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Trinkwasserspeicher Bodensee: Bei einem GAU hochgefährdet

Von Sigrid Totz

Der Bodensee ist Europas größter Trinkwasserspeicher. Rund 4,5 Millionen Menschen hängen von ihm ab. Im Umkreis von 180 Kilometern stehen 13 Reaktoren. Was, wenn ein schwerer Unfall mit massiver radioaktiver Freisetzung sein Wasser verseuchen würde?

Rund 150 Kilometer vom Bodensee, in Baden-Württemberg, steht das AKW Neckarwestheim. Block 1 gehört zu den ältesten und unsichersten AKW in Deutschland. Eine Ausbreitungskarte von Greenpeace zeigt, dass die Entfernung keinen Schutz vor radioaktivem Fallout bietet. Ein Super-GAU in Neckarwestheim würde bei ungünstiger Windrichtung zu schwerer Kontamination des Bodensees führen.

"Die Trinkwasserversorgung in Teilen Süddeutschlands ist ähnlich anfällig für Atomunfälle wie die in Japan. Dort stammen fast 90 Prozent des Trinkwassers aus Oberflächenwasser", sagt Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace. "Beispielsweise kann das Wasser im Bodensee durch einen schweren Reaktorunfall im Atomkraftwerk Neckarwestheim 1 unter ungünstigen Bedingungen in einer Größenordung belastet werden, wie sie diese Woche im Tokioter Trinkwasser gemessen wurde."

In Japan ist nach dem GAU im AKW Fukushima inzwischen das Trinkwasser unter anderem in Tokio radioaktiv verseucht. Eltern von Säuglingen und Kleinkindern wurden vor dem verstrahlten Leitungswasser gewarnt. Die japanische Hauptstadt liegt rund 250 Kilometer vom Unglücksort entfernt.

Die deutschen Katastrophenschutzpläne für einen nuklearen Unfall in einem Atomkraftwerk berücksichtigen das Problem der Bodensee-Trinkwasserversorgung nicht. Die Pläne sehen nur Maßnahmen in einem Umkreis von 25 Kilometern um das jeweilige Kraftwerk vor.

Der Bodensee

Der Bodensee im Alpenvorland ist mit rund 50 Milliarden Kubikmeter Wasser Europas bedeutendstes Trinkwasser-Reservoir. Er versorgt 4,5 Millionen Menschen in Deutschland und der Schweiz. Bei Sipplingen am nördlichsten Zipfel des Sees liegt die größte Fernwasserversorgung Deutschlands. Über sie werden etwa 320 Städte und Gemeinden mit vier Millionen Einwohnern in Baden-Württemberg versorgt.

Regionen wie die Schwäbische Alb und der mittlere Neckarraum um Stuttgart sind extrem niederschlagsarm. Ihre Böden speichern nur schlecht das Grundwasser. Deshalb sind sie in hohem Maße von der Versorgung mit Trinkwasser aus dem Bodensee abhängig.

Weiteres Umfeld: 13 teils uralte Reaktoren

Im Umkreis der 180 Kilometer befinden sich sechs deutsche Reaktoren, darunter die Uralt-Meiler Neckarwestheim 1 und Philippsburg 1. Beide stehen in erdbebengefährdetem Gebiet. Philippsburg ist noch dazu ein Siedewasserreaktor der Baulinie 69, also konzipiert im Jahr 1969. Diese Reaktoren weisen schwere Konstruktionsmängel auf. So besteht der Sicherheitsbehälter lediglich aus einer wenige Zentimeter dicken Stahlwand.

Zu den Atomkraftwerken im weiteren Umkreis des Bodensees gehört auch das französische AKW Fessenheim mit seinen zwei Pannen-Meilern. Sie liegen im Oberrheingraben, einer der seismisch aktivsten Regionen im Südwesten. Trotzdem sind sie nur unzureichend gegen Erdbeben gesichert. Und unter den fünf Schweizer Reaktoren in Bodenseenähe befindet sich das AKW Beznau 1. Mit 42 Jahren ist es der älteste Druckwassereraktor der Welt.

Legende

Beispiel für eine Bodenkontamination mit Caesium-137 durch hypothetische Freisetzungen am AKW Neckarwestheim 1 nach archivierten meteorologischen Daten vom 25. April 1995. Bei den Berechnungen für die Karte wurde ein schwerer Reaktorunfall mit Kernschmelze und offenem Containment bei fünfzigprozentiger Freisetzung des im Reaktor befindlichen Caesiums vorausgesetzt. Genau im Dreiländereck zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz liegt der Bodensee.

Quelle: Greenpeace - 25.03.2011.

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Veröffentlicht am

27. März 2011

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