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Töten lernen an der Universität

Stimme aus Amerika

Von Brian Bogart

Die Rekrutierungsbemühungen des US-Militärs an den Universitäten des Landes sind viel zu wenig bekannt, und noch weniger die Verträge, die das Pentagon mit etwa 400 Universitäten abgeschlossen hat.

Wenn man dazu noch die 6.000 Militärbasen landesweit hinzufügt, und feststellt, dass unsere führende Industrie seit dem Zweiten Weltkrieg in der Herstellung und dem Verkauf von Waffen besteht, und bedenkt, dass wir seit dem Zweiten Weltkrieg mehr als 200 Kriege hatten, kommt man zu dem klaren Ergebnis, dass wir in einer permanenten Kriegswirtschaft leben.

Beim Krieg gegen den Terror geht es nicht um Freiheit. Es geht um die Ausführung einer Entscheidung, die vor 55 Jahren getroffen wurde, nämlich unsere Wirtschaft auf die Produktion von Waffen zu gründen für ein Amerika, in dem das Militär vor den Menschen kommt, basierend auf einem NSC68 genannten Dokument. Dieses Dokument entfachte den Kalten Krieg, und der weniger
wohlhabende Teil des amerikanischen Volkes wurde in einem von unseren Steuern genährten, ungewollten, permanenten Kriegssyndrom für gesellschaftlichen Profit gefangen gehalten.

Dieser Weg hat eine Industrie der Gewalt entfesselt, in die unsere Schulen tief verstrickt sind. Kluge Studenten und Universitätsangehörige, die Forschungen in Zusammenhang mit Verteidigung durchführen, konzentrieren sich auf kleine Details, die zu Konflikt und Ungerechtigkeit führen. Solche Forschungen sind zunehmend mit der tödlichsten Industrie, die je geschaffen wurde, verbunden - Nanotechnologie, bei der es keine Sicherheitsstandards gibt.

Wie tödlich ist sie? Eine neue Studie hat erbracht, dass Chemikalien, die als sicher eingestuft werden, wie das weithin in der Weinherstellung genutzte Fungizid Vinclozolin (und Methoxychlor, das DDT ersetzt hat), vier nachfolgende Generationen schädigen, wenn sie eingeatmet werden. Vielleicht zeigen sich bei einem selbst keine Symptome - doch Pech für die Enkel. Eine weitere Studie enthüllt, dass dieselben Chemikalien, wenn sie unter Einsatz von Nanotechnologie erzeugt werden, bei Kontakt töten. Solche “Durchbrüche” der Technologie haben unserem immer kreativen Verteidigungsministerium, das erfolgreich Milliarden fleisch- und knochenfressender “Nanobots” enthaltende Kleinbomben entworfen hat, faszinierende neue Schlachtfeldmöglichkeiten eröffnet.

In molekularer Form von weniger als zwanzig Nanometer Größe werden Chemikalien, die unter heutigen Standards als gemäßigt giftig gelten, tödlich. Mehr als das moralische Dilemma beunruhigt dies die Universitäten, weil Nanotechnologie Dinge aus dem Nichts entwickelt, von Null an aufwärts, und nicht nach der traditionellen Methode von oben nach unten.

Wie viele andere Einrichtungen höherer Bildung, die staatliche Zuschüsse an den permanenten Kriegshunger des Pentagons verloren haben, bettelt die Universität von Oregon um Anteile an Nanowaffen-Projekten. Obwohl ihr Präsident Dave Frohmayer keinen Konsens für einen Antrag an das Subkomitee für die Zuweisung von Verteidigungsmitteln erreicht hat, hat er den Antrag trotzdem gestellt - und als Resultat wird unsere Schule weitere tödliche Verbindungen zur dunklen Seite des Kriegführens haben, zusätzlich zu den existierenden 19 Verträgen mit dem Verteidigungsministerium, die dessen in astronomischer Weise verschwenderisches und heimtückisches “Programm für zukünftige Kampfsysteme” füttert. Andere Schulen wie die Universität von Südkalifornien oder das Massachussetts Institute of Technology haben vollständige nanotechnische Forschungseinrichtungen direkt auf dem Campus gewonnen.

Der Krieg gegen den Terror bietet das perfekte Vehikel, um unsere auf Konflikt basierende Gesellschaft fortzuführen. Das Schlimme ist, dass unsere problematische Gesellschaft weiterhin eine Welt des Leidens allein um des Profits willen erzeugt.

Pläne für diesen Krieg tauchten 1992 auf, als sich Präsident George H. W. Bush aus dem Irak zurückzog. Mit der Erkenntnis, dass damit in der Zeit nach dem Kalten Krieg weniger Profite als erwartet zu machen seien, wurden diese Pläne unter dem jetzigen Vizepräsidenten Dick Cheney vom früheren stellvertretenden Verteidigungsminister, Paul Wolfowitz, und dem Stabschef des Vizepräsidenten, Lewis Libby, entworfen, die alle, gemeinsam mit Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, an der Gründung des “Projekts für das neue amerikanische Jahrhundert” (Project for the New American Century = PNAC) beteiligt gewesen sind. PNAC ist eine Denkfabrik, die seitdem über 700 politische Stellungnahmen produziert hat, die heute das Herz der nationalen Sicherheits-, Militär- und Verteidigungsstrategien des Pentagon bilden.

Um die Puzzleteile zusammenzufügen ist es wichtig festzuhalten, dass Paul Wolfowitz ein Schüler des geschäftigen Paul Nitze ist, des Mannes, der NSC68 verfasste und es zusammen mit dem damaligen Staatssekretär Dean Acheson schaffte, Präsident Truman davon zu überzeugen, dass die Sowjets kurz davor standen, in die USA einzumarschieren - zu einer Zeit, in der die USA 250 Atombomben besaßen, die UdSSR gerade ihre erste getestet hatte und noch damit beschäftigt war, sich aus den Ruinen des Zweiten Weltkriegs freizuschaufeln.

Nationen, die entschlossen sind, auf der Basis permanenten Konflikts zu operieren, entwickeln keine Lösungsstrategien. Ohne Forderungen des US-amerikanischen Volkes nach einem Prioritätswechsel von Waffen zu menschlichem Wohlergehen können Frieden und Harmonie auf Erden nicht herrschen.

Selbst wenn Bush fallen und seine Macht verlieren würde, bliebe das System tödlich. Mit 106 Militärbasen der Koalition (sprich der USA) im Irak, 7,4 Billionen seit 2000 “fehlenden” US-Dollar im Haushalt des Pentagon, nationalen Medien, die starke Verbindungen zu den Giganten der Rüstungsindustrie haben und einem “Programm für zukünftige Kampfsysteme”, das direkt aus der Hölle stammt, gibt es für die US-Amerikaner viel Arbeit zu tun, um ihr Land in Ordnung zu bringen.

Dass unsere Schulen militärische Einrichtungen und zu mietende Institutionen geworden sind - dass wir es lernen, im Namen der Forschung zu töten - sollte unsere Gemeinden alarmieren und erzürnen.

Dann wieder hat die US-Behörde für fortgeschrittene Verteidigungsforschung (Defense Advanced Research Projects Agency = DARPA) Hunderte von Nanowaffen-Projekten abgeschlossen, einschließlich eines, das Ratten und Soldaten (und wahrscheinlich uns alle) davor bewahrt, Schmerzen, Gewissensbisse oder andere Unpässlichkeiten des Bewusstseins zu empfinden. Tatsächlich ist die gegenwärtige Initiative für Gehirnbiologie und Technik ein Ableger dieses Projekts: das Brain Machine Interface Program von DARPA.

Als besonnene und loyale Ente aus Oregon finde ich, dass man über diese Art von Komplizenschaft nichts zu schnattern hat.

Brian Bogart ist der erste Absolvent in Friedensforschung an der Universität von Oregon. Im Oktober 2005 hat Brian tägliche Mahnwachen auf dem Campus abgehalten, um eine Diskussion über die Militarisierung der höheren Bildung zu entfachen.

Quelle: Der Pazifist Nr. 9/207 vom 28.12.2005. Übersetzt von: Bernd Büscher. Originalartikel: Global Network Space Newsletter 17 , Winter 2006.

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Veröffentlicht am

29. Dezember 2005

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