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Geht es Netanyahu wirklich um die Raketenabschüsse?

Genaueres Hinsehen lohnt!

Von Otmar Steinbicker, aixpaix.de 16.11.2012

Israels Begründung für den Krieg ist simpel und auf den ersten Blick einleuchtend: Die ständigen Raketenabschüsse aus Gaza auf Israel können nicht geduldet werden.

Und auf den zweiten, genaueren Blick?

Ja es gab sie, diese fast täglichen Raketenabschüsse aus Gaza auf Israel! Diese Situation war und ist unerträglich! Aber was geschah da genau? Wenn wir in Europa von Raketen sprechen, dann haben wir die Vorstellung von präzisen, mit Sicherheit Zerstörung verbreitenden Waffen. Für die Geschosse, die aus Gaza in den vergangenen Monaten nach Israel flogen, trifft eine solche Definition nicht zu. Die meisten von ihnen landeten in der Wüste und diejenigen, die trafen, rissen in der Regel allenfalls ein paar Schindeln vom Dach.

Dennoch darf man diese Raketenabschüsse nicht verharmlosen! Selbst wenn diese kaum Sachschaden anrichteten, mussten sie doch auf die Psyche der Beschossenen wirken. Wer will schon seine Kinder zur Schule schicken, wenn die Gefahr besteht, dass sie von solchen Geschossen getroffen werden und dann doch mehr passiert als üblich? Diese Raketenabschüsse mussten und müssen aufhören!

Wer die Raketenabschüsse beenden will, muss die Gründe erkennen und beenden

Eine andere Frage ist: Warum fanden sich in Gaza immer wieder nicht "die Palästinenser", aber auch nicht nur einige ganz wenige bereit, immer wieder diese oft selbst gebastelten untauglichen Geschosse in Richtung Israel zu zünden und damit das Feuer auf sich zu lenken und damit mehr Zerstörung in Gaza als in Israel anzurichten?

Hass macht blind, lautet ein altes Sprichwort, das durch die Vorgänge in Gaza mehr als bestätigt wird. Es ist blinder Hass, genährt aus Verzweiflung - Verzweiflung über unhaltbare Lebensbedingungen im von Israel seit Jahren blockierten Gaza-Streifen. Da mag sich manch Verzweifelter sagen: "Lieber sich untauglich wehren, als sich gar nicht zu wehren!"

Sympathie für solche Positionen empfinden oder gar zustimmen müssen wir da wirklich nicht, aber sehen müssen wir dieses Problem. Sehen müssen wir es dann, wenn die Ursachen für die unsinnigen Raketenabschüsse beseitigt werden sollen!

Umgekehrt: Wenn die Ursache für die Raketenabschüsse in blindem Hass gemischt mit Verzweiflung liegen, dann werden israelische Bomben auf und israelische Panzer in Gaza noch mehr blinden Hass und noch mehr Verzweiflung schüren und damit noch mehr Raketenbastler motivieren.

Wer die Raketenabschüsse beenden will, braucht palästinensische Partner

Wer ernsthaft ein Ende der Raketenabschüsse erreichen will, braucht Akteure auf der palästinensischen Seite, die nicht vom Hass erblindet sind, die Probleme erkennen und klar denken können. Das müssen nicht nur Friedensaktivisten sein, da können, ja müssen auch realistisch denkende Aktivisten und auch Führer der palästinensischen Konfliktparteien eingebunden werden.

Genau das war der Ansatz des israelischen Friedensaktivisten, Journalisten und aixpaix.de-Autors Gershon Baskin. Er nutzte seine Verbindungen zur Hamas-Führung, über die er als erfolgreicher Vermittler der Freilassung des israelischen Soldaten Gilat Shalit gegen die Freilassung von 1000 palästinensischen Gefangenen verfügte, um die Hamas-Führer mit exakt den Fragen zu konfrontieren, die ich oben benannt habe.

Gershon Baskin hatte damit Erfolg. Er konnte den mächtigen Militärchef der Hamas überzeugen und er konnte bereits am 29. Oktober in aixpaix.de eine Waffenstillstandsvereinbarung melden, die ein Ende der Raketenabschüsse vorsah. Allerdings hatte wohl auch die Hamas den blinden Hass kleinerer Gruppen unterschätzt, die sich nicht von ihren Verzweiflungstaten abhalten lassen wollten. Es gab trotz des vereinbarten Waffenstillstandes immer wieder solche Raketenabschüsse. Es gab aber auch Provokationen der israelischen Armee an den Grenzen zum Gazastreifen, die die Raketenbastler immer wie neu motivierten - ein gefährlicher Teufelskreis.

Ein realistischer Vorschlag für ein Ende der Raketenabschüsse

Dennoch: Als Gershon Baskin am Montag von seinen letzten Vermittlungsgesprächen mit der Hamas aus Kairo nach Hause flog, hatte er die verbindliche Zusage des Militärchefs der Hamas für einen einen ernsthaften Vorschlag für einen dauerhaften Waffenstillstand in der Tasche und war sehr optimistisch. Als der ausformulierte Vorschlag am Mittwoch bei Baskin eintraf, damit er ihn der israelischen Regierung zur Antwort übergeben konnte, war die Antwort schon gegeben.

Die Antwort kam in Gestalt einer israelischen Rakete, die den Militärchef der Hamas tötete! Gershon Baskin geht davon aus und das erklärte er in einem eigenen Beitrag in aixpaix.de , dass der Militärchef der Hamas getötet wurde nicht wegen der Raketenabschüsse, die er nicht verhindern konnte, sondern wegen seines realistischen Vorschlages für ein Ende der Raketenabschüsse!

Wahlkampf über Leichen

Für Baskin wie auch für andere kritische Israelis - auch in der Redaktion von "Haaretz" - ist eines klar: Netanjahu will die Wahlen gewinnen und das kann er nur, wenn das Hauptthema im Wahlkampf "Sicherheit" lautet und nicht "Soziale Fragen", die noch vor Monaten Hunderttausende Israelis auf die Straßen trieben.

Es ist der Wahlkampf, der Netanjahu jetzt über Leichen gehen lässt - über palästinensische und über israelische Leichen!

Otmar Steinbicker ist Herausgeber des Aachener Friedensmagazins www.aixpaix.de .

Quelle:  www.aixpaix.de , 16.11.2012.

Veröffentlicht am

16. November 2012

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