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Erinnerung an unsere Foltervergangenheit im Iran

Von Dan Kovalik - ZNet 15.07.2005

Zur Zeit gibt es viel Händeringen über die Vergangenheit des neugewählten iranischen Präsidenten, vor allem über seine mögliche Rolle (als Jugendlicher) bei der Geiselnahme 1979. Damals mussten 52 Amerikaner 444 Tage in iranischer Geiselhaft ausharren. Sicher lohnt es sich, über diese Dinge nachzudenken. Allerdings wäre es meiner Ansicht nach - moralisch aber auch praktisch gesehen - sinnvoller, einmal unser kollektives Gewissen zu erforschen und über die Rolle nachzudenken, die die USA so viele Jahre im Iran gespielt haben, vor allem über jene drei Jahrzehnte vor der Iranischen Revolution 1979 - im Prinzip die Jahre, die die Revolution heraufbeschworen.

Die Gefühle, die die Iraner gegenüber Amerika hegen, haben viel mit unserer gemeinsamen Vergangenheit zu tun - das ist es, was wir meiner Ansicht nach aus der Geschichte lernen können, und wir sollten daraus lernen, warum Amerika viel maßvoller und sachter mit dem Iran (dem Mittleren Osten allgemein) umgehen sollten, es gibt Gründe dafür.

Unter der Überschrift ‘Torture’s Teachers” brachte die New York Times am 11. Juni 1979 einen Artikel von A.J. Langguth, in dem es um verschiedene CIA-Untaten geht. Der Autor spricht über eine Unterhaltung, die er mit einem CIA-Mann im Iran geführt hat. Dieser offenbarte Langguth, dass “die CIA einen Mann (in den Iran) geschickt hat, der dem SAVAK, dem Geheimdienst des Schah, Verhörmethoden beibringen sollte, dieses Training beinhaltet Folterlektionen, die von den Nazis übernommen wurden.” Das alles ist inzwischen natürlich längst kein Geheimnis mehr. Allerdings sprechen die Medien kaum darüber - nicht einmal im Zusammenhang mit den Spekulationen über ‘Iran 1979’. Kaum zu glauben - schließlich ist das, was sich damals zutrug, von ungeheuerer Bedeutung, wenn es darum geht, die damaligen Ereignisse zu verstehen.

GlobalSecurity.org ist eine ziemlich konservative Internetseite, die Fakten im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit der USA zusammenträgt. Auf dieser Website widmet sich eine ganze Sektion dem Thema ‘Ministerium für Sicherheit, SAVAK’. Auf dieser Seite wird nüchtern beschrieben, wie die U.S. Central Intelligence Agency CIA dem Schah von Persien 1953 half, eine Ein-Parteien-Herrschaft auf die Beine zu stellen. GlobalSecurity: “Die CIA inszenierte einen Coup gegen die linkslastige (und demokratisch gewählte) Regierung des Dr. Mohammad Mossadeq, die plante, die iranische Ölindustrie zu verstaatlichen”. “Anschließend war die CIA beim Aufbau (Training und Organisation) einer Geheimdienstorganisation für den Schah behilflich”.

Die von GlobalSecurity erwähnte ‘Geheimdienstorganisation’, war nichts anderes als der SAVAK. Trainiert durch die CIA bzw. mit Hilfe der CIA “folterte und exekutierte” der SAVAK über 30 Jahre lang “politische Gefangene, (er) unterdrückte Dissens und entfremdete die religiösen Massen”. Für GlobalSecurity eine Sache der nationalen Sicherheit - etwas weiter unten allerdings schreibt Global Security dann doch: “Amerika stärkte die eigene Position als Beschützerin und Unterstützerin des Schah und säte dabei die Saat des Antiamerikanismus, die sich später in einer Revolution gegen die Monarchie manifestieren sollte”. Später - das war 1979.

Auf dem Hintergrund dieser unbestreitbaren Tatsachen wirkt die ständige amerikanische Hetze - gegen den Mangel an Demokratie im Iran, gegen die vermeintliche Rolle, die der neue Präsident 1979 gespielt haben könnte und gegen mögliche iranische Versuche, eine nukleare Abschreckungswaffe gegen die (gegen das Land gerichtete) Aggression zu entwickeln -, nicht nur ignorant und in unberechtigter Weise aggressiv, sondern geradezu heuchlerisch. Noch Besorgnis erregender ist die Rolle der Medien - sie publizieren die Hetze kritiklos und ohne auf die üble Rolle der USA im Iran (siehe oben) hinzuweisen. Dabei war es in erster Linie jenes schändliche Verhalten Amerikas, das im Iran eine fundamentalistische Regierung an die Macht brachte - die die USA heute fürchten.

Im Irak stehen die USA derzeit in einem unpopulären und ganz klar unnötigen Krieg. Auch dieser Krieg war nur möglich durch die Komplizenschaft der Medien. Daher ist es so wichtig, auf obige Fakten hinzuweisen - zu einem Zeitpunkt, da die USA zum nächsten (unsinnigen und zum Scheitern verurteilten) Militärabenteuer rüsten. Indem ich Sie und unsere gewählten (politischen) Vertreter mit den historischen Fakten vertraut mache, wird es uns vielleicht möglich sein, so meine Hoffnung, mit jener unangebrachten, selbstgerechten Wut gegenüber dem Iran, die viele Amerikaner erfasst hat, aufzuräumen. Vielleicht wird es uns so möglich, den nächsten Krieg zu stoppen, bevor er beginnt.

Daniel Kovalik aus Pittsburgh ist Anwalt für Menschenrechte und Arbeitsrechtler.

Quelle: ZNet Deutschland vom 17.07.2005. Übersetzt von: Andrea Noll. Orginalartikel: Remembering Our Past of Torture In Iran .

Veröffentlicht am

18. Juli 2005

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