Mannheim und Böblingen, wo jeweils US-Soldaten stationiert sind, die mit in den Irak-Krieg involviert werden, stellen vor allem deutsche Häfen, wo Kriegsmaterial verladen wird, symbolische Orte für Protest und Widerstandsaktionen dar. Kontakt: www.resistthewar.de, Friedenskooperative, Tel. 0228-692904 oder -05 Fax 0228-692906.

Aus deutscher Sicht sind besonders die in Geilenkirchen bei Aachen stationierten AWACS-Einheiten betroffen. Dort riefen am 25.1.03 nach einer Protestkundgebung Mitglieder der Friedensbewegung durch einen Handzettel die Soldaten der Kaserne auf, sich nicht an dem Krieg gegen Irak zu beteiligen. Kontakt: Armin Lauven, Tel: 0228-9319809 oder Martin Singe,Tel: 0228-264615.
Rechtsberatung für US-Kriegsdienstverweigerer in Deutschland bietet das Military Counseling Network in Bammental bei Heidelberg an. Kontakt:Wolfgang Krauß,Tel.und Fax 06223-47791.

Im Dezember 2002 reisten sieben Mitglieder des Internationalen Versöhnungsbundes auf Einladung des Mittelöstlichen Rates der Kirchen in den Irak.Sie sind bereit, bei Veranstaltungen über ihre Erfahrungen zu berichten. Kontakt: Versöhnungsbund-Geschäftsstelle: Tel. 0571-850875, Fax 0571-8292387.

Die beiden großen Kirchen in Deutschland, ebenso die historischen Friedenskirchen, haben sich eindeutig gegen den Krieg positioniert. Sie rufen zu Mahnwachen, Friedensgottesdiensten und der Teilnahme an Kundgebungen und Demonstrationen - wie z.B. am 15.2.2002 in Berlin - auf. Kontakt: www.15februar.de

Weitere Informationen unter:
www.resistthewar.de
www.friedenskooperative.de
www.versoehnungsbund.de
www.imi-online.de
www.friedensratschlag.de

Nachwort: Gerechtigkeit schafft Frieden

Im Dezember 1987 verabschiedete die UN-Generalversammlung eine grundlegende Resolution, die den Terrorismus verurteilte und die Nationen dazu aufrief, ihn mit aller Macht zu bekämpfen. 153 Länder votierten bei der Abstimmung mit”Ja”,Honduras enthielt sich, die USA und Israel stimmten mit “Nein”. Ihre Ablehnung begründeten die beiden Länder mit der Passage, dass “das aus der UN-Charta abgeleitete Recht auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit von den Bestimmungen dieser Resolution unberührt bleibt, und Völker, denen dieses Recht gewaltsam vorenthalten wird …insbesondere Völker unter kolonialen und rassistischen Regimes und fremder Besatzung oder anderen Formen kolonialer Herrschaft …das Recht haben, darum (in Übereinstimmung mit der Charta und anderen internationalen Rechtsprinzipien) zu kämpfen und Unterstützung zu fordern und zu erhalten” (zit. nach: Noam Chomsky, The Attack. Hintergründe und Folgen, Hamburg 2002, S. 55).

Die UN-Resolution achtete auf die wichtige Unterscheidung zwischen Terrorismus einerseits und dem berechtigten Protest und Widerstand in Situationen von Unterdrückung, Unrecht und Gewalt andererseits.

Genau diese Unterscheidung wird derzeit im so genannten “Krieg gegen den Terror” aufgehoben. In ihrem Hirtenwort “Gerechter Friede” haben die katholischen deutschen Bischöfe einige bemerkenswerte Aussagen gemacht: “Es wäre fatal, wenn die Länder des Nordens ihre vordringliche Aufgabe darin sähen, sich vor den Armen, die in besonderer Weise der Erfahrung von Not, Gewalt und Unfreiheit ausgesetzt sind, zu schützen statt ihnen beizustehen” (S. 80).Weiter heißt es:”Die Solidarität mit den Armen ist Teil unseres kirchlichen Engagements. … Die wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Stärkung der Armen ruft ihrerseits in vielen Fällen gesellschaftliche Konflikte hervor. Denn wenn bestehende Machtverhältnisse in Frage gestellt werden, trifft dies regelmäßig auf den Widerstand der bislang Mächtigen und Privilegierten” (S.97).

Mit dem Satz “Wir verteidigen unsere Art zu leben, und das ist unser gutes Recht” (FR, 17.10.01) versuchte Bundeskanzler Gerhard Schröder die deutsche Beteiligung am so genannten “Anti-Terror-Krieg” zu rechtfertigen.

So lange in der UN-Charta das Recht jedes Menschen auf ein Leben in Würde festgelegt ist, gehört es zu den vordringlichsten Aufgaben einer Demokratie, die Art des westlichen Lebensstils so zu korrigieren, dass damit nicht mehr Hunger, Verelendung, Umweltzerstörung, Unterdrückung, Krieg und Tod für einen Großteil der Menschheit in anderen Kontinenten verbunden ist. Gerechtigkeit schafft Frieden.

Stand des Artikels: 1.2.2003

Literaturhinweise:
- Clemens Ronnefeldt, Die neue NATO, Irak und Jugoslawien, mit einem Vorwort von Prof. Dieter S. Lutz, 195 S., 2. Auflage,Minden 2002 (bestellbar für 8.- Euro plus 1,50 Euro Porto und Versand nur über die Geschäftsstelle des Versöhnungsbundes, www.versoehnungsbund.de, E-mail: Geschaeftsstelle@versoehnungsbund.de, Tel.: 0571-850875, Fax: 0571-829238.
- Rüder Göbel, Joachim Guilliard, Michael Schiffmann (Hg.), Der Irak. Ein belagertes Land, 2. Auflage, Köln 2002.
- Bernd W.Kubbig (Hrsg.),Brandherd Irak.US-Hegemonieanspruch, die UNO und die Rolle Europas, Frankfurt 2003.
- William Rivers Pitt, Krieg gegen den Irak.Was die Bush-Regierung verschweigt, (Interview mit Scott Ritter), 2002.
-Volker Perthes, Geheime Gärten. Die neue arabische Welt, Berlin 2002.
- .August Pradetto (Hrsg.), Internationale Reaktionen auf die Irak-Politik der USA 2002, Studien zur Internationalen Politik, hrsg. vom Institut für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in Hamburg, Heft 1/2003.
- Andrea Szukala und Thomas Jäger, Die innenpolitische Steuerung der amerikanischen Irak-Politik, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft 1/2003, S. 37-48.
- Ferhad Ibrahim, Iran und Irak in der II. Phase des amerikanischen Krieges gegen den Terror, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B25/2002, S. 31-38.
- Peter Rudolf, Präventivkrieg als Ausweg, SWP-Studie (S 23) der Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin 2002.
- Jürgen Wagner, Das ewige Imperium. Die US-Außenpolitik als Krisenfaktor, Hamburg 2002.
- James H.Hatfield,Das Bush-Imperium.Wie George W.Bush zum Präsidenten gemacht wurde, mit einem Vorwort von Jean Ziegler, 3. Auflage, Bremen, 2002.
- Thierry Meyssan. 11. September 2001. Der inszenierte Terrorismus.Auftakt zum Weltenbrand?, Kassel 2002.
- Michel Chossudovsky. Global Brutal. Der entfesselte Welthandel, die Armut und der Krieg, 11.Auflage, Frankfurt 2002.

Verlagsbeilage Friedensforum, Bonn, 1/2003.
Herausgeber: Kampagne “resist - sich dem Irak-Krieg widersetzen!”

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Dieser Artikel wurde als resist-Hintergrundbroschüre zum Irak-Konflikt veröffentlicht. Siehe hierzu die Website von resist . Dort kann auch ein Download dieses Artikels als PDF-Datei gemacht werden.

Die Veröffentlichung des Artikels auf dieser Website erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Clemens Ronnefeldt. Dafür bedanken wir uns!

Veröffentlicht am

10. Februar 2003

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