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Neue Vision des Pentagon verändert die Kriegspläne

Von Bruce K. Gagnon

Zur Zeit vollzieht sich eine Veränderung im Pentagon. Das Militär der USA verwandelt sich zunehmend in einen globalen Öl-Schutzdienst. Der Kriegsminister Donald Rumsfeld hat einen “Strategie-Jungen”, der die Aufgabe hat, den hochrangigen militärischen Offizieren aus allen Sparten der Dienste und bis zu den höchsten CIA-Funktioniären diese neue Art der Kriegführung beizubringen.

Thomas Barnett ist Professor am Marine-Kriegs-Kolleg in Rhode Island. Er ist der Verfasser des umstrittenen Buches “The Pentagon’s New Map”, welches “unangepasste Lücken, weiße Flecken” auf der Welt identifiziert, welche der vereinigten Globalisierung Widerstand leisten. Barnett definiert diese Lücke als Teile von Lateinamerika, Afrika, dem Nahen Osten und Zentralasien - alles Schlüsselregionen für die Welt-Ölproduktion. In dem, was Barnett einen “Großen Marsch der Geschichte” nennt, verlangt er, das Militär der USA müsse umgewandelt werden, um vorsorglich die Lücke zu kontrollieren, so dass die USA die globale Verteidigung der Ressourcen, der Menschen, der Energie und des Geldes “regulieren” können. (Es wird seit langem vorausgesagt, dass die Kluft zwischen Reich und Arm auf der Welt sich weiterhin vergrößern wird, und dass das Pentagon sich angewöhnen wird, zum Nutzen der allgemeinen Globalisierung den “Stiefel auf dem Genick” der Leute der Dritten Welt zu halten.)

Barnett sagt voraus, dass der Unilateralismus der USA “unvermeidlich zum Krieg führen wird”. Als er sich bei einer kürzlichen Vorstellung auf Hitler bezog, erinnerte Barnett seine militärischen Zuhörer daran, dass der Nazi-Führer niemals um Erlaubnis fragte, ehe er andere Länder überfiel. So haben wir also das Ende des Multilateralismus.

Barnett argumentiert, die Tage der Gespräche über Waffen und internationale Verträge seien vorbei. “Es ist kein Geheimnis, wohin wir uns bewegen”, sagt er, wenn er vom Verteidigungsministerium ein “neues Ordnungsprinzip” verlangt. Barnett hält daran fest, dass, während Arbeitsplätze aus den USA verschwinden, der wichtigste Exportartikel der Nation die “Sicherheit” sein werde. Die globale Nachfrage nach Energie werde es nötig machen, dass die Vereinigten Staaten die ölproduzierenden Regionen kontrollierten. “In 20 Jahren werden wir in Zentralafrika kämpfen”, sagt Barnett voraus.

Um diese neue militärische “Vision” zu erfüllen, besteht Barnett darauf, das Militär der USA müsse sich von der oft wetteiferenden Mischung von Luftwaffen-, Marine- und Armeediensten trennen, hin zu einem Militär mit nur zwei Basiseinheiten. Die eine nennt er Leviathan, den er als “kick ass”, Kriegführer, Sondereinheit bezeichnet und nicht dem Internationalen Strafgerichtshof unterworfen sehen will. “Gib uns deine wütenden 18-19jährigen Videospieler als Leviathan-Streitkraft. Eines Tages wird ein Land durch Leviathan erobert”, sagt Barnett, dann würden die USA eine Militärmacht haben, die er die Verwaltung des Systems nennt. Diese Macht beschreibt er als “proconsul” des Weltreichs: die Stiefel auf der Erde, eine Polizeimacht zur Kontrolle der lokalen Bevölkerung. Diese Gruppe, sagt Barnett, “wird nie mehr nach Hause Zurückkehren.”

Im Wesentlichen wird Barnetts Plan schon heute durchgeführt. Neue, schnelle, flexible und wirksame Einsatzkräfte mit hübschen Stützpunkten werden jetzt entwickelt, um die Lücke zu kontrollieren. Während der nächsten zehn Jahre wird das Militär 35 % der ausländischen Stützpunkte des Kalten Krieges verlassen, da es versucht mit dem Netzwerk die offenen Stellen der “unangepassten Lücke” auszufüllen. Wenn die geplanten Veränderungen einmal durchgeführt sind, so wird das Ergebnis die grundlegendste “Neuordnung” der US-Militärstreitkräfte in Übersee sein, seit die gegenwärtigen globalen Einrichtungen vor 50 Jahren geschaffen worden sind.

Nach Aussagen von Michael Klare, Professor für Friedensstudien am Hampshire College “riskieren amerikanische Truppen täglich ihr Leben, um den Ölfluss zu schützen. In Kolumbien, Saudi-Arabien und in der Republik Georgien verbringt US-Personal Tage und Nächte, um Ölleitungen und -raffinerien zu
schützen, oder um die lokalen Streitkräfte, die diesen Auftrag haben, zu überwachen.”

Klare führt weiter aus, “das Pentagon hat seine Waffenlieferungen an die Armeen von Angola und Nigeria erhöht und hilft, ihre Offiziere und weiteres Personal auszubilden, während Beamte des Pentagon angefangen haben, nach dauerhaften Stützpunkten in den besagten Regionen Ausschau zu halten. Sie lenken ihr Augenmerk hauptsächlich auf Senegal, Ghana, Mali, Uganda und Kenia.”

Das Wall Street Journal hat berichtet, dass “für die US-Streitkräfte eine Schlüsselaufgabe (in Afrika) sein werde zu garantieren, dass Nigerias Ölfelder, die in der Zukunft ca. 25 % aller US-Ölimporte ausmachen werden, sicher sind.”

Einheiten der Nationalgarde in den USA bekommen jetzt die Aufgabe, mit jeder Nation des afrikanischen Kontinents Beziehungen zu entwickeln.

Die Rolle der Weltraumtechnologie

Die Regierung Bush untersucht auch die Möglichkeit, das entstehende Raketenabwehrsystem nach Osteuropa auszudehnen, als Element der strategischen Eindämmungspolitik (Containment) hinsichtlich Russland, China und dem Nahen Osten. Das Pentagon hat mit Ungarn, Rumänien, Polen und der Tschechischen Republik wegen einem oder mehreren neuen Raketenabwehrstützpunkten verhandelt. Der ölreiche Iran soll von Raketenabwehrposten eingekreist werden, in Aserbeidschan, Turkmenistan, im Irak und in Afghanistan.

Um all dies zusammenzubringen, braucht das Pentagon “Gottes Auge zur Übersicht der Welt”. Ein neues “Internet am Himmel” wird jetzt eingerichtet für die Kriege der Zukunft. Es wird wohl über 200 Milliarden Dollar kosten. Das neue Web würde Kriegsmaschinen und Militärstreitkräften eine gemeinsame Sprache geben, die augenblicklich eine Enzyklopädie todbringender Informationen über alle Feinde sprudeln ließe.

Nach Aussagen von Art Cebrewski, Direktor des Pentagon-Büros für Restrukturierung der Streitkräfte, sprechen wir “wirklich über eine neue Kriegstheorie”.

Das Militär wünscht “alles, was für uns interessant ist, zu jeder Zeit” zu wissen, sagt ein Pentagon-Mitglied. Militärischer Spionagedienst - einschließlich der geheimen Satelliten-Überwachung, die fast die ganze Erde bedeckt - wird in das Kriegsnetz eingefügt und an die Truppen weitergegeben.

“Das wesentliche der netzzentrierten Kriegführung ist unsere Fähigkeit, eine Kriegsstreitmacht überall, zu jeder Zeit, zu stationieren. Informationstechnologie ist der Schlüssel dazu.”

Die militärische und wirtschaftliche Kontrolle der weißen Flecken hängt ab von einem System vernetzter Computer. Wenn man Waffen, den geheimen Nachrichtendienst und Soldaten in einem globalen Netzwerk zusammenfasst - was militärisch netzzentrierte Kriegführung genannt wird - so wird das das Militär in derselben Weise verändern, wie das Internet Geschäft und Kultur verändert hat.

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Quelle: DER PAZIFIST Nr. 1/199 vom Januar 2005. Übersetzt von: Heidi Schimpf. Originalartikel: “New Pentagon Vision Transforms War Agenda” , in: Space Alert. Global Network Space Newsletter 16, Winter 2005.

Bruce K. Gagnon ist einer der Direktoren des “Global Network Against Weapons and Nuclear Power in Space” und lebt in Brunswick, Maine, USA.

Veröffentlicht am

01. Februar 2005

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