Lebenshaus Schwäbische Alb - Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V.

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“Uns geht es nicht gut, wenn wir uns nur auf uns selbst beziehen”

Gedanken und Erfahrungen von Philip Berrigan, Baltimore/USA veröffentlicht 1999 in “Year One”

Lesen Sie bitte einmal zu Ihrem eigenen Vorteil die große amerikanische Autorin, Flannery O’Connor. In einer Kurzgeschichte “A Good Man is Hard to Find” (es ist schwer, einen guten Menschen zu finden), erzählt sie von einem psychopathischen Mörder, der ausgebrochen war. Er begegnet einer Familie, die Ferien macht: eine Großmutter, ihr Sohn, dessen Frau und ihren 2 Kindern. Der Sohn hat sich verfahren und die Familie befindet sich in einem Wald.
Weil die Großmutter den Psychopathen erkennt, führen seine mit entlaufenen Komplizen die junge Familie noch tiefer in den Wald und erschießen sie - eine nach der andern. Die Großmutter ist noch übrig und sie verhandelt um ihr Leben: “Betest Du jemals? Bittest Du niemals Gott um Hilfe?”. Er antwortet: “Ja, früher habe ich das getan, aber jetzt nicht mehr.” Sie sagt beharrlich: “Wir brauchen alle Gottes Hilfe. Warum versuchst Du nicht wieder zu beten?” Der Mörder antwortet: “Warum sollte ich? Ich komme gut mit mir selbst zurecht.” Einige Minuten später erschießt er auch die Großmutter.

Die meisten von uns haben die Haltung des Psychopathen. “Warum sollte ich beten? Ich komme doch ganz gut alleine zurecht!” Aber, tun wir das wirklich?
Im 20.Jahrhundert, dem blutigsten bisher, wurden durch Kriege über 200 Millionen Menschen getötet. Und von diesen 200 Millionen haben US-Amerikaner mehr getötet als alle andern. Uns geht es gar nicht so gut, wenn wir alleine handeln. Uns geht es gar nicht gut alleine, wenn wir erlauben, dass Krieg unser wichtigstes Geschäft ist. Denn dazu brauchen wir mehr Geld, mehr wissenschaftliche und technische Expertinnen, mehr Forschung, noch mehr Platz in Laboratorien und zu guter letzt alle unsere nationalen Aufwendungen.
Eine Studie des Brooking Instituts belegt, dass die USA seit 1940 nahezu 19 Trillionen US-Dollar ausgegeben hat für vergangene, gegenwärtige und zukünftige Kriege. Das ist mehr Geld als alle übrigen Länder der Welt zusammen ausgegeben haben.

Uns geht es nicht gut, wenn wir uns auf uns selbst verlassen und dabei erlauben, dass Politiker, Generäle und Waffenhersteller die Menschheit bedrohen mit der Bombe und unseren Planeten vergiften mit radioaktivem Müll.
Uns geht es nicht gut, wenn wir uns auf uns selbst verlassen und dabei eine riesengroße Verschwörung zulassen, die Schweigen heißt, die uns davon abhält, dass wir die Bombe und alle Kriegsgeschäfte wahrnehmen und darüber diskutieren.

Es ist eine Verschwörung, die von Politikern ausgeht, von Kanzeln, Universitäten und den Medien.

Uns geht es nicht gut, wenn wir uns auf uns selbst verlassen und wir Amerikaner 60 % des Waffenhandels beherrschen. Wir verkaufen Waffen wie Zahnbürsten in die Dritte und Vierte Welt. Manchmal verkaufen wir sie auch an beide Seiten der 35 Kriege, die gerade auf unserem Planeten toben.

Uns geht es nicht gut, wann wir uns auf uns selbst verlassen mit all’ dem Blut, das in unseren Häusern fließt, in unseren Straßen und in unseren Schulen - ein Ergebnis der “große Gewehre-kleine Gewehre” Verbindungen.

Uns geht es nicht gut, wenn wir uns auf uns selbst verlassen und wir den Irak mit Sanktionen und Bomben vernichten. Wir haben beinahe 2 Millionen Menschen getötet durch Krieg und ökonomischen Terror. Wir haben ihre Infrastruktur zerstört, die Luft, das Wasser, den Boden…

Wie lebt man heutzutage menschlich? Menschlich in Zeiten, die so böse und bedrohlich sind, dass man keine Worte dafür findet? Wir sind in den USA nicht nur verantwortlich für den Nuklearisums und die militärische Tötungsmaschinerie, sondern auch für den ökologischen Kollaps von unermesslicher Dimension.
Wir sind verantwortlich für den Tod von Kindern und Erwachsenen im Irak, die durch unsere Kampf-Jets und Sanktionen für immer vernichtet wurden.
Wir sind verantwortlich für 30 -35 Kriege auf diesem Planeten - die meisten werden mit Hilfe unserer Waffen geführt.
Wir sind verantwortlich für eine nicht repräsentative Regierung, die uns behandelt wie Schafe oder Sklaven, oder aber beides.
Was tut man um menschlich zu leben, um Vertrauen in Gott zu haben, zum Nachbarn, zu sich selbst und der Schöpfung?
Wir lernen gewaltlos zu leben.
Wir werden Studenten, die die Praxis der Gewaltlosigkeit üben.
Wir verstehen, mit aller Überzeugung, dass Gott uns liebt ohne Bedingungen, dass Gott keine Waffen gegen uns einsetzt und es wird von uns erwartet, dass wir uns entwaffnen.
Gewaltlosigkeit ist der Weg Jesu, der das Schwert zurückgewiesen hat und das Kreuz angenommen hat.
Durch diese Handlung hat er für alle Zeit Sünde, Ungerechtigkeit und Tod überwunden.
Gewaltlosigkeit ist kein Mysterium, es ist auch kein Rätsel.
Es bedeutet, unsere Nachbarn so zu lieben wie uns selbst.
Gewaltlosigkeit ist Gerechtigkeit.
Das Vokabular von Gewaltlosigkeit hat keine Begriffe wie Feind.
Es gibt dort nur Schwestern und Brüder.
Gewaltlosigkeit schafft und vertieft Beziehungen - zu Gott, dem Nachbarn, der Nachbarin, zu uns selbst und der Schöpfung.
Gewaltlosigkeit bringt wieder Harmonie in die Schöpfung so wie es von Gott immer beabsichtigt war.

Gewaltlosigkeit ist höchst militant und politisch.
Sie achtet, was auf den Straßen geschieht, in den Waffenschmieden, den militärischen Einrichtungen, den Weißen Häuser und den Pentagonen.
Gewaltlosigkeit kennt Festnahmen, Gerichtsverhandlungen und Gefängnisstrafen.

Gewaltlosigkeit - wir können sie auch die Gnade Gottes nennen - alleine kann uns davor bewahren, dass wir uns und die Schöpfung zerstören.
Gewaltlosigkeit stellt uns vor ein Entweder…Oder. Entweder wir erlernen sie und leben sie oder……
Füllen Sie selber die Lücke aus.

Ich überlasse diese Angelegenheit Ihrem Glauben und Ihrer Hingabe und Ihrer aktiven Beteiligung.”

aus dem Amerikanischen am 16.9.01 Traude Rebmann

Veröffentlicht am

16. September 2001

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