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Wie lange reichen die weltweiten Energievorräte?

Von Axel Mayer

Im Internet und den Medien finden sich zum Thema weltweite Energievorräte (Uran, Erdöl, Erdgas, Kohle, Sonne, Wind, Biomasse, Geothermie) die unterschiedlichsten, häufig interessengeleiteten Angaben. Wir versuchen hier einige Infos zum Thema weltweite Energievorräte zusammenzutragen.

Die Atommlobby, u.a. organisiert im Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen, fasst auf ihrer Homepage (am 07.09.2005) die heutigen Erkenntnisse zusammen, allerdings ohne die Steigerungsraten des Verbrauchs einzubeziehen.

"Wie lange reichen die Energievorräte der Welt? Teilt man die aus heutiger Sicht technisch und wirtschaftlich abbaubaren Reserven durch den jetzigen Verbrauch, erhält man die so genannte statische Reichweite. Diese beträgt für Erdöl rund 41, für Erdgas 67, für Kohle 192 und für Uran (ohne Brutreaktoren) rund 50 Jahre."

Nach den realen Zahlen fließen dann die Zukunftshoffnungen der Atomlobby in den Text der Homepage ein:

"Die statische Reichweite ist aber nur bedingt aussagekräftig, da sich einerseits der Verbrauch ständig ändert und andererseits immer noch neue Vorkommen entdeckt werden. Bei steigenden Energiepreisen lohnt sich auch der heute noch nicht wirtschaftliche Abbau von Vorräten."

Die Umweltorganisation Greenpeace hat im Jahr 2006 eine Studie über die Reichweite der Uranvorräte der Welt erstellt. Nach dieser Studie können die heute bekannten Uranvorräte einen steigenden Bedarf nicht decken.

"Unter Berücksichtigung verschiedener Szenarien zur weltweiten Entwicklung des Kraftwerkbestandes, scheinen die Uranvorräte etwa zwischen 2026 und 2070 erschöpft. Geht man davon aus, dass Atomkraft tendenziell rückläufig ist, mit Ausbaubemühungen nur weniger Länder, werden die Vorräte nach realistischen Schätzungen bis circa 2050 reichen."

Die Fachzeitschrift Politische Ökologie schreibt in ihrer Ausgabe vom März 2004: Bei den Steigerungsraten des Verbrauchs, welche die Internationale Agentur des OECD (International Energy Agency, IEA) berechnete, ergibt sich:

  • ein Ende des Erdöls um 2035,
  • von Erdgas vermutlich vor 2040,
  • Kohle reicht bis maximal 2100. Dabei ist jedoch nicht berücksichtigt, dass sie die anderen Energieträger ersetzen muss und gleichzeitig zu einem gesteigerten CO2- Ausstoß führt.
  • Uran reicht bei der heutigen Förderung nur bis 2040.
  • Schon 2010 produzieren die OPEC des Nahen Ostens 50 Prozent des Öls. Das verschafft diesen, teilweise politisch instabilen Ländern eine bedeutende Machtposition - nicht nur über die Preise. Ähnlich sieht es beim Erdgas aus, das Deutschland im Jahr 2010 vermutlich zu 90 Prozent aus Russland importieren wird.

Quelle: Zeitschrift "Politische Ökologie 87 - 88" / März 2004

Die teilweise sehr unterschiedlichen, häufig stark interessengeleiteten Zahlen zu den Energievorräten der Welt zeigen dennoch deutlich die Endlichkeit dieser Ressourcen an. Ein plötzliches, abruptes Ende der Förderung von Gas, Öl, Uran und Kohle ist dennoch nicht zu erwarten, eher ein langsames Auslaufen, begleitet von einer massiven Preiserhöhung. Doch das unlösbare Grundproblem der nicht regenerativen Energiequellen wie Uran, Gas, Öl und Kohle sind nach Ansicht von BUND Geschäftsführer Axel Mayer die Probleme eines unbegrenzten Wachstums und der damit verbunden ständig steigenden Nachfrage nach Energie:

Bei einem anhaltenden Wachstum des Energieverbrauchs

von 3% verdoppelt sich dieser alle 23 Jahre, bei 5% sogar bereits alle 14 Jahre. Und eine Menge, die exponentiell wächst, vertausendfacht sich jeweils nach der zehnfachen Verdoppelungszeit. Dauerhaftes exponentielles Wachstum des Energieverbrauchs ist nicht möglich, auch wenn die Kohle, Öl- und Atomlobby anderes verkünden.

Unser Wirtschaftswachstum

ist immer noch nicht abgekoppelt von einem überhöhten Energie- und Rohstoffverbrauch. Das Ende des Öl- und Uranzeitalters ist absehbar und rückt durch den Export unseres Verschwendungssystems nach China und Indien noch näher. Ein Teil des bisher "unterentwickelten" Rests der Welt (insbesondere China und Indien) ist gerade gerade dabei, unser zerstörerisches Modell einer Raubbauwirtschaft nachzuahmen und ähnlich Energie zu verschwenden wie wir. Der beginnende Autoboom in diesen Ländern wird in unseren Medien immer noch unkritisch bejubelt. Die Folgen dieses Booms für Energievorräte, Ökologie und Weltklima sind kein Thema. In China und Indien läuft zur Zeit das "spannendste ökologische Belastungsexperiment" der Menschheitsgeschichte. Und ist es den Menschen in Asien zu verdenken, dass sie unserem schlechten Beispiel nacheifern?

Das weltweit knapper werdende Öl

löst beim abhängigen Patienten Mensch klassische Suchtsymptome aus. Statt Energie einzusparen und Alternativen zu fördern, rufen wachstumsgläubige Politiker nach einer intensiveren Ölförderung und nach der noch härteren und gefährlicheren Energiedroge Atomenergie. Die Abhängigkeit vieler Politiker und Parteien von der Energielobby gefährdet die Demokratie. Nur einen, zugegeben etwas makaberen, positiven Effekt könnte das beginnende Auslaufen der fossilen Energievorräte haben. Die Klimaveränderungen würden langfristig weniger verheerend ausfallen als bisher angenommen, wenn Erdöl und Gas nicht durch Kohle ersetzt werden.

Das Wachstum im Bereich der Alternativen Energien,

gehört zu den wenigen hoffnungsvollen Zeichen der Zeit. Von 1995 bis 2005 haben sich die Preise für atomar-fossile Energien mehr als verdoppelt, während sie sich für erneuerbare Energien halbiert haben. Windstrom ist global die am schnellsten expandierende Energienutzung. In der EU gingen im Jahr 2005 alle zwei Monate 1000 MW neue Windenergie ans Netz. In Kilowatt (Leistung) entspricht dies einem neuen AKW Gösgen (CH), in Kilowattstunden (Produktion) wird damit ein Atomreaktor der Größe Beznau (CH) ersetzt - und dies alle 60 Tage. Und genau dieses positive Wachstum der zukunftsfähigen Energien wird von den Anhängern der atomar-fossilen Energiegewinnung massiv bekämpft, denn jede neue Photovoltaikanlage und jedes neu gebaute, privat finanzierte Windrad nimmt den AKW - Betreibern und Atomkonzernen Anteile an der Stromproduktion weg. Widerstand gegen Windräder wegen Vögeln, Fledermäusen und Landschaftsschutz? It´s the economy - stupid!

Die erneuerbare Energien sind Energiequellen,

die sich durch natürliche Prozesse laufend erneuern. Sie stehen nach menschlichen Zeitmaßstäben unendlich lange zur Verfügung. Erneuerbare Energien haben drei originäre Quellen: Strahlung der Sonne, Kraft der Gezeiten, Wärme des Erdinneren (Geothermie). Sonne, Mond und Erde stellen diese unerschöpflichen Energien umweltverträglich zur Verfügung. Die Sonne strahlt jährlich in Deutschland auf jeden Quadratmeter so viel Energie, wie in 100 Litern Öl enthalten ist. In der Sahara ist es sogar doppelt so viel. Ein Windrad hat sich nach einem halben Jahr (4- 7 Monate) Betrieb energetisch armortisiert, d.h. nach diesem halben Jahr erzeugt es "netto" Strom. 130.000 Arbeitsplätze waren im Jahr 2004 in Deutschland direkt oder indirekt auf die Nutzung der regenerativen Energien zurückzuführen.

Der derzeitige Weltenergiebedarf

liegt bei etwa 400 Exajoule (400 Milliarden Milliarden Joule) pro Jahr. Ein Exajoule entspricht der energetischen Menge, welche die Erde in 6 Sekunden von der Sonne empfängt und den Weltverbrauch an Primärenergie im Jahr 2000 innerhalb von 21 Stunden deckt. In einer Studie aus dem Jahr 2003 mit dem Titel "Energiewandel zur Nachhaltigkeit" prognostiziert der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung zu globalen Umweltveränderungen (WGBU) die Potenziale der erneuerbaren Energien für das Jahr 2100 folgendermaßen:

  • weltweite Wasserkraft: Der Wert des Potenzials für Wasserkraft könnte sich bis 2100 auf ca. 15 EJ pro Jahr steigern lassen.
  • weltweite Bioenergie / nachwachsende Rohstoffe: "Der Beirat schätzt das globale moderne Bioenergiepotenzial auf etwa 100 EJ pro Jahr, die sich zu 20% aus der Nutzung landwirtschaftlicher Reststoffe sowie zu jeweils etwa 40% aus forstwirtschaftlichen Reststoffen und Energiepflanzen ergeben. Ein derartiger Ausbau ist aber nur innerhalb von Jahrzehnten erreichbar."
  • weltweite Windkraft: "Bei der Windenergie kann nur ein gewisser Anteil des berechneten globalen technischen Potenzials als nachhaltig nutzbar angesehen werden. Der Beirat empfiehlt daher global etwa 140 EJ pro Jahr als langfristig erreichbaren Beitrag der Windenergie zu einer nachhaltigen Energieversorgung." Andere Experten sehen hier noch mehr Potentiale.
  • weltweite Solarenergie: "Im Gegensatz zu allen anderen Formen erneuerbarer Energien sind die technischen und auch die nachhaltig nutzbaren Potenziale der Sonnenenergie vor dem Hintergrund aller Zukunftsprojektionen menschlichen Energieeinsatzes praktisch unbegrenzt."
  • weltweite Erdwärme: "Erdwärme hat ein großes technisches Potenzial und steht im Gegensatz zu Sonnen- und Windenergie kontinuierlich zur Verfügung. Das nachhaltig nutzbare Potenzial wird vom Beirat dennoch bis 2100 nur sehr vorsichtig auf 30 EJ pro Jahr eingeschätzt."

Quelle: http://www.wbgu.de/wbgu_jg2003.pdf

Den zerstörerischen Traum

von dauerhaftem, unbegrenzten Wachstum im begrenzten System Erde können allerdings auch die Alternativenergien nicht erfüllen. Wer den American Way of Life mit Energie- und Rohstoffverschwendung, mit Umwelt- und Innenweltverschmutzung auf den Rest der Welt übertragen will, der fährt diesen Planeten mit und ohne regenerative Energiequellen gegen die Wand. Mit Wind- und Sonnenenergie geht das dann nur ein wenig langsamer.

Umfassende Infos zum Thema Wachstum und Wachstumskritik, Energie und Energievorräte finden Sie hier http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/projekte/wachstum_idx.htm


Quelle: BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein

Veröffentlicht am

31. März 2006

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