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Regierung von Baden-Württemberg will einen zentralen Ort der Erinnerung an die NS-Zeit zerstören

Die Landesregierung Baden-Württemberg will den zentralen Tatort des NS-Terrors in Stuttgart, das so genannte "Hotel Silber" in der Dorotheenstraße 10, abreißen lassen. Für die Neugestaltung des lukrativen Innenstadt-Areals wurde ein internationaler Architektenwettbewerb ausgeschrieben, an dem sich renommierte Architekturbüros beteiligen: Foster and Partners aus London, Richard Meier aus New York sowie das Büro Behnisch aus Stuttgart. Die Initiative Gedenkort "Hotel Silber" frägt sich, ob Foster und Meier vom Auftraggeber richtig informiert wurden, ob sie sich also wissentlich an diesem Akt der Zerstörung beteiligen.

Am Mittwoch, den 3. März 2010, werden wir mehr erfahren. Dann tagt das Preisgericht im Stuttgarter Haus der Wirtschaft.Das Preisgericht, dem namhafte Stadtplaner, Vertreter des Landes, des Hauses Breuninger und des Gemeinderats angehörten, hat bei seiner Sitzung am 3. März 2010 den international renommierten Stuttgarter Architekt Stefan Behnisch und sein Büro beim Wettbewerb um die städtebauliche Neuordnung am Karlsplatzauf den ersten Platz gesetzt. Keine der eingereichten elf Arbeiten schlug dem Auslober des Wettbewerbs, dem Land Baden-Württemberg und dem Haus Breuninger, den Erhalt des "Hotel Silber" - der einstigen Gestapozentrale an der Dorotheenstraße - vor. Danach muss der Gemeinderat der Stadt Stuttgart entscheiden, ob er einem Bebauungsplan zustimmt, der den Abriss der ehemaligen Gestapozentrale möglich macht. Die neue rot-grüne Mehrheit könnte die Pläne durchkreuzen.

Gegen den Abriss wehren sich vierzehn Organisationen, die seit vielen Jahren in Stuttgart die Erinnerung an die NS-Zeit wach halten. Sie fordern dass das Gebäude erhalten wird und dass hier nach dem Vorbild von Köln, Berlin, Nürnberg und München eine Gedenkstätte und ein NS-Dokumentationszentrum eingerichtet werden. Diese Forderung wird von zahlreichen Persönlichkeiten aus Kultur, Wissenschaft und Politik unterstützt, darunter der Literaturnobelpreisträger Günter Grass.

Das "Hotel Silber" war die Zentrale der Gestapo für Stuttgart und Württemberg. An diesem Ort wurden Menschen, denen die Nazis das Lebensrecht absprachen oder die sich widersetzt hatten, gedemütigt, verhört, gefoltert, ermordet. In diesem Gebäude wurde die Deportation der Württemberger Juden in die Vernichtungslager organisiert. Hier wurde zum Beispiel die Jüdin Lina Hatje vernommen, die später in Auschwitz ermordet wurde. Der Abriss des Gebäudes wäre für ihre Enkelin Caroline Hatje ein Schlag ins Gesicht für alle Angehörige von Opfern des Nazi-Terrors.

Das "Hotel Silber" steht einem Neubauprojekt im Weg, an dem vor allem der Kaufhaus-Konzern Breuninger interessiert ist. Die Firma will hier ihr Einkaufszentrum erweitern. Außerdem sollen ein Luxushotel und neue Büroräume für die Landesregierung entstehen.

Alfred Breuninger, der Firmenchef in der NS-Zeit war Mitglied der NSDAP, wurde von der Partei zum Ratsherr (Gemeinderat) ernannt und war ein Profiteur des Nazi-Regimes. So konnte er den Standort der Firma am Stuttgarter Marktplatz im Zuge der "Arisierung" einem jüdischen Kaufmann abnehmen. Er beschäftigte Zwangsarbeiter und verdiente sein Geld unter anderem als Lieferant von Wehrmachtsuniformen und Häftlingskleidung.

Die baden-württembergische Landesregierung ist bekannt für ihren fragwürdigen Umgang mit der NS-Geschichte Deutschlands. Hans Filbinger, ehemals Ministerpräsident, hatte noch nach Kriegsende an Todesurteilen mitgewirkt und musste deshalb zurücktreten. Günter Oettinger hat 2008 bei dessen Beerdigung versucht, seinen Vorvorgänger von der Verantwortung freizusprechen. Unter Oettingers Regierung wurde das strittige Neubauprojekt beschlossen. Sein Nachfolger, Stefan Mappus, hält daran fest.

Quelle:  Initiative Gedenkort "Hotel Silber" - Pressemitteilung vom 02.03.2010.

Fußnoten

Veröffentlicht am

08. März 2010

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