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USA fordern Waffenruhe: Illusion und Verdrängung

Für die Wiederherstellung der Waffenruhe in Syrien müssen sich die USA und Russland in einer zentralen Frage einigen. Aber das passiert nicht.

Von Andreas Zumach - Kommentar

US-Außenminister John Kerry wäre statt nach Genf besser nach Moskau gereist. Denn für eine Wiederherstellung der Waffenruhe in Syrien, zumindest zwischen Regierungsstreitkräften und diversen Oppositionsmilizen, müssen sich Russland und die USA endlich in einer zentralen Frage einigen: Sind die beiden militärisch stärksten islamistischen Gruppen auf dem syrischen Schlachtfeld wegen ihrer engen ideologischen und operativen Verbindung zum syrischen Al-Qaida-Ableger Al-Nusra-Front "Terroristen", die wie al-Nusra selbst weiterhin militärisch bekämpft werden dürfen?

Oder sind diese beiden Gruppen legitimer Teil der syrischen Opposition, die auch weiterhin die gemeinsame Oppositionsdelegation am Genfer UNO-Verhandlungstisch anführen dürfen? Diese Streitfrage wurde bei der Vereinbarung des "Friedensplans" für Syrien ebenso durch einen Formelkompromiss ausgeklammert beziehungsweise vertagt. Auch die Frage nach der künftigen Rolle des syrischen Präsidenten Assad, ohne deren Klärung es keine Wiederaufnahme der Genfer Gespräche mit Aussicht auf Erfolg geben wird.

Doch selbst wenn Moskau und Washington in diesen beiden Fragen eine gemeinsame Position finden und diese dann auch gegenüber ihren jeweiligen regionalen und innersyrischen Verbündeten durchsetzen können, bleibt als großer Unsicherheitsfaktor eine dritte Illusion des "Friedensplans": die Idee einer "landesweiten" (Kerry) Waffenruhe bei gleichzeitiger Kriegsführung gegen den IS und die Al-Nusra-Front, die zusammen über 50 Prozent des syrischen Territoriums kontrollieren.

Beide Gruppen haben in den letzten Wochen durch ihre militärischen Angriffe auf von anderen Kriegsakteuren kontrollierte Gebiete zum Scheitern der Waffenruhe beigetragen. Ließe sich auch mit diesen beiden Gruppen eine Waffenruhe vereinbaren? Diese Frage - bislang noch ein Tabu - stellt sich immer dringender.

Andreas Zumach. Seit 1988 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan… geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung. Bücher: Globales Chaos - machtlose UNO (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995)

Quelle: taz - 01.05.2016. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Andreas Zumach.

Veröffentlicht am

02. Mai 2016

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