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Syrien-Verhandlungen in Genf: Noch geht da nichts

Die Syrien-Verhandlungen in Genf kommen nicht in Gang: Zu groß sind die Differenzen der in Syrien agierenden Akteure und Regionalmächte.

Von Andreas Zumach

Die Genfer Syrienverhandlungen sind wegen des Boykotts der größten, von Saudi-Arabien und der Türkei unterstützten Oppositionsgruppe auch nach einer fünftägigen Verschiebung nicht in Gang gekommen.

Bis zum frühen Freitagabend erschien von denjenigen, die UNO-Vermittler Staffan de Mistura am Dienstag schriftlich eingeladen hatte, lediglich die Delegation der syrischen Regierung. Mit Delegationsleiter Bashar Jaafari, Syriens UNO-Botschafter in New York, traf de Mistura am späten Nachmittag zu einem ersten Gespräch zusammen.

Zudem seien Gespräche mit nach Genf angereisten Vertretern verschiedener Gruppen der syrischen Zivilgesellschaft geplant. In einem Genfer Hotel halten sich zudem der Ko-Vorsitzende der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD), Salih Muslim, und weitere Vertreter der syrischen Kurden bereit. Ihre Teilnahme an den Verhandlungen wird von Russland entschieden gefordert und auch von den USA und der EU befürwortet.

Denn die Milizen der Union zur Verteidigung des kurdischen Volkes (YPG), dem militärischen Arm der PYD, kontrollieren die syrischen Grenzregionen zur Türkei und haben sich als militärisch schlagkräftigster Bündnispartner im Kampf gegen den "Islamischen Staat" erwiesen. Da die Türkei, unterstützt von Saudi-Arabien jedoch jegliche Verhandlungsteilnahme kurdischer Vertreter strikt ablehnt, hatte UNO-Vermittler de Mistura den Ko-Vorsitzenden der PYD zunächst telefonisch geraten, nach Genf zu kommen und ihm eine formelle schriftliche Einladung zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt.

Antwortschreiben "nicht zufriedenstellend"

Das Hohe Verhandlungskomitee (HNC) der von Saudi-Arabien und der Türkei unterstützten Oppositionsgruppen hatte in der Nacht zum Freitag nach mehrtägigen Beratungen in der saudischen Hauptstadt Riad entschieden, vorerst keine Vertreter nach Genf zu entsenden. Zunächst müssten drei "Vorbedingungen erfüllt werden", erklärte HNC-Sprecher Basma Kodmani: ein Ende der Bombardements der syrischen und der russischen Luftstreitkräfte, die Aufhebung der Belagerung syrischer Städte sowie die ungehinderte humanitäre Versorgung der notleidenden Bevölkerung.

Allerdings belagern in Syrien nicht nur die Regierungsstreitkräfte, sondern auch zum HNC gehörende Rebellenverbände sowie die Milizen des "Islamischen Staats" Städte und Dörfer und verhindern die humanitäre Versorgung der notleidenden Bevölkerung. Schließlich besteht der HNC weiterhin darauf, dass neben ihm keine anderen Oppositionsvertreter am Genfer Verhandlungstisch zugelassen werden.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan unterstützte die Forderungen des von ihm als "moderat" bezeichneten HNC.

In einem Schreiben an UNO-Vermittler de Mistura hatte der HNC seine vier Vorbedingungen für eine Verhandlungsteilnahme bekräftigt. Das Antwortschreiben de Misturas vom Donnerstagabend sei "nicht zufriedenstellend", erklärte ein Sprecher des HNC. Der designierte Verhandlungsleiter des HNC, Riad Hijab, schloss allerdings nicht aus, dass das Oppositionsbündnis in den nächsten Tagen doch Vertreter von Riad nach Genf schickt, um seine Forderungen und Vorbedingungen dort vorzutragen. "Solange diese Forderungen aber nicht erfüllt sind, werden wir den Verhandlungsraum nicht betreten" unterstrich Hijab.

Jeder gegen jeden

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan unterstützte die Forderungen des von ihm als "moderat" bezeichneten HNC. Es sei "ein Betrug", von diesem Oppositionsbündnis die Teilnahme an den Genfer Verhandlungen zu verlangen, "ohne einen vorherigen Waffenstillstand in Syrien".

Zu den im HNC zusammengeschlossenen Gruppen gehören neben dem im Exil residierenden politischen Oppositionsbündnis der Syrischen Nationalkoalition auch die beiden islamistisch-salafistischen Rebellenmilizen Jaysh al Islam (Armee des Islam) und Ahrar ash -Sham (Islamische Bewegung der freien Männer der Levante).

Gegen eine Verhandlungsteilnahme dieser beiden Milizen wenden sich Russland und Iran, da sie enge ideologische und operative Verbindungen zur Al-Nusra-Front unterhalten, dem syrischen Ableger des Al-Qaida-Terrornetzwerkes. Die USA und die EU halten die Beteiligung beider islamistischen Rebellenverbände, die zu den größten auf dem syrischen Schlachtfeld gehören, jedoch für erforderlich.

Quelle: taz - 29.01.2016. Wir veröffentlichen diesen Artikel mit freundlicher Genehmigung von Andreas Zumach.

Veröffentlicht am

30. Januar 2016

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