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Romero-Gedenktag 2005: Todesschwadronen machen erneut von sich reden

25 Jahre nach der Ermordung von Erzbischof Romero machen Todesschwadronen erneut von sich reden - Straflosigkeit für politische und soziale Morde begünstigen ein Klima der Angst und weitere Einschüchterungen - Organisationen und Personen aus Deutschland und der Schweiz fordern die rückhaltlose Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen.

Der folgende Aufruf wird in einer der großen Tageszeitungen in El Salvador (La Prensa Gráfica) am 24. März 2005 veröffentlicht werden.

Auch 25 Jahre nach seiner Ermordung am 24.3.1980 ruft uns Erzbischof Romero zum Kampf für Gerechtigkeit und Wahrheit auf. Er ist zum Symbol geworden für die unzähligen SalvadorianerInnen, die in diesem Kampf von regierungseigenen Kräften ermordet wurden. Er steht für alle, die eine bessere Welt wollen, und ruft uns, über jegliche Landesgrenze hinaus, die Pflicht zum Widerstand gegen Ungerechtigkeit in Erinnerung. Wir nehmen den Jahrestag seiner Ermordung zum Anlass, unsere Besorgnis über die aktuellen Entwicklungen in El Salvador zum Ausdruck zu bringen.

Mitte Februar 2005 feierte der neue Präsident der Republik von El Salvador die Erinnerung an den Gründer der Regierungspartei, den von der Wahrheitskommission als Auftraggeber des Mordes an Erzbischof Romero ermittelten Mayor Roberto d’Aubuisson. Dies, obwohl die Interamerikanische Menschenrechtskommission der OAS (CIDH) in ihrem Informe N° 37/00 die salvadorianischen Behörden zur Ahndung dieses Mordes aufgefordert hatte. Die Weigerung der Regierungen Flores und Saca, den verbindlichen Empfehlungen nachzukommen, verdeutlicht die dramatische Situation der Menschenrechte.

Mit den Programmen “Mano Dura” und “Súper Mano Dura” im Rahmen des sog. Kriegs gegen die Jugendbanden seit Juni 2003 manipulierte die Regierung das berechtigte Bedürfnis der Bevölkerung nach Sicherheit.

Das Resultat des “Kriegs gegen die Banden” ist eine eskalierende Mordrate. Tatsächlich sprechen viele Anzeichen dafür, dass angebliche oder reale Bandenmitgliedern von Todesschwadronen exekutiert worden sind. In seiner Sonntagspredigt vom 23. Januar 2005 berichtete Weihbischof Rosa Chávez, dass u.a. der kirchlichen Menschenrechtsorganisation Tutela Legal entsprechende, überprüfte Informationen vorliegen.

Aktuelle Ereignisse bekräftigen die Befürchtung, dass unter dem Vorwand der Operationen gegen die Jugendbanden nicht nur die Menschenrechte der direkt betroffenen Jugendlichen ausser Kraft gesetzt werden, sondern der Boden für repressive Massnahmen gegen Oppositionelle vorbereitet wird.

  • Im November letzten Jahres wurde der US-salvadorianische Gewerkschafter José Gilberto Soto bei einem Heimaturlaub von Unbekannten ermordet. Dem Verdacht, der Mord könne im Zusammenhang mit Sotos gewerkschaftlicher Arbeit gegen den dänischen Transportmulti Maersk stehen, gingen die Untersuchungsbehörden nie nach. Dafür präsentierten sie seine Schwiegermutter als intellektuelle Autorin und einige angebliche Bandenmitglieder als Ausführende des Mordes. Die Menschenrechtsombudsstelle (PDDH) dokumentierte daraufhin u.a. gerichtsmedizinisch nachgewiesene mutmaßliche “physische und psychologische Folter” durch die Ermittlungsorgane an mehreren der Angeschuldigten (PDDH, 20.12.2004), was Polizeichef Menesses vehement bestreitet. Er warf der PDDH Manipulation vor und der Generalstaatsanwalt leitete ein Verfahren gegen die PDDH ein. Gegen PDDH-Leiterin Frau de Carrillo und einige ihrer MitarbeiterInnen haben sich seither anonyme Morddrohungen intensiviert.
  • Immer wieder stellen Mitglieder der Regierung Kritiker ihrer Politik an den Pranger, indem sie sie mit der immens gestiegenen und die allgemeine Sicherheit bedrohenden Kriminalität in direkte Verbindung bringen; betroffen waren im vergangenen Jahr vor allem Richter, die Menschenrechtsbeauftragte, soziale Organisationen und die FMLN. Jüngst stellte Innenminister René Figueroa einen Zusammenhang zwischen der seit der Operation Mano Dura rasant angestiegenen Mordrate im Land und Diskussionen im FMLN her:
  • Ende Januar wurde Manuel de Jesús Martínez, ein Wachmann der Salvadorianischen Lutherischen Universität (ULS), auf dem Gelände der ULS brutal ermordet. Mitglieder der progressiven Universität erhielten in der Folge anonyme Drohtelefonate; dabei wurden auch abgehörte Telefongespräche der Universitätsleitung abgespielt. Doch für Polizeichef Menesses stand auch ohne Aufklärung der Tat schnell fest, dass es sich entgegen vieler Hinweise nicht um einen politisch motivierten Mord handle. Aus einem Offenen Brief der ULS an den Generalstaatsanwalt: “Kühl betrachtet, entdecken wir in den Tatsachen den Zweck, Terror zu säen und diese Absicht drückt eine politische Anstrengung aus, zu lähmen, zum Schweigen zu bringen, zu bedrohen und zu zerstören. Genau das charakterisierte das Vorgehen der Todesschwadronen in den 70er Jahren.”

Weitere Morde wie jene am Vizedirektor der Gemeindepolizei von Soyapango, Adalberto Mercado Aguilar, vom 14. Februar 2004 und an Mauricio Portillo von der Gewerkschaft STISSS vom 18. Februar 2004 bedürfen zur Abklärung möglicher politischer Komponenten einer glaubwürdigen Untersuchung. Wir erinnern an die Erkenntnisse des nach den Friedensabkommen von 1992 eingesetzten “Grupo Conjunto para la Investigación de Grupos Armados Illegales con Motivación Política en El Salvador”, wonach todesschwadronähnliche Strukturen aus den Sicherheitsapparaten ihre Politverbrechen als soziale Kriminalität verschleiern.

Die Resultate des Grupo Conjunto und der Wahrheitskommission wurden von allen Nachkriegsregierungen systematisch missachtet.

Um der damit begünstigten unheilvollen Dynamik zu begegnen, fordern wir, die unterzeichnenden Personen und Organisationen die salvadorianischen Behörden dazu auf:

  • den verbindlichen Resolutionen der CIDH nachzukommen und endlich eine seriöse Untersuchung der Morde an Erzbischof Romero, der Jesuitenpriester und anderen nachzukommen,
  • die Arbeit der Menschenrechtsbeauftragten vorbehaltlos zu unterstützen und Drohungen gegen sie und ihre Mitarbeiter zu unterbinden, und
  • das menschen- und verfassungswidrige Amnestiegesetz von 1993 aufzuheben.

Wir solidarisieren uns mit dem Kampf vieler Personen und Organisationen in El Salvador gegen die andauernde Straflosigkeit in El Salvador.

Dieser Aufruf wurde initiiert von amnesty international, Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit und Zentralamerika-Sekretariat Zürich und von 32 weiteren Organisationen und Solidaritätsgruppen sowie Einzelpersonen unterzeichnet.

Die unterzeichnenden Organisationen unterstützen diesen Aufruf im Rahmen ihres jeweiligen Mandates.

Quelle: Christliche Initiative Romero e.V.

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Veröffentlicht am

21. März 2005

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