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Der Bürgerkrieg in Syrien beflügelt die Wiederentdeckung der klassischen Diplomatie

Von Otmar Steinbicker - Aachener Nachrichten, 21.05.2013

Die Wende kam überraschend. Nachdem in den USA lange über ein militärisches Eingreifen diskutiert worden war, erklärten US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergei Lawrow in der vergangenen Woche, dass jetzt eine diplomatische Lösung auf einer internationalen Syrien-Konferenz in Genf gesucht werden solle.

Offensichtlich ist, dass das Primat des Militärs, das mehr als zehn Jahre lang zum Dogma der US-Außenpolitik geworden war, ins Wanken geraten ist. Die Bilanz der Kriege fällt auch aus Washingtoner Sicht nicht positiv aus.

In Afghanistan fegte im Oktober 2001 der Krieg zwar schnell das Taliban-Regime hinweg, doch es gelang keine überzeugende Friedensordnung. Die mit US-Unterstützung installierte Karzai-Regierung machte mit Wahlfälschungen und Korruption Schlagzeilen. Die Taliban konnten neue Kämpfer rekrutieren und liefern den USA und der Nato seither einen blutigen, nicht zu gewinnenden Krieg.

Im Irak fegten die Truppen der "Koalition der Willigen" zwar schnell das Regime des Diktators Saddam Hussein hinweg, aber auch hier gelang keine tragfähige Friedensordnung. Blutige Attentate finden fast täglich statt. Nicht einmal billiges Öl verblieb den USA als Kriegsdividende. Die Nachkriegsregierung im Irak bevorzugte bei der Neuverteilung der Ölförderlizenzen Konzerne aus anderen Staaten. Auch dauerhafte Militärstützpunkte konnten nicht vereinbart werden. Den USA blieb aus dem Irakkrieg vor allem eine riesige Staatsverschuldung, die das gesellschaftliche Leben im eigenen Land bedroht.

Auch die Bilanz des Libyenkrieges ist ernüchternd. Muammar al-Gaddafi wurde gestürzt, aber es fehlt eine stabile Regierung, die dem Land Frieden bietet. Stattdessen führen ehemals aufständische Milizen weiterhin ihr Eigenleben und Al Kaida-orientierte Terroristengruppen verunsichern das Nachbarland Mali.

Wenn sich jetzt die USA, Russland und weitere Staaten auf eine Wiederentdeckung der klassischen Diplomatie verständigen, dann ist das in erster Linie der Verzicht darauf, mit einem weiteren Krieg zusätzliche Probleme heraufzubeschwören. Es ist noch nicht die Lösung der Probleme in Syrien!

Diplomatie kann hier in erster Linie die widersprüchlichen Interessen der Großmächte und der Nachbarstaaten miteinander abstimmen, um einem Stellvertreterkrieg entgegenzuwirken, in dem in Syrien von Saudi-Arabien und Katar ausgerüstete und finanzierte sunnitisch-fundamentalistische Milizen sich mit der von Iran unterstützten alevitisch-schiitisch dominierten Armee bekämpfen und sich zugleich in den strategischen Rivalitäten zwischen den USA und Russland positionieren. Dass Israel in der Vergangenheit im Assad-Regime einen zwar nicht einfachen, aber doch berechenbaren Nachbarn hatte, der nicht an einem weiteren großen Krieg interessiert war, sei hier am Rande vermerkt.

Den Bürgerkrieg in Syrien auf einen innenpolitischen syrischen Konflikt einzugrenzen, wäre bereits eine Meisterleistung, wenn sie denn halbwegs gelänge. Der syrische Konflikt muss letztlich in Syrien gelöst werden. Dabei geht es auch um eine demokratische Revolution gegen ein autoritäres, mit brachialer Gewalt um sich schlagendes und mordendes Assad-Regime. Dabei geht es aber ebenso um ein fragiles Miteinander unterschiedlicher Ethnien und religiöser Konfessionen. Wer sich an den 14 Jahre lang tobenden Bürgerkrieg im Nachbarland Libanon erinnert, der weiß, wie schnell ein solcher Krieg in all seiner Brutalität entlang der Konfessionsgrenzen verläuft.

Daher wäre eine sinnvolle Ergänzung zur internationalen Syrien-Konferenz eine nationale Konferenz der syrischen religiösen Konfessionen, die darauf gerichtet ist, den politischen Konflikt auf die politische Ebene einzugrenzen und die Stabilität des Landes in seiner ethnischen und religiösen Vielfalt wieder herzustellen. Auch das ist noch nicht die Lösung des Konflikts, aber ein Schritt in die richtige Richtung.

Auch wir als Beobachter müssen uns von der Vorstellung schneller Hauruck-Lösungen verabschieden, die uns einst die Militärs vollmundig versprachen.

Otmar Steinbicker ist Herausgeber des Aachener Friedensmagazins www.aixpaix.de .

Quelle:  www.aixpaix.de , 21.05.2013.

Veröffentlicht am

23. Mai 2013

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